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Nordbau 2019

Baubranche trotzt dem Abschwung

Der konjunkturelle Abschwung hat die Baubranche noch nicht erreicht. Beim Messerundgang am Eröffnungstag der 64. Nordbau in Neumünster vermeldeten viele Aussteller Zuwächse im laufenden Geschäftsjahr und prognostizierten für die kommenden zwölf Monate eine weitere positive Umsatzentwicklung.

Der Baugewerbeverband Schleswig-Holstein hat zur Nordbau eine Halbjahresbilanz vorlegt. Danach ist das Konjunkturbild im Bauhauptgewerbe im vierten Jahr in Folge von einer hohen Nachfrage gekennzeichnet. Laut aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes ist der Auftragseingang in den ersten sechs Monaten des Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum nominal um 10,8 % (real 5,3 %) gestiegen. Mehr Auftragseingänge in Betrieben mit mindestens 20 Mitarbeitern als im Juni 2019 hatte es zuletzt vor 25 Jahren gegeben. Um die Aufträge vielen abzuarbeiten, benötigen die Bauunternehmen schnell weitere qualifizierte Mitarbeiter. „Wir müssen beim Thema Fachkräfte eine Schippe drauflegen“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther bei der Messe-Eröffnung. Es sei gut, für Ausbildungsberufe im Bausektor zu werben, denn nicht jeder künftige Facharbeiter müsse ein Studium absolvieren.

Im Mittelpunkt der Eröffnungsveranstaltung stand die Fehmarnbeltquerung. Günther bezeichnete die 18 km lange geplante Tunnelverbindung zwischen Dänemark und Deutschland als „unglaublich wichtiges Projekt“ für Schleswig-Holstein, rund 3.000 Menschen sollen auf den Baustellen zum Einsatz kommen. „Das Schlüsselprojekt des skandinavisch-mediterranen Korridors ist die Querung“, resümierte Bernd Jorkisch, Vorstandsvorsitzender des HanseBelt Initiativkreises und Honorarkonsul der Republik Finnland in einer leidenschaftlichen Rede. Mit Blick auf Naturschützer, die das Vorhaben heftig kritisieren, sagte er: „Dieses Projekt ist das umweltspezifisch bestuntersuchte Bauprojekt der Welt“.

Kundenspezifische Lösungen

Ein Hauptthema bei Peri war Peri Duo. Die universell einsetzbare Verbundschalung in Leichtbauweise wurde gerade mit dem Baka-Preis für Produktinnovation ausgezeichnet. Peri hat dazu die App „Duo Planer“ entwickelt, die es dem Anwender erlaubt, einfache Grundrisse zu planen, zu takten und einzuschalen. Die Bott GmbH & Co. KG, Hersteller von Fahrzeugeinrichtungen, präsentierte ihr neues System Vario 3, das aufgrund eines höheren Aluminiumanteils 15 % leichter ist als bisher, dabei aber „keinerlei Einbußen bezüglich der Stabilität“ eintreten, wie Unternehmenssprecher Axel Theurer erklärte. Somit könne mehr zugeladen bzw. Sprit eingespart werden. Bott arbeitet mit allen Nfz-Herstellern zusammen und bietet auf Kundenwunsch angepasste Systeme.

„Individuelle Lösungen werden immer wichtiger“, bestätigte Oliver Worch, Zeppelin Vertriebsdirektor für den Wirtschaftsraum Nord. „Wir haben uns immer mehr auf den Kunden eingestellt und bieten mehr als Produkte“, schloss Peter Schrader, Geschäftsführer der Zeppelin Rental GmbH, an. Bestimmende Themen am Messestand des Unternehmens waren Elektrifizierung/Alternative Antriebe und Flottenmanagementlösungen. Bernhard Tabert, im Unternehmen für das Flottenmanagement zuständig, berichtete, dass inzwischen 600 Kunden in Deutschland auf das System Vision Link bauen. Am Beispiel Leerlauf veranschaulichte er, wie das System hilft, die Betriebskosten zu senken. „Im Leerlauf wird nicht nur Diesel verbraucht, auch die Serviceuhr läuft weiter und dazu kommt noch das Thema Abschreibung – das ist ein ziemlicher Rattenschwanz“, veranschaulichte Tabert. Bezüglich der teils langen Lieferzeiten für Baumaschinen wies Zeppelin Baumaschinen-Geschäftsführer Fred Cordes darauf hin, dass sich der Vorlauf bei Kunden geändert habe und heute teils ein Jahr betrage. Cordes zeigte sich überzeugt, dass die Baukonjunktur auch 2020 auf einem höheren Level bleibe.

