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Archiv 17. März 2013

Die neue Leichtigkeit des Betons

Leichter, grüner, besser – so soll der Beton der Zukunft sein. Über den Weg dahin diskutierten Betonexperten auf den diesjährigen Ulmer Betontagen Mitte Februar.

Beton: Gesprchsstoff Nr. 1 auf den Ulmer Betontagen 2013.
Beton: Gesprchsstoff Nr. 1 auf den Ulmer Betontagen 2013.
Schlanke und filigrane Betonbauweisen liegen heute im Trend.Foto: Foto: Ute Mhle

Nachhaltiger Beton – was ist das? Prof. Dr. Harald Müller vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beschreibt ihn so: „Die Umweltauswirkungen des Betons sind maßgeblich auf die Emissionen des darin enthaltenen Zements zurückzuführen. Der Beton der Zukunft muss also mit weniger Portlandzement auskommen.“ Mit der Erforschung neuer Ersatzstoffe beschäftigt sich die Bauhaus-Universität Weimar, hier werden calcinierte Tone untersucht, die als Betonzusatz aber auch in Portlandkompositzementen Verwendung finden können. Um eine puzzolanische Reaktivität der Tone zu erreichen, ist die Calcinierung notwendig. „Dabei werden die zunächst inerten Tonminerale in eine weitgehend amorphe Phase umgewandelt, wobei für die verschiedenen Tone unterschiedliche Temperaturen notwendig sind“, erklärt Prof. Dr. Horst-Michael Ludwig von der Bauhaus-Universität Weimar. Für Kaolinit seien 600°C bis 700°C ausreichend, während Montmorillonitund Illit Temperaturen von über 800°C bzw. 900°C benötige. Meist kommen gebrannte Kaoline, so genannte Metakaoline, in Portlandkompositzementen zum Einsatz. Sie haben neben einer positiven Ökobilanz den Vorteil, dass man mit ihnen bestimmte Betoneigenschaften erreichen kann, z.B. eine erhöhten chemischen Widerstand, was die Langlebigkeit des Betons erhöht.
Cacinierte Tone sind nach EN 197-1 genormt, sie gehören zur Gruppe der natürlichen getemperten Puzzolane (Zementhauptbestandteil Q). Ein weiterer Vorteil: Tone gibt es überall auf der Welt und sie stehen kaum im Wettbewerb mit den weitverbreiteten Kompositmaterialien wie Hüttensand und Flugasche. „Die bislang im Beton eingesetzten Metakaoline sind allerdings als Zementkompositmaterial aufgrund ihres Preises nicht einsetzbar“, gibt Ludwig zu bedenken.  Hier müsse auf andere Tone zurückgegriffen werden, welche z. T. stark verunreinigt sind und auch andere Haupttonmineralien wie beispielsweise Illit oder Montmorillonit aufweisen. Diese ungünstigen Randbedingungen seien aber mit der Auswahl geeigneter Brennverfahren und Calcinierbedingungen in den Griff zu kriegen.

UHPC-Herstellung: Nicht mehr nur für Spezialisten

Ultrahochleistungsbetone haben ein derart dichtes Gefüge, dass sie Druckfestigkeiten von 150 N/mm² erreichen. Dass sie trotzdem relativ selten eingesetzt werden, liegt an ihren vergleichsweise hohen Kosten, an komplizierten Zulassungsverfahren aber vor allem an der aufwändigen Herstellung. Diese ist bisher nur in Mischverfahren möglich, bei der spezielle Bevorratungsbehälter und Dosiergeräte sowie besonders scherintensive Mischer und Nachbehandlungseinrichtungen zur Warmbehandlung eingesetzt werden müssen. Nun soll mit einem vom BMBF geförderten Projekt (OLAF) auch kleineren und mittleren Unternehmen die Möglichkeit eröffnet werden, UHPC für Fertigteile und auch Transportbeton herzustellen -  und das mit üblicher Gesteinskörnung in gängigen Zwangsmischern. Der Schlüssel hierzu liegt in einem neu entwickelten Spezialbindemittel, „mit dem ein Hochleistungsbeton hergestellt werden kann, der mit weniger als 50 % Portlandzementklinker auskommt“, berichtet Dr. Josef Strunge, Dyckerhoff AG. Der mit der Bindemittelvormischung Nanodur Compound 5941 hergestellte Hochleistungsbeton genüge zwar nicht der vorstehenden UHPC Definition aufgrund fehlenden Silikastaubs, zu hohem W/Z-Wert und zu geringen Würfeldruckfestigkeiten, „weist dafür aber vergleichsweise hohe Biegezugfestigkeiten auf – für filigrane Betonbauteile eigentlich wichtiger als die Druckfestigkeit“, erklärt Strunge. Breite Anwendungsgebiete für Nanodurbeton werden sich laut Strunge in naher Zukunft nicht ergeben, aber es gebe bereits Nischenanwendungen im Maschinenbau, wo hohe Zugfestigkeit und ein gutes Dämpfungsvermögen gefragt sind. Auch im extrem sensiblen Bereich der Messtechnik haben die Vorteile des Nanodurbetons erste Anwendungsbereiche erschlossen.

Leichtgewichte aus Bauschutt erobern den Beton

Das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz und die sinkenden Deponiekapazitäten machen diese Frage immer dringender: Wohin mit dem Recyclingmaterial aus dem Hochbau? Die heterogene Materialzusammensetzung und der hohe Feinkornanteil schließen ihn weitgehend von einer Wiederverwendung als Baustoff aus. Das IAB, Institut für Angewandte Bauforschung Weimar, hat im Rahmen des Verbundprojekts „Aufbaukörnung“, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung,  eine Technologie zur Herstellung einer leichten Gesteinskörnung aus Recyclingmaterial entwickelt. Dabei wird  Mauerwerkbruch vorzerkleinert, gemahlen, mit einem Blähmittel versetzt und in einem Pelletiermischer granuliert. Bei der anschließenden thermischen Behandlung in einem Drehrohrofen werden die Grüngranulate stabilisiert und gleichzeitig aufgebläht.  Um die Verwendbarkeit der Leichtgranulate nachzuweisen, hat das IAB ausführliche Untersuchungen an gefügedichten Leichtbetonen durchgeführt. Die Leichtbetone wurden nach Informationen von Dr. Ulrich Palzer vom IAB mit einer Sieblinie A/B 8, einem Zement CEM I 32,5 R und einem Wasser/Zement-Wert von 0,45 hergestellt. Das Leichtgranulat ersetzte die gesamte Gesteinskörnung ab 2 mm Korngröße. Unterhalb von 2 mm wurde ein Natursand zugesetzt. „Bei den untersuchten Festbetoneigenschaften, wie Festigkeit, Elastizitätsmodul, Schwindverhalten, Carbonatisierung, Wassereindringtiefe und Frost-Widerstand, erzielten die mit den neu entwickelten Leichtgranulaten hergestellten Betone durchweg vergleichbare Werte wie Vergleichsmaterialien mit herkömmlichem Blähton“, berichtet Palzer. Mit der Technik sei die Tür für den Einsatz von bisher ungenutztem Recyclingmaterial geöffnet worden, der die Herstellung von Aufbaukörnungen im Leichtbeton ohne Primärrohstoffe ermögliche. (Ute Möhle)

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