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Bagger & Radlader 4. Dezember 2017

Anbaugeräte: Wenn der Löffel Zähne zeigt

Ohne Löffel, Schaufel oder Reißzahn ist der beste Bagger nichts wert. Auf der Steinexpo wurden zahlreiche Anbaugeräte präsentiert. Anbaugeräte in der Marktübersicht.

Inhaltsverzeichnis

Robert Ruthenberg

Die grundsätzlichen Anforderungen für das richtige Anbaugerät lassen sich leicht aufzählen: Es sollte möglichst robust und verschleißfest sein, aber diese Eigenschaften gleichzeitig bei einem möglichst niedrigen Gewicht realisieren können. Es nützt nämlich nichts, wenn durch eine besonders stabile, aber schwere Schaufel (Löffel etc.) die maximale Ladungskapazität drastisch minimiert wird; abgesehen vom höheren Spritverbrauch. Also gilt es die besonders kritischen Stellen entsprechend stabil und verschleißfest auszulegen, während der Rest ruhig gewichtsoptimiert sein sollte. Möglichst hohe Standzeiten, vor allem beim Abbau von Hartgestein lassen sich durch gezielte Panzerungselemente realisieren. Nicht zum Schluss sollte die Geometrie der Anbaugeräte der Kinematik beim Abbau oder dem Aufnehmen der Lasten gut entgegen kommen. Das spart schlussendlich viel Kraftstoff ein, wenn Bagger und Radlader nicht ständig am Limit bewegt werden müssen.

Auf der Steinexpo zeigten viele Aussteller nicht nur neue Anbaugeräte, sondern auch solche, die bereits Tausende an Stunden im Einsatz waren. Das bayerische Unternehmen Rädlinger, Cham, entwickelt seit 1988 nicht nur sehr robuste Bagger-Tieflöffel oder Radlader- / Seilbagger-Schaufeln, sondern eben auch sehr wirtschaftlich arbeitende Anbaugeräte einschließlich Dreh- und Schnellwechseleinrichtungen. Da das Wichtigste am Bagger das Werkzeug vorne dran ist, werden diese in der Praxis zunächst ausgiebigst getestet, bevor sie an Kunden verkauft werden. Dank der Tiefbausparte im eigenen Hause sowie den hauseigenen Steinbrüchen und Kiesgruben ist dies problemlos möglich.

Groß, größer, am …

Einen besonders schönen Messestand präsentierten die Chamer auf der Steinexpo, weil nur wenige nagelneue Anbaugeräte ausgestellt wurden, dafür viele Werkzeuge, die bereits monate- oder sogar jahrelang im Einsatz waren. Lediglich eine Klarlackierung schützte diese Werkzeuge vor weiterem Rost. Ein zentrales Ausstellungsstück war die 7-Kubikmeter-Felsschaufel, welche im Schotterwerk von Jakob Bauer und Söhne aktuell im Einsatz ist. Dieser Betrieb baut großflächig ein Kalkvorkommen in der Schwäbischen Alb ab. Jährlich werden dort zwischen 500.000 und 600.000 t Massenkalk abgebaut. Die Felsschaufel weist eine Schnittbreite von 3,7 m und spezielle Überlaufgitter in einer Rohrversion auf. Um die Lebensdauer dieses Anbaugeräts zusätzlich zu verlängern, wurde in enger Abstimmung zwischen dem Kunden und den Konstrukteuren der Schaufelkörper samt Seitenschneide und Bodenblech komplett in Stahl mit der Härte HB 400 und die Seitenschneide unten in 10 mm stärkerem Blech als oben ausgeführt. Seitlich am Löffelboden verlaufen längs außerdem zwei Verschleißstreifen. Die seitlichen Steinabweiser schützen die Seitenbleche beim Aufnehmen des schroffen Gesteins und reduzieren außerdem das Nachrutschen des Materials in den freigeschnitten Bereich hinter der Schaufel.

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Neben Reiß- und Felslöffel, Lade- und Felsschaufel sowie Reißzahn-Anbaugeräte bieten die Oberpfälzer auch diverse Schnellwechsler sowie Drehrotoren und als Kombination: Drehmotor mit Schnellwechslersystem an. So wurde in 2017 der JR Tilt 1490 erstmalig vorgestellt. Hierbei handelt es sich um ein Modell mit einem zweimal 90° schwenkenden Drehmotor. Der 1490er schließt an die kleineren fünf Modelle an und ist für Maschinen mit einem Einsatzgewicht von 12 bis 16 t bestens geeignet.