Digitale Baustelle 2:0

Fortgeführt wurde der Schwerpunkt „Die digitale Baustelle”, den die Nordbau zur Messeausgabe 2018 in enger Zusammenarbeit mit dem Verband der Baubranche, Umwelt- und Maschinentechnik e.V (VDBUM) aufgelegt hatte. „Mit der Thematisierung `Digitale Baustelle Part 2´ wollen wir aufzeigen, dass die Digitalisierung greifbar und für jeden Betrieb machbar ist, wenn wir den gesamten Prozess in Teilanforderungen zerlegen und jeder sich das heraussucht, was die tägliche Arbeit erfordert“, so VDBUM-Geschäftsführer Dieter Schnittjer. Geschäftsstellenleiter Wolfgang Lübberding führte Live-Interviews mit Vertretern verschiedener Unternehmen, in denen die Einsatzmöglichkeiten konkretisiert wurden. So stellte etwa Roelof Wittler von Hansaflex ein Programm vor, das Schläuche und identifizieren und auch bestellen kann. Dabei werden alle relevanten Daten direkt auf das Smartphone des Anwenders gesendet. Mit Baugerätesimulatoren hatte der VDBUM auch eine Attraktion für die Maschinenführer von Morgen zu bieten.

Ausbildung und Weiterqualifizierung nannten Kay Dückert, Vertriebsdirektor von Wienäber Baumaschinen, Uwe Käsewieter, Geschäftsführer von Hamburger Baumaschinen und Willem Akkermanns, Geschäftsführer von Hyundai Baumaschinen Nord, am Gemeinschaftsstand als aktuell wichtige Themen. Käsewieter berichtete auch von Maßnahmen zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit. So sollen einzelne Prozesse, etwa Serviceleistungen, zentralisiert werden.

Mit der neuen App, der Bomap, will Bomag „das Verdichtungsfeld revolutionieren“, wie Verkaufsleiter Heiko Kratutkremer erklärte. Mit der in der Basisversion kostenfreien App werden Maschinenüberfahrten der Walzen dokumentiert. Das kostenpflichtige Upgrade bietet weitere Features wie Temperatur oder Amplitude. Als Maschinenneuheit wurde der Cityfertiger BF 200 C-2 gezeigt, der mit einer Arbeitsbreite von 1,10 bis 3,40 m ideal für enge Baustellensituationen ist.

In einem eigenen Bereich des Messestands zeigte Wacker Neuson seine Zero Emission-Produkte. „Ein Akku für alle Geräte“, erläuterte Mathias Voigt, Vertriebsleiter Nord, den Vorteil der neuen Lithium-Ionen-Akkus. Der Dual View Raddumper mit 6 bis 10 t Nutzlast verfügt über einen um 180 Grad drehbaren Fahrersitz. Innerhalb einer Sekunde ist die Richtung geändert, wodurch der Fahrer eine perfekte Sicht beim Be- und Entladen hat.

Start-Up mit 145-jähriger Geschichte

Im vergangen Jahr entstand Epiroc als Atlas Copco-Ausgliederung für das Bergbaugeschäft. Das Unternehmen, das sich als Start-Up mit 145-jähriger Vergangenheit bezeichnet, trat erstmals auf der Nordbau auf und präsentierte sich als Fullliner für hydraulische Anbautechnik. Zu den Exponaten am Messestand zählen Hammer, Abbruchscheren und Fräsen, die kompatibel mit „allen erdenklichen Baggerherstellern sind“, wie Jens Westermann, Vertriebsleiter hydraulische Anbauwerkzeuge, erläuterte.

