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Archiv 23. Januar 2013

… wo aus dem Steinbruch ein Kunstraum wurde?

Ausgebeutete Steinbrüche bilden mit ihren oft imposanten Steilwänden eine beeindruckende Kulisse für eine unendliche Vielfalt an Möglichkeiten zur sinnvollen Nachnutzung. Dabei sind die Chancen beileibe nicht mit der Schaffung hochwertiger Sekundärbiotope erschöpft. Selbst zur sinnlichen Erbauung geneigter Besucher sind die stillgelegten Gewinnungsstätten geeignet, gleichsam als Arena der bildenden Künste.

Die "Spirale" aus Geseker Kalksteinschotter steht fr die Unendlichkeit.
Die "Spirale" aus Geseker Kalksteinschotter steht fr die Unendlichkeit.

Ein solches Bespiel hat die Dyckerhoff AG mit ihrem Themenpark „Mythos Stein“ am Grund des Steinbruches Fortuna am Werk im südwestfälischen Geseke ermöglicht. 2002, zum 75-jährigen Jubiläum der Dyckerhoff Zement AG Geseke, schuf die Künstlerin Renate Geschke aus Soest eine Installation mit zehn Objekten. Sie verwendete ausschließlich regionalen Kalkstein für ihre Skulpturen, die sich harmonisch in ihre Umgebung einfügen.

Dabei sollen die Eckpunkte Industrie, Ökologie und Kunst als Einheit im Gelände erfassbar werden. Als ausgeräumtes Restfeld steht der Teil des Steinbruchs für die Auflösung, während der durch die Rekultivierung künstlich geschaffene Lebensraum den Neubeginn markiert. Wie kein anderes Material begleitet Stein den Menschen schon seit Anbeginn in Nutzung und Kunst. Aus diesem Grund weisen die Objekte auch Anklänge von der Steinzeit und ihren kulturellen Mythen bis hin zu den modernen indus-triellen Einflüssen auf. Die Kunstwerke entstanden in Größen, die auf dem gut 1 Hektar messenden Halbrund unverkennbare Marken setzen.

Die „Spirale“ aus Geseker Kalksteinschotter etwa hat einen Durchmesser von 16 Metern. Die Skulptur des „Stone Circle“ aus Anröchter Dolomit weist eine Höhe von fast 3 Metern auf. Steinkreise galten seit der Steinzeit als Kraftpunkte und heilige Orte für die Gestirne und dienten als Kalender. Die Begriffe der Lebensgeschichte werden auch in „Spuren“ beispielhaft aufgegriffen. An dieser Skulptur etwa lässt sich die Erdgeschichte ablesen. Fossilien erzählen vom Leben im Meer der Oberkreide vor rund 90 Mio. Jahren. Bewusst in den Blickpunkt gebrachte Arbeitsspuren, die eine Säge hinterlassen hat, weisen in Richtung auf die moderne Arbeitswelt.

Einige der Objekte sind beweglich drehbar und stellen so die Verbindung zwischen althergebrachtem Rohstoff und Veränderung durch das Jetzt zum Ausdruck. Jede der zehn Arbeiten bringt den Betrachter auf einen anderen, eigenen Blickwinkel zum Themenkreis „Mythos Stein“. Dabei darf natürlich das Produkt der Industrie nicht fehlen: Auch der Werkstoff Beton kommt zu seinem Recht und darf seine Eignung zum Kunstwerk mit einer 4 Meter hohen Säuleninstallation unter Beweis stellen. Seit Kurzem ist der Skulpturenpark sogar barrierefrei erreichbar.

Bodo Wistinghausen

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