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Archiv 14. Januar 2016

Baustoff-Recycling auf Chinesisch

Kreislaufwirtschaft, Recycling von Baustoffen, Management von Bau- und Abbruchabfällen – keineswegs nur Themen in Deutschland oder Europa. In China bekommen die Nutzung und der Schutz von Ressourcen eine immer größere Bedeutung angesichts der Energie- und Rohstoffnachfrage einer Nation mit über 1,3 Mrd. Menschen. Jasmin Klöckner, Geschäftsführerin der Bundesvereinigung Recycling-Baustoffe (BRB) war auf Mission „Recycling“ in China unterwegs.

Jasmin Klckner (l.) erkundet mit Studentin Lu Di Wang (r.) Peking.
Jasmin Klckner (l.) erkundet mit Studentin Lu Di Wang (r.) Peking.

„Eigentlich war diese China-Reise der internationale Höhepunkt eines ohnehin ereignisreichen Jahres...“ Wenn Jasmin Klöckner, studierte Juristin und seit Anfang 2015 Geschäftsführerin der Bundesvereinigung Recycling-Baustoffe (BRB), auf ihr erstes Jahr im neuen Amt zurückblickt: Beijing war's. Warum? „Na ja, das Eine war eine interessante Herausforderung . Das Andere die unvergleichlichen Dimensionen. Wenn die Chinesen von Recycling reden, dann meinen sie ganz andere Mengen als wir hier in Europa.“

Wie denn alles angefangen habe? „Es begann  im März 2015 als Professor Jia-Long Chen von der Beijing University of Civil Engineering and  Architecture der BRB ein Fax schickte. Man plane eine Fachreise in Europa – Spanien, Niederlande. Thema Baustoff-Recycling. Ob man denn auch in Duisburg vorbeischauen dürfe? – „Klar.“ Nachdem schon Delegationen aus Korea, China, Ghana und Kenia zu Besuch im Haus der Baustoffindustrie waren, schien   eine weitere Präsentation über Baustoff-Recycling insofern kein größeres Problem zu sein.War sie denn auch nicht. Ein knappes Dutzend Gäste aus China verbrachten im April einen Tag in Duisburg – Unternehmer, Ingenieure, Berater, und an ihrer Spitze als Wissenschaftler Prof. Chen. Besonders interessierten sie die deutschen und europäischen Gesetze rund um Abfallentsorgung und Recycling von Bau- und Abbruchabfällen. Offenbar stieß Jasmin Klöckners Vortrag auf Interesse und besonders - auf Gefallen. Ob sie sich denn vorstellen könne, auch einmal in China vorzutragen? Man bereite gerade ein Symposium zum Recycling städtischer Bauabfälle vor... - Klar konnte sie sich das vorstellen...! Und dann kam die offizielle schriftliche Einladung. Sehr erfreulich: „Die BRB wird offenbar international anerkannt und geschätzt und wurde als einziger Gast aus Europa nach Beijing gebeten...“

In Beijing wurde Jasmin Klöckner von Fei Li, enger Mitarbeiter von Prof. Chen und mit der Organisation des Symposiums betraut, abgeholt. „Die Dimensionen Beijings haben mich schon tief beeindruckt. Da wird jedem klar, dass das Management von Bau- und Abbruchabfällen hier ein  sehr wichtiges Zukunftsthema ist, welches die Chinesen ganz konkret angehen...“

Daher auch dieses inzwischen zweite Symposium des „National Committee of Construction Waste Management and Recycling“. 100 Fachleute aus ganz China, ein japanischer Experte und – Jasmin Klöckner: „Unsere chinesischen Gastgeber waren ausgesprochen liebenswürdig. Sie organisierten eine Übersetzung von meinem in Englisch gehaltenen Vortrag ins Chinesische sowie eine Übersetzung ins Englische eigens für mich. Denn der Kollege aus Japan sprach Chinesisch – im Gegensatz zu mir...“