„The Beast“ - eine Familie für ganz harte Fälle, so lautete das Motto des Anbaugeräteherstellers HS-Schoch in Lauchheim. Diese Produktfamilie beinhaltet verschiedene Felslöffel, welche für größere Felsbrocken optimiert sind. Aufgrund der ausgeschwungenen Seitenwangen liegt das Gestein schlussendlich ideal im Löffel und kann problemlos an den Brecher weitergegeben werden. Die Reißlöffel sollen ideal für den harten Einsatz oder das Lösen von Fundamenten sein. Sie sollen vor allem dann zum Zuge kommen, wenn nicht gesprengt werden kann. Für schwerste Reißarbeiten im Fels und beim Abbruch mit höchster punktueller Losbrechkraft sind die neuen Reißzähne bestens geeignet. Die Vorteile eines Reißzahns mit einer stetigen und konstanten Vibrationsbewegung kombiniert der Vibrationsreißzahn. Damit sollen Kunden alles gelöst bekommen. Selbstverständlich sind alle Produkte von HS-Schoch mittels Esco-Zahnsysteme und Hardox-Verschleißstähle besonders verschleißfest ausgelegt.

Besonders verschleißarm

Seit ein paar Jahren werden von Lauchheim / Baden-Württemberg sowie vom nordöstlichen Standort Coswig / Sachsen-Anhalt aus neben Eigenentwicklungen auch die Anbaugeräte von Furukawa Rock Drill (FRD) vertrieben. Dieses japanische Unternehmen kann auf über 130 Jahre Erfahrung, vor allem in der Entwicklung von Ausrüstungen für den Bergbau zurückgreifen. Vor allem deren Hydraulikhämmer und Abbruchwerkzeuge werden weltweit stark nachgefragt.

Von A wie Atlas bis Z wie Zeppelin - jede Baggermarke und fast jedes Modell verfügt über eigene, ganz individuelle Kinematikdaten. Eine weltweit einheitliche Schnittstelle vom Bagger direkt zum Anbaugerät existiert bekanntlich nicht. Der Anbaugerätehersteller Lehnhoff aus Baden-Baden hat über drei Jahrzehnte hinweg, die Kinematikdaten von weltweit über 3.000 Baggertypen gesammelt. Mit diesem einmaligen Wissen können auf Abruf die Schnittstellen aller Lehnhoff-Anbaugeräte ganz individuell auf alle am Markt befindlichen Bagger von 1 bis 130 t angepasst werden. Egal welche Marke der Bagger hat, welches Modell oder wie alt er ist. Dabei geht es nicht nur um die Schnelligkeit bei der Umsetzung, sondern vor allem auch um den Erhalt der so wichtigen Löffelkinematik. Die ursprünglichen Öffnungs- und Schließwinkel und damit der volle Funktionsumfang von Bagger und Anbaugerät sollen ja erhalten bleiben. Denn nur so kann eine Baustelle produktiv betrieben werden.

Vor allem in Sachen Schnellwechselsysteme haben die Badener einiges zu bieten. So wurden in 2016 drei SQ-Schnellwechselsysteme für Bagger für 12 bis 70 t Betriebsgewicht vorgestellt. Diese symmetrischen Schnellwechsler beruhen auf dem nordischen S-Standard. Durch eine innovative Konstruktion bieten neben den vollhydraulischen auch die mechanischen sowie die hydro-mechanischen Ausführungen eine sehr sichere Verriegelungstechnik. Nicht zuletzt deshalb konnte in 2017 das 150.000te Schnellwechselsystem verkauft werden. Vor allem hinsichtlich deren Sicherheit wurde kürzlich mit dem Lehmatic Safety Control (LSC) ein weiterer Meilenstein gesetzt, denn es bietet die automatische Erkennung der Verriegelungsposition. Der Baggerfahrer wird zu jeder Zeit optisch sowie akustisch über den Verriegelungszustand des Anbaugerätes informiert. Das LSC-System besteht aus einer Bedieneinheit mit LEDs sowie einem Warntongeber in der Baggerkabine und Sensoren im Schnellwechsler. Bei Investition in einen neuen hydraulischen oder vollhydraulischen Schnellwechsler mit LSC beträgt die Arbeitsschutzprämie der BG Bau immerhin 50 % der Anschaffungskosten, maximal 1.800 Euro. Weitere Infos zu den Anforderungen und den Förderungsantrag selbst lassen sich von der Lehnhoff-Webseite herunterladen.

