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Reparieren

Der Baumaschine öfter mal eine kleben

Kaum jemand nutzt Klebstoffe, um Maschinen oder Anlagen zu reparieren. Unser Autor erklärt, warum diese Option durchaus interessant ist.

Die Reparatur mit Klebstoff hat viele Vorteile und bietet sich auch für Baumaschinen an.

Mit Klebstoffen reparieren wird von Instandhaltern viel zu wenig genutzt. Schade kann man da nur sagen. Denn im Vergleich mit alternativen Fügeverfahren hat Kleben eine Reihe von Vorteilen. Höchste Zeit also, dass sich Instandhalter mit den Klebstoffen und dem Kleben anfreunden.

Fügeverfahren im Wettstreit

Schrauben, nieten, schweißen, das sind die klassischen Fügeverfahren, auf die ein Instandhalter bei Reparaturen zurückgreift. Kleben wäre, nicht immer, aber sehr oft eine Alternative, wenn nicht die bessere Lösung. Im Vergleich der Fügeverfahren kann Kleben, gerade aus Sicht des Instandhalters, gut punkten. Der erste Vorteil wäre, dass für den Fügeprozess keine externe Energie benötigt wird. Viele Klebstoffe härten bei Raumtemperatur aus und das oft in kürzester Zeit. Vorteil zwei ist, dass sich mit einem Klebstoff ganz unterschiedliche Materialien verbinden lassen. Technische Kunststoffe sind heute in allen Industriebereichen auf dem Vormarsch. Bei Metall/Kunststoff-Verbindungen stoßen andere Verbindungsarten schnell an die Grenze. Der dritte Vorteil des Klebens ist bei überlappten Verbindungsstellen der Korrosionsschutz. In einem voll ausgefüllten Klebespalt ist kein Platz für eine korrosionsfördernde Feuchtigkeit oder andere flüssige Schadstoffe. Und auch die Kontaktkorrosion zweier Metalle wird von einer Klebeschicht unterbunden. Ein weiter Vorteil der Klebetechnik ist, dass der Fügeprozess bei Raumtemperatur oder mäßiger Temperatur erfolgt. Eine nachteilige Gefügeveränderung an der Verbindungsstelle ist damit ausgeschlossen.

Beispiele für klebstoffgerechte Konstruktionen.

Typische Fehler beim Kleben

Die beste Technologie kann durch Anwendungsfehler in Verruf kommen oder gar zum Scheitern verurteilt sein. Das gilt auch für die Verbindungstechnik Kleben. Fehlschläge, häufig auch im privaten Umfeld, können schnell ein Bremsklotz für die Umsetzung dieser Verbindungstechnik im Instandhaltungsbereich sein. Funktioniert es einmal mit dem Kleben nicht, so ist die Ursache hierfür, dass oft systemtypische Fehler gemacht wurden.

Fehler 1: Der falsche Klebstoff wird verwendet Einen Klebstoff für alle Fälle gibt es nicht. Da man fast alles miteinander verkleben kann, braucht es in der Werkstatt mehr als nur einen Klebstoff. Der Einstieg in eine Produktstrategie kann die Werkstofffrage sein. Hier ist eine Produktdifferenzierung Metalle, Polymere, und poröse Stoffe sinnvoll. Bei jeder Stoffart beruht die Verklebung auf unterschiedliche physikalische, chemische oder mechanische Prozesse. Weitere wichtige Punkte sind die mechanische Belastung der Klebestelle, die thermische Belastung, die Umgebungsmedien und die Klebstoffaushärtung. Am Ende des Auswahlverfahrens sollte ein auf die Bedürfnisse der Werkstatt zugeschnittenes Produktsortiment stehen.

