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Gewinnen ohne Sprengen

Die Mendiger Basalt Schmitz Naturstein GmbH ist einer der wenigen Steinbruchbetriebe in Deutschland, der komplett auf Sprengungen verzichtet. Geschäftsführer Rainer Krings und seine Mitarbeiter haben durch jahrelanges Ausprobieren ein wirtschaftliches Verfahren zur Direktgewinnung von Gestein entwickelt. Ortsbesuch in einer Denkfabrik.

Friedliche Ruhe im Steinbruch: Das Unternehmen Mendiger Basalt Schmitz Naturstein GmbH mit Sitz in der Eifel hat sich von der Sprengtechnik komplett verabschiedet.

Rainer Krings ist ein Mensch, der gerne etwas ausprobiert, auch wenn noch lange nicht klar ist, ob es funktioniert, geschweige denn sich rechnet. Für den Fortschritt müsse man auch mal Umwege gehen, sagt der studierte Betriebswirt, der vor 22 Jahren ins Naturwerksteingeschäft zusammen mit seinem steinerfahrenen Schwiegervater einstieg. Dass das Familienunternehmen heute in wirtschaftlich turbulenten Zeiten solide dasteht, ist sicherlich der Experimentierfreude seines Geschäftsführers zu verdanken, aber auch der Belegschaft, die den Forschungsdrang ihres Chefs stets mitgetragen hat.

Experimentierfreudig: Geschftsfhrer Rainer Krings suchte hartnckig nach Lsungen ? und fand sie.Foto: Foto: Ute Schroeter

Mit einem gebrauchten Bagger, einem Radlader, einem Sieb, einer Basaltlavalagerstätte und einigen Herausforderungenbegann 1992 die Geschichte der Mendiger Basalt Schmitz Naturstein GmbH, die heute fünf Steinbrüche betreibt und 50 Mitarbeiter beschäftigt. „Zunächst haben wir ein Sägewerk für Naturstein aufgebaut“, erzählt Krings. Großaufträge wie der über 10 000 m² Bodenplatten für die Köln-Arena ließen nicht lange auf sich warten. Doch anfangs reichte die Produktivität des Betriebes nicht aus, um diese Größenordnung stemmen zu können. Das zeitintensive Zurechtsägen des Rohmaterials in Blöcke mit einer Seilsäge dauerte einfach zu lange, ebenso das Tranchieren auf Tischen. „Wir mussten uns nicht nur hinsichtlich der Produktivität etwas überlegen, auch die Qualität litt, weil die Mitarbeiter nicht ausreichend Zeit für die Qualitätskontrolle hatten“, erklärt Krings. Seine Idee: Zeit gewinnen durch Automatisierung.

Auf der Suche nach einer Lösung führte ihn sein Weg in die europäischen Abbaugebiete des Jura, wo das Rohmaterial in Durchlaufanlagen, also automatisiert, zugeschnitten wurde. „Meine Mitarbeiter glaubten nicht daran, dass sich dieses Verfahren auf unsere Basaltlava übertragen lässt“, erinnert sich Krings. Doch schon 1995 nahm die erste Blocksägedurchlaufanlage der Eifel ihren Dienst auf, die heute noch rund um die Uhr arbeitet. Des Weiteren stellte der Betrieb von Tischsägen auf ein Sägesystem um, das das Material direkt auf Palletten zuschneidet.

„Dadurch konnte die Produktivität pro Schicht fast verdreifacht werden. Auch bei den Hebesystemen hat das Unternehmen nachgebessert und ist von der herkömmlichen Vakuumhebetechnik auf die wesentlich rückenschonenderen Vakuumschlauchheber übergegangen. „Ein Mitarbeiter, dem der Rücken weh tut, kann sich nach einem langen Arbeitstag unmöglich noch auf die Qualität konzentrieren. Genau das aber ist wichtig.“

Die Mendiger Basalt GmbH gewinnt Basalt, Basaltlava und Tuff und stützt sich im Wesentlichen auf drei Geschäftsfelder. Aus dem Werksteinmaterial Basaltlava entstehen Bodenbeläge und Fassaden, die weltweit ausgeliefert werden. „Bei der Gewinnung des Naturwerkstein fallen um die 80 Prozent an Abfällen an“, erklärt Krings. Über seine Verwertung hat sich der Geschäftsführer lange Zeit Gedanken gemacht. Die Aufbereitung zu einfachen Mineralgemischen erwies sich als unwirtschaftlich, daher stellte das Unternehmen teilweise auf Edelsplittproduktion um – eine gute Entscheidung. „Das Produkt ist vor allem in der Asphaltindustrie beliebt, da es einen hohen PSV-Wert hat und wir
durch die Offenporigkeit des Materials auch OPA-Splitte herstellen können.“ Als drittes Standbein ist die Gewinnung und Aufbereitung von Tuff zu nennen. Das Gestein wird bei der Dachbegrünung und in der Zementindustrie verwendet.

In dichten Lagen spielt der Fallgewichtshammer seine Strken aus.Foto: Foto: Rainer Krings

Der Steinbruch in Mendig liegt nur 200 m von einer Wohnbebauung entfernt. Seit 2010 war der politische Druck so stark und unfair, dass das Sprengen nur noch unter strengen behördlichen Auflagen erlaubt war. Aber nicht nur das: Bei jeder Sprengung liefen die Telefone heiß, Mitarbeiter wurden angefeindet, die Vibrationsmessungen an Gebäuden kosteten Zeit und Nerven. Das Unternehmen, das von Sankt Petersburg bis nach Vancouver einen sehr guten Ruf genießt, stand vor der eigenen Haustür als Bösewicht da. „Uns war allen klar: So geht es nicht weiter“, sagt Rainer Krings. Wieder einmal war es eine unkonventionelle Idee, die ein Weitermachen ermöglichte: Mendiger Basalt sagte der Sprengtechnik Lebewohl – ein Schritt, der erst nach langer Tüftel- und Recherchearbeit getan werden konnte.

