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Geballte Siebpower am Polarkreis in Norwegen

Größter skandinavischer Eisenerzproduzent setzt auf Siebtechnologie von JÖST. Das Millionenprojekt umfasst eine schlüsselfertige Sieb- und Förderanlage zur Aufbereitung von Eisenerzpellets vor der Schiffsverladung.

Kiruna, die nördlichste Stadt Schwedens, ist Heimat des gleichnamigen Bergwerks in dem Eisenerz abgebaut, zu Pellets verarbeitet und gelagert wird. Diese Eisenerzpellets werden zur Schiffsverladung von Schweden nach Norwegen transportiert. Hierfür wurde im Jahr 1902 eine Bahnstrecke bis nach Narvik gebaut, die damals als nördlichste Bahnlinie der Welt galt. Die Züge, die auf dieser Bahnstrecke fahren, sind bis zu 68 Waggons lang und transportieren jährlich ca. 33 Millionen Tonnen Eisenerz. Mit Hilfe einer speziellen, automatisierten Entladestation kann einer dieser Waggons innerhalb von 5 Sekunden entladen werden.

Narvik liegt am Ofotfjord, nördlich des Polarkreises und hat eine Jahresdurchschnittstemperatur von ca. 4° Celsius. Dank dieser Temperaturen, beeinflusst durch den Golfstrom, ist der Fjord das komplette Jahr über eisfrei. Durch diese Wetterverhältnisse hat sich Narvik zu einem der wichtigsten Häfen zur Verschiffung von Eisenerz entwickelt.  
Genau dort befindet sich bereits eine Aufbereitungsanlage des größten skandinavischen Eisenerzproduzenten mit direkter Schiffsverladeeinrichtung für Eisenerzpellets. Diese bisherige Anlage hat einen Durchsatz von 6.000 t/h und soll durch eine Neuanlage mit einem Durchsatz von weiteren 9.000 t/h erweitert werden. Durch die Erweiterung soll eine betriebssichere und flexible Produktion für die nächsten Jahrzehnte gewährleistet werden.

In enger Zusammenarbeit mit dem Kunden hat JÖST eine neue Aufbereitungsanlage zur Kontrollabsiebung von Eisenerzpellets mit Fördereinrichtung für die Schiffsverladung entwickelt. Diese Neuanlage des Siebhauses besteht neben einem Vorratsbunkersystem aus sechs Bunkerabzugsrinnen, weiteren sechs Doppeldeck-Großsiebmaschinen mit Schurren, diversen verbindenden Gurtförderern und Maschinen zum Klassieren, Fördern und Brechen von Eisenerz. Zum Lieferumfang gehören außerdem der gesamte Stahlbau, die detaillierte Planung, die Projekt-betreuung sowie die Gesamtmontage und Inbetriebnahme. Während der gesamten Planungs- und Realisierungsphase war das Projektteam immer wieder vor Ort, um den aktuellen Stand mit dem Kunden zu besprechen und den Fortschritt der Montage zu überprüfen.

Der Vorratsbunker mit den Maßen 19 x 11 x 13 m bietet dem Kunden die Möglichkeit, 1.600 m3 Eisenerzpellets zwischen zu lagern. Die 11-16 mm großen Pellets können über drei verschiedene Bänder, aus unterschiedlichen Lagersystemen, dem Bunker zugeführt werden. Durch einen Trichter wird das Material auf ein reversierbares Band aufgegeben. Die optimale Befüllung des Bunkers wird durch den Einsatz von Fallstufen gewährleistet.  

Der ca. 350 Tonnen schwere Stahlbunker ist in sechs gleiche Einheiten gegliedert. Auch hier sorgen Fallstufen für einen möglichst schonenden Transport der Pellets. Jedes Bunkerabteil besitzt zwei hydraulische Nadelschieber mit den Maßen 800 x 800 mm die als Notverschluss dienen.

Unter jedem der sechs Bunkerabteile befindet sich eine Bunkerabzugsrinne mit einem JÖST-Richterreger. Diese speziellen Austragsorgane für Bunker und Silos sind unempfindlich gegenüber Materialverstopfungen, erreichen sehr hohe Austragsleistungen und sind damit ideal für den Durchsatz von insgesamt 9.000 Tonnen Eisenerzpellets pro Stunde.

Das Kernstück des Siebhauses sind die sechs Doppeldeck-Siebmaschinen, die jeweils eine Breite von 3.000 mm und eine Länge von 9.200 mm besitzen. Das Siebhaus, mit einer beeindruckenden Größe von 41 x 26 x 42 m, wurde aus über 1.700 Tonnen Stahl gefertigt. Diese gewaltige Größe ist ein entscheidender Faktor für den Eisenerzproduzenten. Die Siebmaschinen sind für eine optimale Materialverteilung in einer Back-to-Back Position angeordnet. Für Wartungsarbeiten oder Neuinstallationen war es dem Kunden sehr wichtig, die Siebmaschinen auch einzeln heraus heben zu können. Hierfür wurden zwei Ausfahrpositionen berücksichtigt.

Jedes Sieb hat eine Durchsatzleistung von 1.500 t/h und eine effektive Siebfläche von 27,6 m2 pro Siebdeck. Das ergibt eine beeindruckende Gesamtsiebfläche von ca. 332 m², vergleichbar mit der Größe eines Grundstückes für ein Einfamilienhaus mit kleinem Garten.

Die Siebmaschinen klassieren das aufgegebene Material in Pellets, Fein- und Grobmaterial. Die Pellets werden direkt auf das Band zur Schiffsbeladung aufgegeben. Das Feinmaterial mit einer Größe von 0 – 6 mm wird durch einen Feinkorntrichter gesondert abgeführt und in einem weiteren Prozess wiederum zu Pellets verarbeitet. Das 20 – 50 mm große Grobmaterial wird zum Oversize Material Handling weiter gefördert.