Inhaltlich seien die chinesischen Kollegen ausgesprochen interessiert gewesen an den politischen und juristischen Rahmenbedingungen für Bau- und Abbruchabfälle sowie an deren Recycling in Deutschland - vor allen an der RC-Praxis. „Natürlich habe ich zuerst einmal informiert über die föderale Struktur unseres Landes, an der sich ja auch unsere Verbände orientieren. Dann auch über die Aufgaben und Möglichkeiten der BRB. Wir übernehmen ja nicht nur in Deutschland Aufgaben, sondern blicken mehr und mehr nach Europa.“

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Klöckner: „Was verstehen wir in der Bundesrepublik unter „Abfallhierarchie“? Und warum gibt es sie? Allerdings: Bei uns fallen pro Jahr gut 230 Mio. Tonnen mineralische Abfälle an – in China ein Vielfaches!“ Die verschiedenen Materialströme habe sie beschrieben mit ihren Fraktionen und Zusammensetzungen. „Und dann natürlich die entscheidende Frage: Was machen wir mit den Materialien? Wie und wo darf man sie wiederverwenden und einbauen? Welche Gesetze und Vorschriften gibt es oder wird es geben? Hier spielten die Diskussionen um Grundwasser- und Bodenschutz herein und vor allem die angestrebte Ersatzbaustoffverordnung.“

Man habe sich dann aber auch für die wirtschaftlichen Hintergründe des Baustoff-Recyclings interessiert: „Gibt es Märkte für dieses Material? Wie sehen sie aus? Wie sieht die Praxis des Recyclings in Deutschland aus? Welche Techniken kommen zum Einsatz? Und: wie aufgeschlossen sind eigentlich die möglichen Kunden für RC-Baustoffe? Erkennen sie Recyclingmaterial neben Primärrohstoffen ohne weiteres als Alternative an? Welche besondere Rolle kommt hier der öffentlichen Hand zu – Stichwort 'Vorbildfunktion'? Wie steht es mit der Güteüberwachung?“

BRB-Geschftsfhrerin Jasmin Klckner referiert auf dem chinesischen Recycling-Symposium des ?National Committee of Construction Waste Management and Recycling?.Foto: Foto: BRB

Für Jasmin Klöckner und ihre chinesischen Gastgeber sind gerade diese Fragen von Bedeutung. In Deutschland dokumentiere man den Verbleib von Bauabfällen und RC-Stoffen sehr differenziert.  Auch Professor Chen schilderte in einem Referat die Situation in seinem Land. In China sei man beim „Construction and Demolition Waste Management“ noch auf dem Weg, aber man komme schnell voran...Genug Stoff für Vergleiche zwischen den Ländern, erzählt Jasmin Klöckner. Zwei Stunden der konkreten und eingehenden Befragung hätten sich angeschlossen – ganz praxisnah: „Durch welche Maßnahmen regeln wir den Umgang mit Staub, der beim Umschlagen und bei der Behandlung von Bau- und Abbruchabfällen auf der Recycling-Anlage entsteht? Welche Arten von Bewässerungssystemen nutzen wir hierzu? Sind unsere Deponien öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisiert?“ Die BRB-Geschäftsführerin scheint mit dem Ergebnis des Frage-Marathons allerdings zufrieden: „Das war schon ein regelrechter Selbsttest. Aber es klappte gut...“

Was dann ein touristisch, kulturell und gastronomisch facettenreiches Wochenende zur Belohnung hatte... „Professor Chen bat zwei seiner Studenten, mich mit der chinesischen Hauptstadt bekannt zu machen. Die Gastfreundschaft meiner chinesischen Kollegen war einfach fantastisch. Mein Fazit: Ein beruflich und privat aufregender, spannender und lehrreicher Besuch. Und meine chinesischen Gastgeber zeigten sich für unsere Informationen über das professionelle Management von Bau- und Abbruchabfällen unglaublich dankbar. Mir war es eine Ehre, die BRB und Deutschland zu vertreten.“ Ob man sich wiedersähe? Jasmin Klöckner: „Mit Sicherheit. Fragt sich nur, wo zuerst – in Deutschland oder in China...“ (Joachim Mahrholdt)

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