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Ein Todesstoß für das Baustoff-Recycyling

Beim 16. Baustoff-Recycling-Tag des Industrieverbandes Steine und Erden Baden-Württemberg e.V. (ISTE) am 10. Oktober in Filderstadt sorgten die vom Landesumweltministerium vorgestellten Änderungsvorschläge am zweiten Arbeitsentwurf der Ersatzbaustoffverordnung einer Bund-Länder-AG für Unmut. Viele Recycler sehen jetzt ihre Existenz gefährdet.

Viele Recycler sehen jetzt ihre Existenz durch die Ersatzbaustoffverordnung gefhrdet.

Rolf Wizgall, Vertreter des baden-württembergischen Umweltministeriums nannte die Beratungsergebnisse der Bund-/Länder Arbeitsgruppe ‚Ersatzbaustoffverordnung‘ (EBV) „aus Sicht der Branchenvertreter sicherlich nicht hoffähig“. Hintergrund sind Empfehlungen und Änderungsvorschläge für die Ersatzbaustoffverordnung, die seit dem Frühjahr 2013 durch einen Arbeitskreis unter Beteiligung des BMU, des Umweltbundesamtes und von zehn Ländern erarbeitet wurden und voraussichtlich in den geplanten Referentenentwurf übernommen werden sollen. Wizgall berichtete, dass der Einbau von Recycling-Baustoffen und anderen mineralischen Ersatzbaustoffen im ungünstigen Fall eines Grundwasser-Abstandes von weniger als 1 m für alle offenen Bauweisen, aber auch im Falle des nur seitlich durchströmten Staßendammes verboten werden soll.

Da sich die grundwasserfreie Strecke von 0,1 bis 1 m nicht genau bestimmen lasse, sei die Verwertung in zahlreichen geschlossenen Bauweisen, wie der Verfüllung von Leitungsgräben und Baugruben unter gebundenen Deckschichten, Dämmen und Wällen mit technischen Siche-rungsmaßnahmen (Bauweisen A bis D nach MTSE) und hydraulisch gebundenen Tragschichten ausschließlich in größeren Maßnahmen mit einer Menge über 500 m3 
und nur unter der Voraussetzung einer Bestätigung der zuständigen Behörde zulässig. „Der Feststoffgrenzwert von RC-1 für PAK soll von 10 auf 5 mg pro Kilogramm herabgesetzt werden“, berichtete Witzgall weiter. Für Unmut sorgte bei seinem Vortrag vor allem der niedrige Sulfatgrenzwert, der entsprechend des Entwurfes von 2012 beibehalten werden soll, obwohl dieser seit Jahren die Debatte um die EBV anheizt.

Angesichts einiger Zusatzforderungen „on top“ des Arbeitsentwurfes von 2012, äußerte Bernd Susset - langjähriger Mitentwickler des wissenschaftlichen Fachkonzeptes der EBV - die Sorge über die Konsensfähigkeit der Mantel-Verordnung: „Der Einbau von RC-Baustoffen im grund-wassernahen Bereich ist schon heute in Baden-Württemberg nicht zulässig. Außerdem widerspricht es dem Charakter aller bisherigen EBV-Arbeitsentwürfe, dass das Vermischungsverbot schon beim angelieferten Bauschutt greifen soll, also bevor er überhaupt zu RC-Baustoffen aufbereitet wird.“ Der ISTE-Fachreferent fürchtet, dass die Gesamtheit aller Verbote, die im Arbeitsentwurf enthalten sind, zu einem faktischen Ende der Schlackenverwertung in Deutschland führen. „Damit wird nur ein neues Lager von Kritikern geschaffen, das den politischen Diskussionsprozess ausbremst.“ Bernd Susset bedauerte diese Entwicklung, da die Baustoff-Recyclingindustrie eine konstruktive Grundhaltung zur bundeseinheitlichen Regelung im Entwurf vom 31.10.2012 einnimmt. In diesem Entwurf sah man laut Susset die EBV kurz vor dem Durchbruch, gerade auch mit Blick auf die Sulfatgrenzen.

Für Christa Szenkler stand fest, dass ein Referententwurf, der all diese Ländervorschläge umsetzt dem Baustoff-Recycling einen Todesstoß versetzen würde. „Betriebe werden schließen müssen, wenn die Ländervorschläge tatsächlich alle gesetzlich verankert werden“, so die Vorsitzende der ISTE-Fachgruppe Recycling-Baustoffe und Boden. Als Skandal bezeichnete sie auch das Vermischungsverbot, das mit der täglichen Recyclingpraxis nichts zu tun habe. Diese Ansicht teilte Eberhard Ludwig, Vorsitzender des Qualitätssicherungssystems Recycling-Baustoffe Baden-Württemberg e.V. „Die EBV regelt grundlogisch die Qualität des Recyclingprodukts, das vom Band fällt“, so Ludwig. „Nur dieser Recycling-Baustoff, der gemäß den Ein-bautabellen ordnungsgemäß einzusetzen ist, ist umweltrelevant!“ Aspekte der Bautechnik würden im Rahmen des Verbots völlig ausgeblendet. In der täglichen Recyclingpraxis müssten sich die QRB-Betriebe mit Zufallsgemischen beschäftigen, die nicht getrennt gehalten werden können. Daher verfehle diese Forderung ihr Ziel, denn niemand lege sich sortenreine Häufchen zurecht, um auf diese Weise bestimmte Materialien loszuwerden oder zu dosieren.

Nach Ansicht von Christa Szenkler führen die neuen Forderungen zu sinkenden Recyclingquoten und zu einer Steigerung der Deponierungsraten von Bauschutt, der eigentlich zu hochwertigen Qualitäts-Recycling-Baustoffen weiterverarbeitet werden könnte. „Wenn Baustoff-Recycling politisch nicht erwünscht ist, dann sollte die Politik das offen aussprechen und nicht in abstrusen Forderungen formulieren“, so Szenkler.

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