Fehler 2: Keine klebstoffgerechte Reparatur Jede Fügetechnik hat ihre spezifischen Eigenheiten. Der Instandhalter sollte die wichtigsten Konstruktionseigenheiten des Klebens kennen. Klebstoff e sind in aller Regel Kunststoffe und diese haben im Vergleich mit Metallen eine wesentliche geringere Festigkeit. Dieser Nachteil muss bei Reparaturarbeiten mitberücksichtigt werden. Kurz zusammengefasst lautet das Credo einer erfolgreichen Klebung wie folgt:

- Ausreichend große Klebeflächen vorsehen

- Schälbeanspruchung, Biegebeanspruchung, exzentrische Krafteinleitungen vermeiden

- Spannungsspitzen durch gleichmäßige Kraftverteilung unterbinden

- Klebschicht vor schädlichem Medieneinfluss schützen

- Bei einem Schiebesitz das Abstreifen des Klebers verhindern (Fase 15° - 30°)

Fehler 3: Schlechte Oberflächenvorbehandlung Bei Metalloberflächen reicht das alleinige Reinigen mit Lösemittel als Vorbehandlung nicht aus. Ölverschmutzungen, Rost- und Oxidationsrückstände werden so nicht ausreichend entfernt. Mechanische Vorbehandlungsverfahren bringen den Erfolg. Die Klebefläche anschleifen oder strahlen sind gängige Methoden. Bei stark verschmutzten Teilen sollte diese, vor der mechanischen Behandlung, vorgereinigt werden. Beim Anschleifen der Klebefläche, ist auf die Körnung zu achten (z. B. 300 bis 600 für Aluminium, 100 für Stahl). Sandstrahlen ist mehr die Methode für großflächige Reparaturen.

Nach der mechanischen Vorbehandlung muss nochmals mit einem Lösemittel nachgereinigt werden. Wichtig ist hierbei, nur Lösungsmittel zu verwenden, die rückstandslos abdampfen (z.B. Kohlenwasserstoffe, oder Aceton). Wässrige Reinigungssysteme, basisch oder saurer, enthalten fast immer Korrosionsschutzmittel. Verbleiben diese auf der Klebefläche, können sie die Aushärtung des Klebstoffes behindern. Auch Kunststoffteile müssen vorbehandelt werden. Bei Thermoplasten stört die Spritzhaut, bei Elastomeren das Trennmittel. Auch bei polymeren Werkstoffen können die Störfaktoren durch Anschleifen entfernt werden. Bei der nachfolgenden Lösemittelreinigung muss aber auf die Verträglichkeit mit dem Kunststoff geachtet werden. Einfacher Test mit Wasser: Eine einfache Überprüfung der Klebefähigkeit ist der Wassertropfentest. Mit einer Pipette wird ein Wassertropfen auf die vorgesehene Klebefläche aufgebracht. Bleibt die kugelige Form des Tropfens weitgehend erhalten, muss, um eine Fehlklebung zu vermeiden, nachgearbeitet werden. Eine gute Benetzungsfähigkeit der Oberfläche ist erst dann erreicht, wenn der Wassertropfen spreitet, also auf der Oberfläche verläuft. Der Wassertropfentest ist nicht geeignet für anodische Beschichtungen auf Aluminium und Magnesium und es kann nur die Benetzbarkeit und nicht die Klebbarkeit einer Fügeteiloberfläche geprüft werden.

Fehler 4: Überlagerte Klebstoffe Klebstoffe sind, bis auf wenige Ausnahmen, Kunststoffe und haben ein definiertes Verfallsdatum bei Einhaltung der vorgeschriebenen Lagerbedingungen. Die von den Herstellern angegebene zulässige Lagerzeit (Nutzungszeit) gilt aber nur für geschlossene Gebinde und wenn die vorgegebenen Lagerbedingungen eingehalten werden. Für die Festlegung der zulässigen Lagerzeit zieht der Klebstoffhersteller, unter anderem, Kriterien wie absetzen von Füllstoffen, chemische Reaktionen des eingebauten Härter-Systems oder Verlust von Lösemitteln, heran. Da jeder Klebstoffhersteller seine eigene Klebstoffformulierung (Rezeptur) hat, können die Angaben der Hersteller deutlich voneinander abweichen. Es ist auch nicht so, dass nach Ablauf der zulässigen Nutzungszeit der Klebstoff unbrauchbar geworden ist. Er hat sich aber in bestimmten Punkten negativ verändert, und ob die Veränderung akzeptiert werden kann, muss untersucht werden.

Bei vielen Klebstoffen verkürzt sich die vom Hersteller aufgedruckte zulässige Verwendungszeit (Verfalldatum) enorm, wenn die vorgegebenen Lagerbedingungen nicht eingehalten werden.

