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Interview mit Frank Zander, Geschäftsführer von JCB Deutschland. 25. Juli 2019

Brexit und bauma – Chance oder Trauma?

Im Umfeld der internationalen Presseveranstaltung Anfang Juni in Mittelengland trafen wir Frank Zander. Wir wollten von ihm eine Einschätzung, wie es mit JCB in Deutschland nach dem Verzicht auf die bauma und dem wahrscheinlichen Brexit weitergeht.

Herr Zander, die ganze Welt der Baumaschinen traf sich im April auf der bauma. JCB war nicht dabei. Warum?

Zander: JCB war jahrzehntelang in München als Aussteller vertreten und hat sich stets als ein attraktiver Aussteller mit spektakulären Aktionen präsentiert. Wir sind immer voller Herzblut und Engagement auf die Messe gegangen. Das war immer einer unserer Stärke und hat nicht nur bei den Besuchern, sondern auch bei unseren Vertriebspartnern für sehr viel Begeisterung gesorgt. Dennoch muss man sich fragen, ob dies noch zeitgemäß ist.

Was meinen Sie damit?

Zander: Aussteller investieren Millionenbeträge, um auf riesigen Messeständen ihre Maschinen zu präsentieren. Dennoch scheint der Erfolg nicht immer die Mittel zu heiligen. Aus den anderen Bran-chen sagten namhafte Hersteller wie Mercedes, BMW, VW oder Toyota ihre Teilnahme an großen Automobil-Shows ab. Selbst eine Megamesse im IT-Bereich wie die Cebit findet in Hannover nicht mehr statt.

Nach reiflicher Überlegung hat sich JCB also entschieden, nicht auf der bauma auszustellen. Mit einer solchen Tradition zu brechen, ist keine leichte Entscheidung. Jede Art von etablierter Marketingtradition zu beenden, kann schwierig sein, da die Unsicherheit für Vertrieb und Kunden, die Sorgen enttäuschter Kunden, die Auswirkung auf die Kundenbeziehungen und Umsatzrückgänge mögliche Folgen sein könnten.

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Wie wollen Sie die bauma-Abstinenz kompensieren?

Zander: Wir stellen fest, dass sich die Welt verändert hat. Vor dem Internet war die bauma der ideale Ort, um neue relevante nationale wie internationale Neuheiten zu erfahren und Kontakte zu knüpfen. Doch die Digitalisierung stellt heute sicher, dass auch die entferntesten Märkte oder Neukunden mit einer guten digitalen Präsenz voll erreichbar sind. Im gleichen Maße ist JCB seit mehr als 70 Jahren ein etablierter Hersteller in der Baumaschinenbranche und seit mehr als 50 Jahren im deutschen Markt aktiv. Insofern kennen wir bereits seit Jahrzehnten unsere wichtigsten Kundengruppen.

Bleibt es bei der Strategie, auf diese Weltleitmesse zu verzichten?

Zander:Neben dem absehbaren Trend weg von großen Messen hin zu personalisierten, kundenorientierten Aktivitäten gewinnen Digitalisierung, soziale Medien und neue Techniken wie Virtual Reality künftig noch mehr an Bedeutung. JCB hat bereits im Jahr 2015 diesen Ansatz in anderen Ländern gewählt und zwar so erfolgreich, dass er auch in diesem Jahr wiederholt worden ist. Die Marketing-Ressourcen wurden in ein langjähriges Aktionsprogramm umgewandelt. Es ist ein Erfolgsrezept mit lokalen Events, das die Händler unterstützt und uns näher an den Kunden bringt, und so den Vertrieb weiter vorantreibt. Diese Strategie zu mehr Kundennähe und lokalen Veranstaltungen haben wir in diesem Jahr auch in ein deutschlandweites Konzept übertragen. Wir veranstalten an 14 Standorten in ganz Deutschland unsere Experience Tour. Hier können sich die Kunden in ihrer Region von der Leistungsfähigkeit unserer Maschinen überzeugen.