Einen deutlich größeren Stand als im Vorjahr hatte die Maschinenbau Rehnen GmbH. Seit 2017 vertreibt das Unternehmen Sany-Produkte. Nun konnte Geschäftsführer Heiner Rehmen vermelden, dass man 2019 zehn Sany-Abbruchbagger der 60 t-Klasse verkauft habe. „Wir sind überzeugt von der Qualität des Produktes und scheuen den Wettbewerb nicht“, sagte Rehmen. Mit der 5-Jahres-Garantie und einem 24-Stunden-Service sollen weitere Marktanteile gewonnen werden. In näherer Zukunft sollen Mobilbagger und Radlader des chinesischen Herstellers auf dem deutschen Markt eingeführt werden.

Weiteres Wachstum in Deutschland strebt auch Hidromek an. Der Baumaschinenhersteller wurde 1978 in Ankara gegründet, zählt zu den Schwergewichten der türkischen Branche und produziert derzeit 5.500 Maschinen jährlich. 2019 wurden laut Marketing Manager Sébastien Zilyas 50 Maschinen in Deutschland verlauft. Zu sehen war unter anderem der Radlader 640 mit einem Einsatzgewicht von 26.300 kg. Das Unternehmen baut derzeit sein Vertriebsnetz in Deutschland aus.

Querschnitt des Maschinenprogramms

Liebherr zeigte einen Querschnitt seines Programms – von der reichweitenstarken Autobetonpumpe 50 M5 XXT, über den Seilbagger HS 8040 mit einer maximalen Traglast von 40 t, dem R 924 als Vertreter der neuen Raupenbagger-Generation 8 bis hin zur neuen Materialumschlagmaschine LH 18 M Industry für den Recyclingeinsatz. Die GP Baumaschinen GmbH Halle präsentierte Komatsu-Maschinen wie den Hybrid-Raupenbagger HB215LC-3. Ein wichtiges Thema war auch die Vermessungstechnik per Drohnenflug des Kooperationspartners G-tec Positioning GmbH. Deren Spezialist Lars Nowoitnick veranschaulichte die Anwendungsmöglichkeiten. Im Live-Einsatz zeigte JCB seinen Elektro-Minibagger 19C-IE, der für Arbeiten in lärmsensiblen Bereichen prädestiniert ist. Erst kurz auf dem Markt ist auch der neue 15 t-Kettenbagger 150X.

Am Stand der Swecon Baumaschinen GmbH waren wieder zahlreiche Volvo-Maschinen in Aktion zu sehen, darunter der EC300 Hybrid-Bagger. Als Weltpremiere wurden die Radfertiger P6870D ABG und P2870D ABG gezeigt. Swecon-Geschäftsführer Falk Bösche erläuterte digitale Angebote wie mySwecon. Das Portal bietet eine umfassende und flexible Überwachung des Maschinenparks. Der Maschinenmarkt hat sich für das Unternehmen laut Bösche im nunmehr sechsten Jahr in Folge positiv entwickelt. Auch Volvo CE Deutschland Chef Christian Kraushaar freute sich über 10 %ige Zuwächse im laufenden Geschäftsjahr und berichtete von Volvos Investitionen in die Zukunft. Im schwedischen Eskilstuna ermöglicht 5G-Mobilfunktechnik nun Tests mit autonom arbeitenden und miteinander kommunizierenden Maschinen.

An der 64. Ausgabe der Nordbau in den Holstenhallen Neumünster haben 836 Aussteller aus 13 Ländern teilgenommen. 50 Fachausstellungen mit 4.500 Teilnehmern haben die fünftätige Messe begleitet. 2020 wird die größte Kompaktmesse rund ums Bauen im nördlichen Europa vom 9. bis 13. September stattfinden.

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