Am Beispiel Cyanacrylateklebstoff (Sekundenkleber) lassen sich die Folgen falscher Klebstofflagerung gut verdeutlichen. Ein Hersteller gibt für sein Produkt, bei plus 5 °C Lagertemperatur, eine Gebrauchsdauer von ca. 6 Monaten an. Werden Sekundenkleber, auch wenn nur vorübergehend, bei Temperaturen über 20 °C gelagert, dann verkürzt sich die Verwendbarkeit des Klebstoffes rasant. Bei 30 °C und mehr, härten Sekundenkleber innerhalb von Tagen oder Wochen in der Flasche aus. Und noch eines ist zu beachten: Geöffnete Cyanacrylat- Schmierstoffgebinde haben eine deutlich verkürzte Haltbarkeit, da der Sekundenkleber beim Öffnen des Gebindes unweigerlich mit dem „Härter“ Luftfeuchtigkeit in Berührung kommt. Dies gilt auch dann, wenn angebrochene Flaschen im Kühlschrank lagert werden.

Fehler 5: Aus Fehlern wird nicht gelernt Wenn eine Fehlklebung einen vorzeitigen Bauteilausfall verursacht, wird der Klebstoff schnell als Schuldiger festgemacht. Eine glatte Fehleinschätzung, denn es gibt per se keinen schlechten Klebstoff. Beim Kleben können, so wie bei jedem anderen Fügeverfahren auch, Fehler gemacht werde. Einige wurden im Beitrag angesprochen. Es stellt sich deshalb die Frage: „Kann durch eine visuelle Schadensanalyse die Schadensursache erkannt werden?“ Beim Kleben spielen zwei Phänomene eine Rolle; die Adhäsion (Anziehungskraft) und die Kohäsion (innere Festigkeit). Ein Großteil der Adhäsionsbrüche gehen auf Vorbehandlungsfehler zurück. Bei reinen Kohäsionsbrüchen steht oft die Klebstoffschichtdicke im Fokus. Jeder Klebstoff besitzt seine spezifische innere Festigkeit also eine produktbezogene Kohäsionsfestigkeit. Duroplaste (zum Beispiel Epoxidharz) haben eine sehr viel höhere Kohäsionsfestigkeit im Vergleich zu Thermoplasten (zum Beispiel Schmelzklebstoff). Grund hierfür ist die engmaschige Vernetzung der Moleküle bei Duroplasten. Ein Kohäsionsbruch ist ein „akzeptabler Bruch“, da der Klebstoff bis an seine zulässige Grenze gehalten hat. Aus dem Bruchverhalt kann also ein Rückschluss auf eventuelle Verfahrensschwachstellen gezogen werden. Hierbei gibt es nachfolgende Zusammenhänge:

- bei besonders niederenergetischen Kunststoffoberflächen (z.B. PE, PTFE) überwiegen Adhäsionsbrüche 

- bei mangelhafter Oberflächenvorbehandlung überwiegen Adhäsionsbrüche, kommen überaltere Klebstoffe zur Anwendung, können Adhäsions- und Kohäsionsbrüche auftreten

- bei einem Klebstoffauswahlfehler können Adhäsions- und Kohäsionsbrüche auftreten Kohäsionsbrüche treten ein, wenn die zulässige Klebstoffschichtdicke überschritten wird Ein Kohäsionsbruch kann Hinweis auf die Feuchtigkeitsempfindlichkeit des Klebstoffes sein (Wasser diffundiert in den Klebstoff ein, die Wassermoleküle legen sich zwischen die Polymerketten und mindern die Kohäsionskräfte. Der Vorgang wird durch Wärme beschleunigt)

Zusammenfassung

Kleben ist eine Zukunftstechnologie, die für Materialverbindungen immer wichtiger wird. Auch für die Baumaschineninstandhaltung bietet sich diese Technologie für ein breites Anwendungsspektrum an. So wie jede andere Fügetechnik hat Kleben seine verfahrensspezifischen Eigenheiten. Werden diese nicht eingehalten, so ist der Misserfolg vorprogrammiert. Daher sollten die in diesem Beitrag aufgeführten Tipps beherzigt werden. (Helmut Winkler)

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