Aber um Ihre Frage zur bauma zu beantworten: Nein, wir werden nicht grundsätzlich auf Messen verzichten.

Gibt es weitere Kundenbindungs-Aktionen im deutschen Markt?

Zander: Die JCB-Deutschland Zentrale in der Nähe von Köln wird im September fertiggestellt – mit einer Summe von mehr als 40 Mio. Euro ist dies die größte Einzelinvestition in der 53-jährigen Ge-schichte von JCB in Deutschland. Als Abschluss der Experience Tour wird die Eröffnungsfeier der neuen Deutschland-Zentrale Anfang Oktober stehen. Den Standort werden wir dann aktiv als Kompetenz- und Dienstleistungszentrum für unsere Handelspartner und Kunden nutzen.

Darüber hinaus wird weltweit eine Summe von mehr als 500 Mio. Euro in den nächsten fünf Jahren in Distributions-Infrastruktur und Fabrikationsstätten investieren. Aus diesem Grunde kann JCB als 100% eigenständiges Familienunternehmen selbstbewusst in die Zukunft schauen und ist sich sicher, auch 2019 wieder ein Rekordjahr mit über 100.000 verkauften Bau- und Landmaschinen zu erzielen.

Hat der Verzicht auf die bauma Auswirkungen auf das Tagesgeschäft und die Umsätze von JCB in Deutschland?

Zander:Wir haben bereits letztes Jahr im Oktober unsere Vertriebspartner nach England eingeladen, um ihnen dort unsere Strategie für 2019 darzulegen. Dazu gehörten beispielsweise eine Reihe von Ver-kaufsprogrammen für die unterschiedlichen Produktgruppen, VIP-Kunden-Events die Experience Tour bis hin zu Incentive-Programmen für die Verkäufer ab dem Jahresbeginn. Die Alternativ-Programme haben unsere Vertriebspartner sehr gut aufgegriffen und sofort ab Jahresbeginn verkauft.

Wir können jetzt schon absehen, dass die Zeit, die wir insgesamt gemeinsam mit unseren Kunden bei den verschiedenen Events verbringen, weit aus intensiver und werthaltiger ist als bei internationalen Groß-Ausstellungen. Insgesamt stehen wir in Deutschland – Stand heute – mit dem besten Verkaufsergebnis aller Zeiten für das erste Halbjahr da. Unsere Umsätze haben wir in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppeln können und werden in diesem Jahr mit über 4.000 verkauften Bau- und Landmaschinen ein weiteres Rekordjahr erzielen.

Insofern besteht für uns zunächst kein Grund, an unserer Strategie etwas zu verändern. Dennoch sagen wir auch, dass das persönliche Treffen mit einem Kunden nie aus der Mode kommen wird. Diese Bindung bleibt entscheidend für den Aufbau von Kunden- und Geschäftsbeziehungen. Wir sind lediglich der Meinung, dass die große Messen nicht mehr unbedingt der beste Ort dafür sind.

Wie sehen Sie den Brexit und mit welchen Folgen rechnen Sie?

Zander: Zu den Auswirkungen eines möglichen Brexit können wir heute nichts sagen! Fakt ist, dass wir durch unsere globale Präsenz – mit 23 Produktionsstätten weltweit – uns sehr schnell auf even-tuelle Zoll- oder Handelshemmnisse einstellen können. JCB wird niemals den wichtigsten EU-Raum als Vertriebsregion aufgeben oder vernachlässigen. Ganz im Gegenteil, Deutschland wurde als eine Top-Wachstumsregion gekürt, deshalb investieren wir auch entsprechend in den Markt.

Zur Person

Frank Zander (Dipl.-Ing.), 47, ist seit 2013 Geschäftsführer von JCB Deutschland und angeschlossenen Tochtergesellschaften. Aufgrund seiner beruflichen Stationen gilt er als ausgewiesener Fachmann für Land- und Baumaschinen.

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