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Archiv 30. Juni 2015

Finanzminister Schneider: ÖPP ist in der Regel teurer!

Der Baugewerbe-Verband Niedersachsen (BVN) warnt vor einer Ausweitung von ÖPP-Projekten durch die Bundesregierung. Jüngst hatte Bundesverkehrsminister Dobrindt eine Liste neuer ÖPP-Projekte vorgestellt: 14 Mrd. Euro von privaten Investoren wie Banken und Versicherungen sollen den Bau von 600 km Autobahn finanzieren. Der BVN mahnt: ÖPP-Projekte fallen in der Regel teurer aus, als würde die Öffentliche Hand den Bau selber organisieren. Diese Auffassung teilt auch Niedersachsens Finanzminister Peter-Jürgen Schneider.

Peter-Jrgen Schneider.
Peter-Jrgen Schneider.

Private Investoren erwarten für sich eine zusätzliche Gewinnausschüttung, die die Baukosten nach oben treibt. „Aktuelle Landesrechnungshofberichte aus Hessen, die ÖPP-Schulbauprojekte untersucht haben, oder die negative Bewertung des Bundesrechnungshofes zum Ausbau der Autobahn A 1 zwischen Bremen und Buchholz sprechen hier eine eindeutige Sprache“, so BVN-Präsident Rainer Lorenz.

Dazu Schneider in einem Interview mit dem BVN zu: „Jenseits der ideologischen Debatte gilt, dass wir als öffentliche Verwaltung an das Haushaltsrecht gebunden sind. Das gilt für den niedersächsischen Finanzminister ebenso wie auch für Bundesverkehrsminister Dobrindt. Nach diesem Haushaltsrecht müssen wir das wirtschaftlichste Verfahren wählen. ÖPP ist in aller Regel teurer als eine Baumaßnahme unter staatlicher Regie.“

Der BVN sieht ein weiteres drängendes Problem: „Bei den durch ÖPP ausgeschriebenen Auftragsvolumen von bis zu 1 Mrd. Euro wird kein deutsches mittelständisches Bauunternehmen bei den Vergabeverfahren mehr zum Zuge kommen. Die Aufträge werden verstärkt an ausländische Großkonzerne fallen“, kritisiert Lorenz die Pläne.

Die Gefahr sieht auch Finanzminister Schneider: „Diese Bedenken der mittelständischen Bauwirtschaft in Niedersachsen sind absolut gerechtfertigt: Denn ÖPP ist nicht geeignet, den Mittelstand in der Bauwirtschaft angemessen zu beteiligen.“

Die ab 2020 geltende Schuldenbremse wird weitere Brisanz in das Thema bringen: Wenn der Staat sich nicht mehr neu verschulden darf, kann dies, wenn nicht zum Ausfall, so doch zu einer starken Einschränkung der staatlichen Investitionsfähigkeit führen. „Doch Lösungsmöglichkeiten gibt es“, so Lorenz. „Das Nachbarland Österreich macht es uns mit ihrer Infrastrukturgesellschaft ASFINAG vor.“

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Unbestreitbar ist, dass Deutschland einen dringenden Bedarf bei der Sanierung und teilweise beim Ausbau der Infrastruktur hat. Dies darf aber nicht durch den Einsatz von ÖPP auf Kosten der Steuerzahler und zu Ungunsten einer leistungsfähigen deutschen Bauwirtschaft erfolgen, meint der Verband.

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