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Eminerals vermittelt Sand und Kies 31. August 2020

Amazon für Baustoffe

Es tut sich was bei den Online-Plattformen: Nach Schüttflix tritt nun Eminerals an, um Sand und Kies und später auch noch Asphalt und Beton digital zu vermitteln.

Inhaltsverzeichnis

Tradition und die digitale Welt – kann das zusammen gehen? Sabine Schmucker findet, es muss sogar. Ihr Großvater Karl Reif hat vor 90 Jahren das Fundament der Reif-Gruppe im baden-württembergischen Forbach gelegt. „Seitdem mussten wir uns schon einige Mal neu erfinden“, sagt Schmucker. Das ist auch der Grund, warum die Gesellschafterin und Geschäftsführerin vor allem eine Chance in der Digitalisierung sieht. Eine Chance, den Anforderungen an ein modernes Bauen im Sinne ihrer Kunden und ihrer inzwischen rund 1.000 Mitarbeiter gerecht zu werden. „Wir sind als Unternehmen an allem interessiert, was uns weiterbringt und uns besser macht.“ Gerade als Familienunternehmen müsse man der Zeit immer ein Stück voraus sein. Die Digitalisierung begreift die studierte Betriebswirtschaftlerin als Möglichkeit, sich vom Wettbewerb abzugrenzen.

Das Unternehmen zukunftsfähig halten

Und so ist ihr vor allem eines wichtig: Dinge auszuprobieren, um mitreden und vor allem entscheiden zu können, was ihr Unternehmen zukunftsfähig hält. „Wir sehen doch, was in anderen Branchen passiert. Wenn digitale Handels- und Marktplätze in anderen Branchen funktionieren, warum sollte das nicht für die Baubranche gelten“, sagt sie. Gerade wenn es um Baustoffe geht.

Neutraler Plattformbetreiber

Eminerals heißt eine Online-Plattform, auf der etwa Sand und Kies ein- und verkauft werden können. Dabei tritt Eminerals als neutraler Plattformbetreiber auf, der sich weder in die Preisfindung noch in die Vertragsgestaltung einmischt. „Vertragspartner sind jeweils der Käufer und Verkäufer einer Transaktion“, sagt Christian Landes, der mit seiner N1 Trading GmbH die Plattformtechnologie entwickelt hat und nun im Tochterunternehmen, der Eminerals GmbH, betreibt. Der diplomierte Bau- und Wirtschaftsingenieur kennt sich in der Baubranche aus. Nach seinem Studium an der Uni in Karlsruhe war Landes mehrere Jahre in verschiedenen Positionen für Heidelberg-Cement tätig, ehe er sich selbstständig machte. Auch aus der Erfahrung heraus, dass die Baubranche einen Nachholbedarf hat, was die Digitalisierung angeht.

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Übersichtlichen Preisspiegel

Eminerals hat nicht nur die klassischen Anfrage- und Angebotsprozesse und somit die Preisgestaltung digitalisiert, den Kunden werden außerdem die Angebote der Anbieter automatisch in einem übersichtlichen Preisspiegel präsentiert. Aus diesem können sie mit nur wenigen Klicks bestellen oder den Preis nachverhandeln. „Gerade wenn man auf den Einkauf und Verkauf von Baumaterialien schaut“, sagt der 42-Jährige, „war das bisher alles andere als bequem, vor allem wenn ich Preise vergleichen wollte. Mit unserem Preisspiegel schaffen wir nun nicht nur Transparenz, sondern vereinfachen auch den Angebotsvergleich.“

Easphalt läuft bereits, Econcrete folgt in diesem Jahr

Die N1 Trading GmbH mit Sitz in Offenburg bietet diese Leistungen aber nicht nur für mineralische Schüttgüter an. Landes möchte sein Unternehmen zu einer Art Amazon der Baubranche entwickeln, wobei es ihm wichtig ist, nicht als Händler zu agieren, sondern vielmehr den Ansatz eines One-Stop-Shoppings zu erreichen. Amazon hat auch erst als reiner Buchhandel begonnen, ehe die anderen Märkte Schritt für Schritt hinzukamen. Ähnlich plant Landes. Neben Eminerals laufen auch auf Easphalt, dem Marktplatz für Asphalt, die Geschäfte bereits. Der Handel von Transportbeton (Econcrete) eröffnet noch in diesem Jahr.