Das ausgesiebte Grobgut (ca. 1-2 %) wird über Förderbänder und eine weitere Zwischensiebung in einem Brecher zerkleinert und anschließend wieder dem Feingutband zugeführt. Somit wird das komplette Material des Kunden aufgearbeitet und verwertet.

In der gesamten Anlage wurden 12 Gurtförderer mit einer Gesamtlänge von 410 Metern verbaut. Die Förderbandbreiten variieren zwischen 800, 1000, 1600 und 2000 mm. Das Material wird mit einer Geschwindigkeit von 3 m/s über die Bänder gefördert. Auch bei den Gurtförderern wurden der hohe Qualitätsanspruch und die kundenseitigen Ausführungsvorschriften komplett erfüllt.

Der Kunde hat die Möglichkeit, die komplette Anlage zu umgehen und das gesamte Material über einen 23 m hohen Bypass direkt zur Schiffsbeladung zu transportieren. Eine weitere Funktion des Bypasses ist die direkte Aufgabe von bis zu 11.000 Tonnen Feinerz pro Stunde, welches nicht abgesiebt werden muss und somit über diesen Weg direkt zur Schiffsbeladung befördert werden kann.  

Die verbauten schwingenden Komponenten wie Siebe und Rinnen sind auf einer separaten Stahlunterkonstruktion aufgestellt, die nicht mit dem Siebhaus gekoppelt ist, sodass Schwingungsübertragungen minimiert werden. Alle Siebmaschinen und Bunkerabzugsrinnen sind zusätzlich mit einem Gegenschwingrahmen ausgestattet. Dieser bewirkt weniger dynamische Restkräfte im Stahlbau und wurde zusätzlich noch mit einem Stoßdämpfer ausgestattet. Dadurch ergibt sich ein optimiertes Massenverhältnis zwischen Vibrationsmaschine und Gegenschwingrahmen. Der Isolierwirkungsgrad ist dadurch größer als 90 %.

Die großen Standard-Drehstrommotoren der Siebmaschinen der Altanlage werden über Keilriemen betrieben, diese müssen in regelmäßigen Abständen getauscht werden. Um die Wartungskosten bei der Neuanlage gering zu halten, hat sich der Kunde, auf Empfehlung von JÖST, für Direktantriebe mit Frequenzumrichter entschieden. Alle Förderbänder sind mit hydraulischer Spannvorrichtung ausgestattet. Die längeren, ansteigenden, Bänder haben zusätzlich eine eingebaute Bremse, die ein Zurücklaufen und damit eine Zwangsentleerung verhindert.

Ein abschließendes Training an der Anlage gehört ebenfalls zum Lieferumfang. Hierbei wurden die Mitarbeiter des Kunden vor Ort in Theorie und Praxis durch JÖST Experten geschult. Im theoretischen Teil wurde Wissen rund um Themen wie Wartung und Reinigung der Anlage vermittelt. In der Praxis wurde z.B. eine Bandtrommel oder ein Siebbelag ausgebaut, damit die Mitarbeiter auch diese Arbeiten reibungslos und selbstständig durchführen können.

Nach einem ausführlichen I/O-Check, bei dem u.a. überprüft wird, ob die Verkabelung richtig ausgeführt wurde und alle elektrischen Signale stimmen, erfolgte die Kaltinbetriebnahme jeder einzelnen Maschine. Hierfür wurde jede Maschine ohne Material separat eingeschaltet und getestet. Diese erfolgreichen Einzeltests waren die Grundlage für die Kaltinbetriebnahme der Gesamtanlage im Automatikbetrieb. Dabei wird beispielsweise überprüft, ob die Abschaltintervalle zwischen den Maschinen korrekt eingestellt sind.
Für Anfang April ist die Warminbetriebnahme der Gesamtanlage geplant. Zwei Tage später steht das erste Schiff zur Beladung durch die neue Anlage im Hafen bereit. Nach dieser Warminbetriebnahme werden noch einmal die letzten Einstellungen überprüft und ein abschließender Leistungstest durchgeführt.

Die besonderen Herausforderungen bei diesem Projekt lagen in den hohen Anforderungen des Kunden vor allem an Qualität der Ausrüstung, Siebeffizienz, Wartungsfreundlichkeit, geringem Materialverschleiß und hohem Automatisierungsgrad. Entscheidend für den Zuschlag an JÖST war vor allem das einzigartige Gesamtkonzept. Rechtzeitig vor Kälteeinbruch und den kurzen Tagen im skandinavischen Winter konnte Ende letzten Jahres die Außenhülle des Siebhauses trotz des engen Zeitplans geschlossen werden.

Grundstein für den größten Auftrag der Firmengeschichte legte ein erfolgreiches Vorprojekt aus dem Jahr 2012. JÖST lieferte dem skandinavischen Eisenerzproduzenten bereits eine ähnlich große Doppeldeck-Großsiebmaschine mit einer Aufgabeschwingförderrinne. Auch bei diesem Vorprojekt stellte der Kunde die oben genannten Anforderungen. Zusätzlich gestaltete sich hier die Installation in ein bereits vorhandenes und sehr enges Siebhaus als schwierig. Aufgrund der langjährigen Erfahrung von JÖST als einer der weltweit führenden Hersteller von Großsiebmaschinen wurden diese Schwierigkeiten dank des erfahrenen Personals problemlos gemeistert. Überzeugt durch die passgenaue, effiziente Lösung und das technische Know-how wurde JÖST für das aktuelle Großprojekt als Lieferant ausgewählt.

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