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Appell an Bund und Länder

Das mögliche Scheitern der Mantelverordnung für Ersatzbaustoffe und Bodenschutz war das zentrale Thema beim 20. Baustoff-Recycling-Tag.

Voller Saal in der Filharmonie in Filderstadt-Bernhausen. Fast 300 Teilnehmer nahmen am 20. Baustoff-Recycling-Tag teil.

Die Steine- und Erden-Industrie fordert die neue Bundesregierung auf, die Mantelverordnung (MVO) sofort auf den Plan zu rufen und schnellstmöglich im Bundesrat zu behandeln. Beim 20. Baustoff-Recycling-Tag des Industrieverbandes Steine und Erden Baden-Württemberg e.V. (ISTE) appellierten Vertreter der Branche für ein Inkrafttreten der Mantelverordnung ohne weitere Verschärfungen an Politiker in Bund und Ländern.

Das große Interesse der fast 300 anwesenden Unternehmerinnen und Unternehmer führte ISTE-Präsident Peter Röhm darauf zurück, dass das Massenstrommanagement wie nie zuvor auf dem Prüfstand stehe. Seit zwölf Jahren habe das Bundesumweltministerium zusammen mit Bundesländern, Baustoffwirtschaft und Wissenschaft nach einer bundeseinheitlichen Regelung für die Verwertung von Bodenaushub und mineralischen Abfällen gesucht. Sein Vorschlag sei im Frühjahr vom Bundeskabinett beschlossen worden, habe den Deutschen Bundestag und die EU-Notifikation passiert, sei allerding am Einspruch der Bundesländer im Bundesrat vorläufig gescheitert. Es sei von vielen Seiten Nachbesserungsbedarf angemeldet worden. Man wolle abwarten, wie sich eine neue Bundesregierung bei dieser Thematik verhalte, hieß es zur Begründung von Seiten der Länder. Röhm bezeichnete dieses Verhalten als „unverständliches Bremsmanöver der Länder“.

Erfassung von Baustoffmassen

Laut Helmfried Meinel, Ministerialdirektor im baden-württembergischen Ministerium für Umwelt, ist das Land auf eine neue Diskussion bestens vorbereitet; es sei das einzige Bundesland, das seine Baustoffmassen auch nach den noch nicht beschlossenen neuen Vorschriften systematisch erfasst und untersucht habe und insofern wisse, wie sich eine Mantelverordnung in der Praxis auswirken würde. Man könne Befürchtungen insofern entgegentreten und Kritiker beruhigen. Meinel befürwortete die vorliegende Fassung der MVO im Grundsatz, zumal diese Regelung erstmals auf wissenschaftlichen Grundlagen basiere. Er mahnte Landkreise und Kommunen, bei Bauvorhaben produktneutral auszuschreiben und RC-Materialien als gleichwertige Baustoffe zuzulassen. ISTE-Hauptgeschäftsführer Thomas Beißwenger erklärte, der ISTE unterstütze die Politik des Landes, Baustoffrecycling auch mit neuen Entwicklungen wie beispielsweise R-Beton zu fördern. Allerdings dürfe man keine falschen Hoffnungen wecken und den künftigen Verzicht auf Primärmaterial in Aussicht stellen. Mengenmäßig seien natürliche Grenzen gesetzt.

Fachthemen aus Baden-Württemberg

In Fachvorträgen informierten Experten aus Wissenschaft, Industrie und Verwaltung zudem über laufende Projekte und neue Regelungen. Dr. Bernd Susset hat als Wissenschaftler an der Universität Tübingen in Kooperation mit dem Gewerblichen Institut für Umweltanalytik (Hans Albrich) und dem Institut für Baustoffprüfung und Umwelttechnik (Jan Herrmann) für das Umweltministerium eine Bodenuntersuchungs-Kampagne durchgeführt. Anhand eines neuen umfänglichen und für Baden-Württemberg repräsentativen Datensatzes kann gezeigt werden, dass entgegen der Befürchtungen der Bauwirtschaft nicht weniger, sondern bezogen auf das Gesamtaufkommen von rund 26 Mio. t Bodenaushub bis zu 16 % bzw. 4 Mio. t mehr Bodenmaterial in Baden-Württemberg verfüllt werden könnten bzw. weniger beseitigt werden müssten. Die geplante Novelle der BundesBodenSchutzVerordnung weise aber auch äußerst sensitive Stellschrauben auf: TOC, Sulfat und die Maßgeblichkeit weiterer Eluatwerte. Würde man diese Stellschrauben im Bundesrat nachschärfen, würde der Trend zu gleichbleibenden oder höheren Verwertungsquoten nach Kabinettsfassung neutralisiert oder sogar umgekehrt. Im schlechtesten Fall wären gegenüber dem Status Quo in Baden-Württemberg statt 4 Mio. t weniger (Kabinettsfassung) bis zu 10 Mio. t mehr Bodenmaterialien zu erwarten, die in technischen Bauwerken verwertet oder auf Deponien beseitigt werden müssten.

Dr. Jörg Demmich (Bundesverband der Gipsindustrie) zog nach drei Jahren der Gips-Recycling-Anlage in Deißlingen-Lauffen eine Zwischenbilanz. Er kritisierte, dass immer noch zu viele wertvolle Gipsabfälle auf Deponien und nicht in solchen Anlagen endeten. Man sei nur zu einem Viertel ausgelastet. Demmich rief die Politik auf, hier recyclingfördernde Regelungen zu erlassen. Jasmin Klöckner (Bundesvereinigung Recycling-Baustoffe) informierte über die neue Meß- und Eichverordnung sowie die Verordnung zum Umgang mit POP-Abfällen. Falk Fabian (Landesamt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg) stellte den überarbeiteten Leitfaden zum Umgang mit teerhaltigem Straßenaufbruch vor.

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