In der Branche stößt Landes damit auf großes Interesse, weshalb sein Team und er landauf, landab gerade Termine haben. Auch bei der Reif-Gruppe in Rastatt war N1 schon. „Wir haben schnell einen guten Draht zueinander gefunden“, sagt Sabine Schmucker. Eminerals ist für sie interessant, um darüber Schüttgüter zu beziehen. „Gerade in Regionen, in denen wir die Marktteilnehmer, die Lieferanten und ihre Preise noch nicht kennen.“

Dabei ist die Neutralität für Schmucker entscheidend: „Das garantiert, dass man es mit seriösen Partnern zu tun hat.“ Sie hat auch die Hoffnung, dass sich über die Plattform Logistikprobleme lösen lassen. Schüttgüter müssen auf die Baustellen, und der Transport ist teuer. Je näher sich an einer Baustelle Schüttgüter beziehen lassen, desto attraktiver wird das Geschäft für Reif. Wenn dann noch Koppelgeschäfte möglich sind, also der leere Lkw auf der Rückfahrt etwa noch Material für ein anderes Bauunternehmen mitnehmen kann, dann gibt es gleich mehrere Gewinner – und die Umwelt wird geschont. „Bisher haben wir versucht, das intern zu lösen. Das ist aber sehr schwierig“, sagt Schmucker, „wenn uns Eminerals dabei unterstützt, ist das perfekt. Denn jeder Lkw, der nicht leer fährt, birgt ökologische Einsparpotenziale.“

One-Stop-Shopping für alle Baumeterialien

Die Marktplätze sind für N1 nur das erste Puzzlestück. Schon bald sollen die Geschäftskunden im Sinne eines One-Stop-Shopping-Ansatzes ihren gesamten Bedarf an Baumaterialien auf spezialisierten und vernetzten Plattformen aus einer Hand decken können. „Wir planen ein Ökosystem Bau“, sagt Landes, „und wollen Lösungen in allen Phasen des Bauzyklus‘ für den Tief- und Hochbau anbieten. Wir werden den gesamten Prozess digital anbieten. Von der Projektierung über die Logistik bis zur Abrechnung.“ Deshalb arbeitet sein Unternehmen gerade an einer Software zur Auswertung von Leistungsverzeichnissen und zur Erstellung von Marktprognosen.

Starke Partner

Für sein Vorhaben hat Landes starke Partner gefunden. Etwa den Bauinformationsdienst Greenprofi oder die Volksbank in der Ortenau (Offenburg). „Wir wollen uns in attraktiven Märkten verankern, in denen wir unser Bankgeschäft strategisch mit der Plattformökonomie vernetzen“, erklärt Vorstandsvorsitzender Markus Dauber. Eine Branche, die große Chancen bietet, ist für ihn die Bauindustrie. „N1 bringt die Technologie ein, und wir kennen uns gut mit Geschäftsmodellen, deren Finanzierung und der Abwicklung des Zahlungsverkehrs aus“, sagt Dauber, „auch digital“.

Die Bankenbranche steckt selbst in einem radikalen Transformationsprozess, der viel unternehmerischen Mut erfordert. Die Volksbank in der Ortenau meistert diese Herausforderungen sehr erfolgreich – auch dank der zahlreichen Beteiligungen und Tochterunternehmen (etwa die First Cash Solution GmbH) zählt sie mittlerweile zu den zehn größten Zahlungsverkehrsbanken für den stationären und digitalen Handel in Deutschland. Und sollte die Fusion mit der Volksbank eG Schwarzwald Baar Hegau zur „Volksbank eG im Südwesten" gelingen, gehörte sie mit einer Bilanzsumme von über 8 Mrd. Euro bald zu den fünf größten Volksbanken in Deutschland.

Erste Erfahrungen mit BIM

„Dank der Digitalisierung bleibt für Unternehmen endlich wieder Zeit, sich auf ihr Kerngeschäft und das Wesentliche zu konzentrieren“, ist sich Landes sicher, „etwa auf qualitativ hochwertiges Bauen.“ Zumal die Anforderungen dafür nicht einfacher werden, etwa durch das BIM, das Building Information Modeling. Beim BIM werden – einfach gesagt – alle relevanten Bauwerksdaten mit Hilfe von Software digital modelliert, kombiniert und erfasst. Für viele Unternehmen allerdings ist BIM bisher mehr Problem als Hilfe. Auch Sabine Schmucker weiß das. Die Reif-Gruppe war Teil eines der ersten BIM-Pilotprojekte der Deutschen Bahn (Freie Stecke Karlsruhe-Rastatt). „Wir haben mitgemacht, um zu lernen, besser zu werden und es auf andere Baumaßnahmen zu übertragen. Doch was nützt es, wenn nur wir das können und andere Beteiligte im Prozess noch nicht. Bei den Prozessen über die verschiedenen Beteiligten hinweg gibt es sicherlich noch Nachholbedarf.“

Mit Eminerals wird BIM nun etwas zum Anfassen. „Mit Eminerals, Easphalt und Econcrete haben wir ein relevantes Angebot der im Tiefbau benötigten Rohstoffe und damit einen entscheidenden Schritt zu One-Stop-Shopping gemacht“, sagt Landes. Ein wichtiges Zwischenziel hat er damit schon mal erreicht: den Wünschen der Bauunternehmer zu entsprechen.

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