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Archiv 20. Januar 2015

Braunschweiger Blickwinkel

Schon zum siebten Mal fand am Institut für Straßenwesen der TU Braunschweig die Veranstaltung „Straßenbau aktuell“ statt. In diesem Jahr stand sie am 19. Januar unter dem Schwerpunktthema Straßen-Management. Rund 70 Teilnehmer verfolgten die Ausführungen von Experten aus Verwaltung, Wissenschaft und Consulting.

Die siebte Veranstaltung ?Straenbau Aktuell? in Folge am Institut fr Straenwesen der TU Braunschweig zog nicht ganz so viele Teilnehmer an, was jedoch durch die inhaltlich reichhaltigen Vortrge und die sich daraus entwickelten Diskussionen, einschlielich
Die siebte Veranstaltung ?Straenbau Aktuell? in Folge am Institut fr Straenwesen der TU Braunschweig zog nicht ganz so viele Teilnehmer an, was jedoch durch die inhaltlich reichhaltigen Vortrge und die sich daraus entwickelten Diskussionen, einschlielich

Die Themen waren breit gestreut und gaben eine guten Überblick, was sich rund um das Thema Straßenmanagement so bewegt. Fachkundig und amüsant führte Dr.-Ing. Christoph Dröge durch das Programm, der an der TU Braunschweig studierte und promovierte, Erfahrungen in einem Einbauunternehmen sammelte, bevor er zu einer Straßenbauverwaltung wechselte. Er schätzte ein, dass das Straßen-Management heute vor der Herausforderung steht, die zunehmenden Anforderungen aus unterschiedlichen Quellen zusammenführen zu müssen: von Straßennutzern, unter den Aspekten der Verantwortung und Nachhaltigkeit, der Weiterentwicklung von Erhaltungsbauweisen sowie unter finanziellen und zeitlichen Zwängen. An erster Stelle muss die exakte Ermittlung des Ist-Zustandes der Infrastruktur stehen. So können Pavement-Management-Systeme zu einem wirksamen Werkzeug werden.

Wie PMS funktioniert

Seit dem Jahr 2000 ist ein PMS für Bundesfernstraßen etabliert, das sich sukzessive weiterentwickelt hat und demnächst mit einem Bauwerksmanagement verknüpft werden soll. TRDir. Dipl.-Ing. Gregor Schrödfer vom Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur versicherte, dass es gelungen sei, der politischen Ebene zu verdeutlichen, was mit einer ausreichenden Finanzierung der Infrastruktur erreicht werden kann und welche Folgen es nach sich zieht, wenn diese ausbleibt. Im derzeit noch gültigen Bundeverkehrswegeplan ist der Erhaltungsbedarf zwar festgeschrieben, die Investitionslinie bleibt jedoch hinter dem Bedarf. Erst seit 2012 wurden die Mittel erhöht und sollen sukzessive bis zu den notwendigen 3,3 Mrd. Euro ansteigen. Mit dem PMS, so gab Schröder der Hoffnung Ausdruck, könnte dies durchsetzbar sein.

Auch für die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (VIFG) ist ein Straßenmanagementsystem ein wichtiges Werkzeug. „Aus dem Netz heraus muss klar werden, was finanziert werden muss“, so Prof. Dipl.-Vw Torsten R. Böger von der VIFG, die den institutionellen Rahmen bildet, seitdem mit der Lkw-Maut in Deutschland der Einstieg in die private Finanzierung der Infrastruktur vollzogen wurde. Ein Wegekostengutachten bezifferte den Erhaltungsbedarf der Infrastruktur in Deutschland auf jährlich 14 Mrd. Euro. Diesen stehen derzeit 6 Mrd. Euro gegenüber. Böger zeigte sich überzeugt, dass die Veränderungen bei der Lkw-Maut, die Einführung der Pkw-Maut und die Regelungen zur Überjährigkeit der finanziellen Mittel, die der Infrastrukturmaßnahmen zur Verfügung stehen, aus diesem Dilemma herausführen. Finanzierung, so Böger, ist nicht nur als die reine Bereitstellung von Mitteln zu verstehen. Es beinhaltet auch eine Kontroll- und Mitbestimmungsfunktion. Auch hier ist ein PMS hilfreich.

