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BIM 28. Dezember 2022

Ganzheitliche Bewertung von Brückenbau-Varianten

Im Projekt IntegBridge des KIT ist es mit Hilfe digitaler Modellierung gelungen, erstmals auch die ökonomischen, ökologischen und volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Brückenbaumaßnahme in den Planungsprozess einzubringen.

Eine ganzheitliche Bewertung in der Planungspraxis  ist nun möglich
Eine ganzheitliche Bewertung in der Planungspraxis ist nun möglich
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Der Bau von Brücken und Straßen ist in Deutschland für etwa 17 % der CO2-Emissionen des Bausektors verantwortlich. Gleichwohl ist der Herstellungspreis bei Bauherren immer noch das oberste Entscheidungskriterium, Ökobilanzen und Lebenszykluskosten spielen noch kaum eine Rolle. Das Projekt IntegBridge des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) ermöglicht, künftig nicht die billigsten, sondern die ökonomisch und ökologisch sinnvollsten Brückenvarianten zu realisieren.

„Ökobilanzielle Auswirkungen durch die Brücke sowie die im Stau stehenden Fahrzeuge, Lebenszykluskosten und volkswirtschaftliche Kosten werden wenig bis gar nicht berücksichtigt. Dabei übersteigen die volkswirtschaftlichen Folgekosten die reinen Lebenszykluskosten der Brücken oft deutlich“ so Matthias Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Versuchsanstalt des KIT für Stahl, Holz und Steine – Bereich Stahl- und Leichtbau.

Das Problem

Zugrunde liegt dieser Schieflage ein methodisches Problem: Die Erschließung aller Planungsvarianten in Hinsicht auf Lebenszykluskosten, volkswirtschaftliche Kosten und Emissionsaufkommen ist mit hohem Aufwand verbunden und erfordert beträchtliches Know-how.

Dank des an der Versuchsanstalt für Stahl, Holz und Steine durchgeführten Projekts IntegBridge (kurz für „Integrale und ganzheitliche Planung von Straßenbrücken auf Basis von hierarchischen Modellen“) könnte sich dies ändern: „Durch BIM sowie durch die Verknüpfung unterschiedlicher Datenquellen konnten wir den Aufwand für eine ganzheitliche Bewertung von Brückenvarianten deutlich reduzieren“, umreißt Müller den Ertrag des fünfjährigen, mit dem Green-BIM-Award 2022 ausgezeichneten Vorhabens.

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Die Lösung

Konkret erstellte das Forscherteam für sämtliche brückenspezifische Komponenten sogenannte Vorbilanzen – gewissermaßen Rohlinge aus ökobilanziellen, ökonomischen und verkehrstechnischen Daten – und speicherte diese in einem Element-Katalog. „Diese Elemente“, so Müller, „werden mit projektspezifischen BIM-Modellen verknüpft. Anschließend kann ein Bewertungsalgorithmus die ökobilanziellen Auswirkungen, die Lebenszykluskosten und die volkswirtschaftlichen Kosten berechnen. Dieser komplett digitale Workflow erlaubt es Planerinnen und Planern, Brückenvarianten frühzeitig, planungsbegleitend, ganzheitlich und teilautomatisiert zu bewerten.“

Die ausgezeichnete Methode

Die IntegBridge-Methode hat die methodischen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die ganzheitliche Bewertung Einzug in die Planungspraxis halten kann. Nun sind Gesetz- und Auftraggeber gefragt: „Die Auszeichnung mit dem Green-BIM Award unterstreicht das allgemeine Interesse, nicht länger die billigsten, sondern die standortspezifisch sinnvollsten Varianten einer Brücke zu realisieren“, sagt Matthias Müller. „Freilich wird die ganzheitliche Bewertung nur dann zum neuen Standard werden, wenn öffentliche Auftraggeber entsprechende Analysen auch einfordern.“ (MAI/RED)

Tipp: Sie wollen mehr über das Projekt wissen. Die Projektwebseite finden Sie hier.

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