Mit dem Sponsorenforum und der Diskussion über Mängelbehandlung und Qualitätssicherung wollen Hoppe und Borovsky weitere Akzente setzen. Doch nicht nur der Markt braucht ständig neue Impulse. Immer noch, so scheint es, fehlt es der unterirdischen Infrastruktur an der nötigen Aufmerksamkeit – bei den politischen Entscheidungsträgern ebenso wie bei den Bürgern. „Ein neuer Kindergarten ist eben wesentlich populistischer als Investitionen in die Erhaltung von Abwasserleitungen oder steigende Abwassergebühren“, erklärt Borovsky. Gleichzeitig rät er dringend davon ab, den Blick vor dem zu verschließen, was da unter der Erde passiert. Um das zu verdeutlichen, führt er eine Berechnung aus der Umfrage zum Zustand der Kanalisation in Deutschland an, die von der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) regelmäßig durchgeführt wird: Aus den Angaben zu den Kosten für eine Erneuerung (1.709 Euro/m) und Erschließung (838 Euro/m) lässt sich als Mittelwert die Größenordnung des Wiederbeschaffungswertes des gesamten Kanalnetzes ermitteln. Die läge demzufolge bei etwa 687 Mrd. Euro (DWA 2009). Substanzerhalt, Instandhaltung und Modernisierung der Netze sind deshalb die Aufgaben, denen sich die Kanalsanierung zu stellen hat. Zukunftsorientiert und werterhaltend soll eine nachhaltige Sanierung sein. Wie ist das in der Zwickmühle zwischen zögerlicher Investitionsbereitschaft und angestrebter Lebensdauer zu verwirklichen? Das Thema ganzheitliche Kanalsanierung hat sich zu einer generationsübergreifenden Aufgabe entwickelt, und die Bestandserhaltung der Infrastruktureinrichtungen stellt eine der größten und wichtigsten Zukunftsaufgaben der Netzbetreiber dar.
Rund 550.000 km lang ist das System der öffentlichen Abwasser-Kanalisation in Deutschland. Der Anschlussgrad beträgt laut Statistischem Bundesamt etwa 96%. Das ist ein beachtlicher Wert, mit dem Deutschland weltweit führend ist. Doch hieraus ergibt sich auch ein großer Erhaltungsbedarf. Die Umfrage der DWA belegt Schäden sowohl an öffentlichen Abwasserkanälen als auch an Abwasserleitungen auf privatem Grund. Hiervon weisen rund ein Fünftel Schäden auf, die kurz- bis mittelfristig zu sanieren sind. Einragende oder schadhafte Anschlüsse, Rissbildung, Abflusshindernisse (Wurzeln, Ablagerungen) Oberflächenschäden und Verbindungen (verschobene oder einragende Dichtung) lauten die Begriffe, die in der Top Ten der Schadensbilder die ersten Plätze einnehmen.
Der Anteil der Kanalerneuerung durch Neuverlegung ist nach und nach zurückgegangen, während grabenlose Verfahren deutlich auf dem Vormarsch sind. Erkennbar ist auch, dass Netzbetreiber zunehmend auf die Behebung der Schäden in den Kanälen setzen. Dies kann durch die Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kanals (Renovierung) oder durch die Behebung von örtlich begrenzten Schäden (Reparatur) geschehen. Bei den Renovierungsverfahren nehmen Liningverfahren mit rund 90% die Spitzenstellung ein.
Diese Zahlen sollten in der Branche für das nötige Selbstbewusstsein sorgen. „Hersteller und Anwender liefern heute gute Produkte ab“, ist Hoppe überzeugt. Hinterfragt werden müssten deshalb die Erwartungen der Auftraggeber, die sich in erster Linie in den Ausschreibungsunterlagen wiederfinden sollten. „Sind diese allerdings schlecht aufbereitet, führt das möglicherweise zu schlechten Bauergebnissen“, sagt Hoppe, nach dessen Auffassung der überwiegende Teil der Fehler schon in der Ausschreibungsphase seinen Ursprung hat. Mängel während der Bauphase sind häufig nur die Wirkung aus schlecht formulierten Ausschreibungen bzw. aus vergessenen Positionen. Was muss in der Ausschreibung stehen, welche Regelwerke müssen vereinbart werden, wer kontrolliert wie die Qualität des fertigen Produkts – und vor allen Dingen: Was kann das Schlauchlining leisten und was nicht? Das alles sind wichtige Fragen, die es vor dem ersten Spatenstich zu beantworten gilt. Eine systematische Planung auf Basis einer fachlichen Analyse und einer ausführlichen Dokumentation der Schäden bildet deshalb die Grundlage für nachhaltige Sanierungsergebnisse.