In Österreich wird ähnlich eines PMS nach der richtigen Maßnahme zu richtigen Zeit gesucht, um die Infrastruktur zu erhalten. Allerdings sind den Baustellen auf Autobahnen enge Rahmen gesetzt, wie Dipl.-Ing. Mario Krmek von der Asfinag berichtete. So dürfen nur 5 % des Gesamtnetzes mit Baustellen belegt sein. Auf 100 km Autobahn dürfen sich die Baustellen auf nur 17 km summieren und jede einzelne darf eine Maximallänge von 10 km nicht überschreiten. Darf in der Baustelle nur 60 km/h gefahren werden, wird ihre Länge auf 6 km begrenzt. Hintergrund ist, dass der maximale baustellenbedingte Zeitverlust auf 100 km nur 5 Minuten betragen sollte. In diesem Jahr sind für die Erhaltungsmaßnahmen Ausgaben in einer Größenordnung von ca. 485 Mio. Euro vorgesehen. Die Mittel stammen aus den verschiedenen Mauteinnahmen und Anleihen am Kapitalmarkt.

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Damit PMS funktioniert

Mit einem PMS wird die Infrastruktur in Form von Daten abgebildet. Dipl.-Ing. Dr.techn. Alfred Weninger-Vycudil von der PMS-Consult GmbH sensibilisierte die Teilnehmer, darauf zu achten, welche Daten notwendig sind und zu überprüfen, ob Qualität und Quantität der Daten und deren Bewertung je nach Netz- und Straßentyp stimmig sind. Gleiches gilt für die Bildung der homogenen Abschnitte: eine nicht angemessene Einteilung kann zu einer Verfälschung der Ergebnisse führen, so dass am Ende weder Lebenszyklusanalyse, Dringlichkeitsreihung noch Szenarien der Realität entsprechen.

Wie man ein PMS modifiziert, verdeutlichte Dipl.-Ing. Daniela Schlotzhauer von der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr. Im Jahre 2005 wurden erstmals Radwege in die Zustandserfassung einbezogen und mit Standardverfahren erfasst. Da Radwege andere Symmetrien aufweisen, andere Nutzungsmerkmale wichtig sind – die Griffigkeit könnte vernachlässigbar sein, andere Schadensbilder wie Gefährdungen oder Wurzelerhebungen sind aber bedeutsamer– und Beeinträchtigungen auch bauweisenabhängig sind (Kleinpflaster weisen keine Risse auf, Asphaltbeläge vielleicht schon) wurde eine andere Reihung der Merkmale als beim üblichen PMS vorgenommen. Komfort und Oberflächensubstanz ergaben eine Gesamtzustandsnote aus der der Gesamterhaltungsbedarf in einem ersten Schritt abgeschätzt werden konnte. Weitere Anpassungen werden zu genaueren Ergebnissen führen.

Von einer weiteren Modifizierung, allerdings direkt das System betreffend, berichtete Ltd. RDir. Dr.-Ing Lutz Pinkofsky von der BASt. Der Teilaspekt Substanzbewertung lässt sich aus der Aktenlage, zerstörungsfreien und zerstörenden Prüfungen herleiten. Zusammen mit den Oberflächenschäden wird ein Substanzwert hergeleitet. Die erste Wertesynthese brachte eine zu geringe Differenzierung im Mittelbereich. Dies wurde durch eine neue Wertesynthese bereinigt, so dass der Effekt von angestrebten Maßnahmen in den unterschiedlichen Szenarien über die Zeit gesehen besser sichtbar wird.

Dass die Zustandsprognose für gesamte Netze mit der Lebensdauerprognose einer Straße respektive des Baustoffes aus dem sie besteht, kombinierbar ist, beschrieb Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Michael P. Wistuba vom Institut für Straßenwesen der TU Braunschweig. Denn ein PMS entwickelt Szenarien auf Grundlage einer kennzahlenoptimierten Bewertung, in die keinerlei Informationen über den verwendeten Baustoff einbezogen werden. Spätestens wenn immer mehr neue Bauweisen zum Zuge kommen, wird das Bewertungssystem unzuverlässig. An Hand einer Fallstudie konnte an der TU Braunschweig nachgewiesen werden, dass aus der empirisch ermittelten Verhaltensfunktion des PMS und den Ergebnissen aus den Labor/Materialgesetzen über mathematische Wege eine resultierende Verhaltensfunktion gebildet werden konnte. Auf diesem Wege können Erhaltungsmanagement und Asphalttechnologie „zusammenwachsen“, so Wistuba.

Dass dies weitere Forschungsarbeit nach sich ziehen muss, liegt auf der Hand. Doch nur, wenn man den Blickwinkel einmal sehr einschränkt, um ins Detail gehen zu können, um den Ausschnitt der Betrachtung anschließend wieder zu öffnen, gelingt es, Themenfelder zusammenzuführen, die wie Puzzlesteine ein Gesamtbild ergeben. Dies lässt sich für die Straßenerhaltungssysteme bescheinigen, ebenso wie die auf den ersten Blick einmal anders fokussierte Braunschweiger Veranstaltung.

baunetzwerk/Sutor-Fiedler

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