Geschäftsführer Krings blickte damals in alle Richtungen, um Gestein auch ohne Sprengstoff gewinnen zu können. Das Produktionsziel lautete mindestens 1.000 t pro Tag mit vertretbaren Kosten. Im Internet fand er einen Spaltkeil eines japanischen Herstellers. Im Testbetrieb zeigte dieser zwar eine beeindruckende Spaltkraft, doch die erforderlichen Bohrlöcher von mindestens 150 mm Durchmesser machten das Verfahren durch die hohen Bohrkosten unwirtschaftlich.

Der Hydraulikhammer erzielt in porsen Gesteinsschichten bessere Ergebnisse als der Fallgewichtshammer.Foto: Foto: Rainer Krings

Krings experimentierte auch mit alternativen Sprengstoffen, die durch eine Expansions- statt einer Explosionswirkung das Gestein sanfter zerreißen als die herkömmlichen Sprengmittel. „Problem war, dass in unserem von Natur aus recht porösen Material viel Energie verpufft ist, außerdem erfordert diese Technik ein verhältnismäßig dichtes Bohrraster.“ Ebenfalls im Internet fand Krings schließlich einen Fallgewichtshammer (Markenname Terminator) von einer neuseeländischen Firma. Das Verfahren ähnelt dem Knäppern mittels Hydraulikhammer, nur mit dem Unterschied, dass der Meißel durch ein 5 t schweres Fallgewicht mit einer Schlagenergie von 180 000 kJ in das Material getrieben wird. Das Gerät erfordert einen mindestens 75 t schweren Bagger, der mit einer speziellen Hydraulikverrohrung ausgerüstet werden muss.

Die Investitionskosten für solch einen Fallgewichtshammer belaufen sich auf 150 000 bis 200 000 Euro. Dank eines von Mendiger Basalt entwickelten Schnellhubzylinders ist ein 4-Sekunden-Zyklus und damit ein wirtschaftliches Arbeiten möglich. Doch Rainer Krings wollte sich nicht nur auf eine Technik verlassen. Er hatte gehört, dass in Israel und Irland
der Gesteinsabbau zu 80 % mit Hydraulikhämmern vorgenommen wird, da in diesen Ländern von vornherein keine Sprengstoffe zugelassen sind. Ein weiterer Test mit einem 5,5-Tonnen-Hydraulikhammer von Atlas Copco, der mit 220 Schlägen pro Minute arbeitet, lieferte in offenporigen Schichten bessere Ergebnisse als der Terminator, in festeren Lagen wiederum ist dieser dem Hydraulikhammer überlegen.

Felslffel statt Reizahn: Mit dieser scheinbar kleinen Vernderung ist die Arbeit an der Werksteinwand wesentlich produktiver.Foto: Foto: Ute Schroeter

Heute arbeiten beide Geräte in Abhängigkeit der geologischen Gegebenheiten im Wechsel. Nach Rainer Krings Erfahrung erweisen sich auch scheinbar geringfügige Veränderungen als erstaunlich wirkungsvoll. Den herkömmlichen Reißzahn, mit dem an der Wand gearbeitet wird, ließ er gegen einen 2,50 m breiten Felslöffel mit überdimensionierten Zähnen austauschen. Dieser kann im Gegensatz zum Reißzahn nicht nur Steine sondern auch Erde verladen. Nach Berechnungen der Mendiger
Basalt liegen die Produktionskosten mit der Kombination aus Fallgewichts- und Hydraulikhammer bei rund 1,80 Euro pro Tonne. Sprengen im Massivgestein ist mit rund 1 bis 1,20 Euro pro Tonne zwar auf den ersten Blick günstiger, „rechnet man aber die Kosten hinzu, die – wie in unserem Fall – durch behördliche Auflagen entstanden sind, kommt man schnell auf um die 2,60 Euro pro Tonne“, sagt Rainer Krings.

Bei der Beschäftigung mit dem Thema Direktgewinnung stieß Krings auch auf Flächenfelsfräsen bzw. Miner, die beispielsweise von der Firma Wirtgen angeboten werden. In den USA oder Australien wird diese Technik, die sich vor allem für weiches Gestein eignet, bereits großflächig eingesetzt, in Deutschland aber ist sie noch rar. „Wie die Geräte praktisch in einem Schritt das Gestein abbauen und zerkleinern hat mich schon sehr beeindruckt“, sagt Rainer Krings. Testweise setzte er einen Miner im Tuff-Steinbruch ein und war wegen des hohen Sandanteils zunächst ziemlich enttäuscht. Doch so schnell gab er nicht auf. Der hohe Sandanteil hing mit der Anzahl der Fräsmeißel zusammen, 120 Stück waren einfach zu viel. „Mit 50 Meißeln war das Material ideal“. Die Abbaukosten haben sich auf ein Zehntel reduziert, und der Surface Miner ist im Tuffsteinbruch Weibern ein fester Bestandteil geworden. „Diese Technik kann ich jedem Kalksteinbruch nur ans Herz legen“.

Nicht nur die wirtschaftlichen Vorteile haben Krings und sein Team überzeugt, den Weg der Direktgewinnung zu gehen. „Wir alle genießen es sehr, endlich wieder ohne Stress, ohne Anfeindungen arbeiten zu können.“ Die Ruhe in Mendig lässt sich eben nicht in Gold aufwiegen. (Ute Schroeter)

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