Der sogenannte Tiltrotator von MTS in Hayingen (bei Reutlingen) wird auf Grund seines innen verdeckt liegenden Schwenkzylinders sowie wegen seiner Seitenfreiheit und Flexibilität von Kunden stark nachgefragt. Erst kürzlich wurde die Produktpalette auf fünf Modelle (TR 8 bis TR 26) aufgerundet. Alle Modelle sind mit einer Sensortechnik ausgestattet, die das Einbinden der Tiltrotatoren in eine 3D- Baggersteuerung (vorzugsweise aus dem eigenen Hause) ermöglicht. Für noch mehr Sicherheit als bisher sorgt ab sofort die serienmäßige Ausstattung mit dem neuen Sicherheitspaket, welches die sichere Verriegelung aller Werkzeuge über Sensoren abfragt und über das neue Display anzeigen lässt.

Der erste Hydraulikhammer wurde 1967 von Krupp (heute Atlas Copco) in Essen entwickelt und verfügte bereits über ein hydraulisches Schlagwerk. Eine wesentliche Weiterentwicklung gab es 1969 von der Firma Montabert, die damals den BRH auf den Markt brachte. Der BRH 501 ist bis heute einer der am meisten eingesetzten Hydraulikhämmer. Die größeren Modelle dieses Unternehmens werden hauptsächlich zur Direktgewinnung in Steinbrüchen eingesetzt, während die mittleren und kleinen Hydraulikhämmer in der Rohstoffgewinnungsindustrie vorwiegend zur Sekundärzerkleinerung verwendet werden. Auf der steinexpo wurden vor allem die Hydraulikhämmer der XL-Serie mit einem Gewicht von einer bis rund 2,7 t (für Bagger von 11 bis 38 t) sowie mit Schlagzahlen von 520 bis 750 pro Minute präsentiert.

In der SUSA-Ausgabe 04/2017 wurde der Einsatz einer Anbaufräse an einem Hydraulikbagger bei der Firma Franken Schotter ausführlich dargestellt. Viele Kalksteinrohblöcke dieses Gewinnungsunternehmens weisen nämlich störende Mergelschichten mit unregelmäßiger Oberfläche auf. Früher wurden diese Gesteinsblöcke erst einmal aufs Lager gelegt und dank Erosion „verschwand“ dann die störende Mergelschicht nach etwa einem Jahr. Dass solch ein natürlicher, zeitintensiver Vorgang nicht sonderlich ökonomisch ist, liegt auf der Hand.

Aus diesem Grunde wurde eine Universalfräse der ES-Baureihe (Modell ES 60 HD) von der Firma Kemroc, Leimbach (Thüringen) erst einmal zum Testen bestellt. Als man erkannte, dass sich die olle Mergelschicht in wenigen Minuten komplett entfernen ließ, ordert man sofort, nach nur einer Testwoche, diese ES-Universalfräse. Auf der Stein­expo wurden auch die Modelle EK 140 sowie DMW 220 HD vorgestellt. Die EK-Kettenfräsen sind für Bagger von 18 bis 45 t Betriebsgewicht ausgelegt und ihre patentierte Fräskonstruktion schont das Schwenkwerk des Baggers. Diese Fräse eignet sich für weiche bis mittelharte Gesteine mit Druckfestigkeiten von 16 bis 60 Mpa. Das Fräsgut weist eine feinkörnige Struktur auf. Die DMW-Ausführungen weisen einen Doppelmotor auf und sind daher besonders leistungsstark. Sie sind für Bagger mit einem Betriebsgewicht von 14 bis 60 t geeignet. Damit lassen sich selbst harte Gesteine bis 80 Mpa fräsen. Die Modelle der DMW-Serie können sogar unter Wasser bis zu einer Tiefe von 30 m eingesetzt werden. Die Schneidtiefen betragen maximal 1.200 mm und es gibt sie mit Breiten von 150 bis 400 mm. Die Durchmesser der Fräsräder liegen übrigens zwischen 1.610 bis 2.950 mm.

