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Europa als Schweiz der Welt

Zum Parlamentarischen Vortragsabend des Bayerischen Industrieverbandes Steine und Erden (BIV), dem einstigen traditionellen Vortragsabend, betrat in diesem Jahr ein recht streitbarer Geist den Königsaal im Bayerischen Hof München: Dr. Peter Gauweiler, ehemaliger Bayerischer Staatsminister, Jurist und Mitglied des Bundestages, nimmt selten ein Blatt vor den Mund. Sein Thema: Europa in der Krise.

BIV-Prsident Wolfgang Liebscher (l.) dankt Dr. Peter Gauweiler fr seinen kurzweiligen Vortrag zu ?Europa in der Krise?.

Zunächst schilderte der promovierte Jurist, wie Europa aus seiner Sicht in die Schieflage geriet. Noch vor der Lehman-Brothers-Pleite sei eine Entwicklung abgelaufen, die dem Mittelstand in Europa geschadet habe, der in Gesamt-Deutschland 80 % ausmacht: die Konzentration der Politik auf Großkonzerne, das Verscherbeln von Staatseigentum, die zahlreichen Unternehmens- und Bankfusionen gepaart mit dem Versagen von unabhängigen Banken-Kontrollinstanzen hätten dazu geführt, dass die Luftblase hinter riskanten Anlage-Geschäften irgendwann einmal geplatzt ist. „Seien Sie froh, dass Sie bei Steinen und Erden geblieben sind“, rief Gauweiler seinen Zuhörern zu.
Ein großes Problem für Europa sieht der CSU-Politiker in dem Bestreben, alle Staaten gleich machen zu wollen. „Die Italiener bleiben eben länger auf und essen was anderes als wir Deutschen und das soll auch so bleiben“. In der „versöhnten Verschiedenheit“ der Kulturen sieht Gauweiler eine Chance für die Staatengemeinschaft, doch diese werde nicht gefördert. Stattdessen versucht ein Land dem anderen seinen Willen aufzuzwingen, was für Gauweiler ein Angriff auf die Freiheit des Einzelnen darstellt. Auch mit dem Ziel, Griechenland vorm Staatsbankrott retten zu wollen, sieht Gauweiler Europa auf dem Irrweg. Der Politiker, der als Gegner des Euro-Rettungsschirms bekannt ist, zog deshalb schon mehrfach vors Bundesverfassungsgericht und erinnerte daran, dass die EU ihre eigenen Vereinbarungen untergrabe. Demnach ist gemäß Nichtbeistands-Klausel (auch No-Bailout-Klausel)  die Haftung der Europäischen Union sowie aller Mitgliedstaaten für Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten ausgeschlossen. Trotzdem kaufte die Europäischen Zentralbank (EZB) Staatsanleihen aus Euro-Schuldenländern und Deutschland haftet für Griechenland mit 731 Mrd. Euro, das ist das 3-fache eines normalen Bundeshaushalts.
Trotz aller düsteren Szenarien bekannte sich Gauweiler zu Europa. Er wünscht sich eine Staatengemeinschaft, die von außen als „Schweiz der Welt“ wahrgenommen wird. Als vorbildlich bezeichnete Gauweiler die starke Bürgerbeteiligung an politischen Entscheidungen in der Schweiz. Nach seinen Erfahrungen sei die Bevölkerung in vielen Dingen konstruktiver als die Politik. Mit dem Apell, die Freiheit auf allen Ebenen der Gesellschaft zu schützen, schloss er seinen Vortrag und erntete großen Applaus. (Ute Möhle)  

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