Auf dem Demonstrationsgelände der Stein­expo 2017 wurde auch die Kombination eines Liebherr-Baggers vom Typ 946 mit Schnellwechselsystem Likufix SW66 sowie verschiedenen Anbaugeräten von Simex im Einsatz präsentiert. Das italienische Unternehmen ist nach eigenen Aussagen Weltmarktführer in der Herstellung von Geräten für Maschinen zur Erdbewegung, zum Verdichten, Brechen, Aufreißen und anderes mehr. Bei Neuentwicklungen gilt es vor allem die Produktivität und Rentabilität weiter zu verbessern und das an sich schon hohe Qualitätsniveau nochmals zu steigern.

Fräsköpfe und Wechselsysteme im Praxiseinsatz

Bei der Demo wurde mit dem Fräskopf TF2100, der an der Wand befindliche Hartstein vom Felsen gelöst und im zweiten Schritt mit dem Simex Wellenbrecher CBE50 auf eine Korngrösse von 70 mm zerkleinert. Nach einem kurzen Werkzeugwechsel konnte mittels des Sieblöffel VSE40 das Material ausgesiebt werden. Da die Siebgröße von der Maschine aus gesteuert wird, ließ sich das Gesteinsmaterial direkt in unterschiedlichen Korngröße aufhäufen.

Die Fräsköpfe der TF-Baureihe sollen besonders leistungsstark und vibrations- sowie geräuscharm arbeiten, wie bei der Demo zu sehen, respektive zu hören war. Ein großes Drehmoment und dadurch die hohe Leistung wird durch den direkt auf der Welle sitzenden hydraulischen Kolbenmotor realisiert. Dank der beiden Stützlager an jeder Trommel überträgt die Welle nur die Drehbewegung und stützt keine Lasten ab. Das Unternehmen bietet insgesamt acht verschieden große TF-Fräsen an. Geräuscharm arbeitete auch der Wellenbrecher CBE50. Die Rotorwelle ist direkt mit den Brecherzähnen bestückt und dank der beiden Radialkolbenmotoren wiest sie hohe Brechkräfte auf. Das Topmodell CBE50 ist für ein Baggergewicht von 35 bis 55 t ausgelegt, das kleinste Modell (von insgesamt fünf) für solche von 8 bis 12 t. Die Fräsen sowie die Wellenbrecher lassen sich auch dort einsetzen, wo Bohr- und Sprengtechnik nicht gestattet ist.

Sowohl Rädlinger wie HS-Schoch und Lehnhoff bieten neben neuer Ware auch die professionelle Aufbereitung verschlissener Anbaugeräte an. Wer solche Tätigkeiten mal in Verbindung mit einem Ausflug zur „kleinen Steinexpo“ in Tschechien nutzen möchte, der kann dort in der Nähe des schönen Brünns das Unternehmen Renomag aufsuchen. Die „kleine tschechische Steinexpo“ findet übrigens vom 18. bis 21. Juni 2018 diesmal im Steinbruch Lesni lom nur wenige Kilometer nordöstlich des Stadtteils Brno-Lisen statt. Das Angebotsportfolio von Renomag umfasst Messerstahl und Messer für Kettenraupen- sowie Radlader-Anbaugeräte, Bagger- und Radladerlöffel sowie -schaufeln, Backenbrecherlöffel und Sieblöffel zur Zerkleinerung, Sortierung und Recycling, Gummiketten für Bagger, Fräsmaschinenmeißel, Hydraulikhämmer, Schwenkköpfe, Rotatoren und anderes mehr. Mittels verschiedenen verschleißfesten Materialien, Zähnen und Zahnsystemen werden auch verschlissene Anbaugeräte wieder professionell aufbereitet. Dass die tschechischen Schweißer über eine hervorragende technische Ausbildung und meist auch große berufliche Praxis verfügen, muss nicht extra betont werden. Immerhin setzen viele grenznahe deutsche Unternehmen aus diesem Grund die tschechischen Schweißer sehr gerne ein. Im Bereich der rohstofffördernden und -verarbeitenden Industrie gilt es noch viel zu verbessern, um die Produktivität und Rentabilität weiter zu erhöhen. Packen Sie es an! 

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