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Digitalisierung

Baumaschinen steuern auf den Wandel zu

Große Lenkräder und Bedienhebel in Baumaschinen gehören der Vergangenheit an. Über die Zukunft der Steuerung.

Inhaltsverzeichnis

Wer als Fahrer in der Vergangenheit Baumaschinen bedienen wollte, konnte dies erst nur mechanisch und später hydraulisch vornehmen, indem er Hebel und Schalter betätigte, um zu fahren oder den Aushub oder eine Planie zu erstellen. Längst halten Fahrer keine großen Lenkräder und mächtige Bedienhebel, sondern multifunktionale Joysticks in der Hand, die den Steuerkonsolen von Computerspielen gleichen. Mit ihnen nehmen sie – feinfühlig und komfortabel – Einfluss auf die Leistung und Funktion ihrer oft schon elektrohydraulisch angesteuerten Arbeitsgeräte, können jederzeit eingreifen oder gegensteuern. Die elek-
trohydraulische Vorsteuerung über die Joysticks im Gegensatz zur hydraulischen Vorsteuerung bildet die Grundvoraussetzung für die weitere Automatisierung, denn ohne sie wären schon einfache Assistenzsysteme nicht oder nur mit erheblichem Mehraufwand möglich. Die elektrischen Impulse der Joysticks werden im Bordrechner verarbeitet und in hydraulische Bewegungen umgesetzt. Hierdurch weiß die Maschine, was der Fahrer will – Grundvoraussetzung für die eigene Maschinen-Intelligenz, ohne die es keine Automatisierung geben kann.

Übersicht durch Touchscreen

Ferner sind moderne Touchscreen-Monitore feste Bestandteile in den Kabinen der neuesten Baumaschinengeneration, die alle Informationen zum produktiven Arbeiten übersichtlich und wohldosiert zur Verfügung stellen. Sie bilden die intuitive Bedienerschnittstelle, welche die Daten in einem sinnvollen Zusammenhang mit den Arbeitsschritten anzeigt, sodass Entscheidungen in Echtzeit möglich sind. So erkennt eine intelligente Steuerung, was der Fahrer bezweckt. Beispielsweise erscheint automatisch beim Einlegen des Rückwärtsgangs der Bildschirm der Rückfahrkamera, um dem Fahrer die Sicht nach hinten anzuzeigen. Daran gekoppelt sind optische und akustische Warnsysteme. Über die Touchscreen-Monitore lassen sich verschiedene Fahrerprofile anlegen, aber auch weit über 40 Sprachen auswählen. Zum Standard geworden ist das Abspeichern von bis zu 20 Anbauwerkzeugen, die mit entsprechenden Hydraulikvolumen und -drücken hinterlegt sind und nur noch abgerufen werden müssen, die Einstellung geschieht dann automatisch. Als nächster Schritt kommt dann eine automatische Werkzeugerkennung, damit der Fahrer nicht bei jedem Werkzeugwechsel eine neue Auswahl im Display für das aktuelle Anbauwerkzeug treffen muss, sondern das Trägergerät erkennt automatisch, um welchen Löffel, Hammer oder Greifer es sich handelt.

Autonome Maschinen

Ganz ohne Fahrer im Cockpit kommen inzwischen Cat Skw (Schwerlastkraftwagen) am anderen Ende der Welt aus, wenn sie in den Minen von Australien ihre Runden drehen und Rohstoffe transportieren. FMG (Fortescue Metals Group) gilt hier als Vorreiter und war das erste Unternehmen der Welt, das 2012 die autonome Technologie von Caterpillar im kommerziellen Maßstab einsetzte. Seitdem wurde die Flotte erweitert: Derzeit sind 137 autonome Skw im Betrieb, die bislang 1 Mrd. t Eisenerz bewegten und dabei über 33,5 Mio. km zurücklegten. Bis 2020 soll deren Zahl auf 175 steigen – die Rohstofftransporte will dann die FMG als erster Gewinnungsbetrieb der Welt komplett autonom betreiben. In der Kabine der gewaltigen Transportfahrzeuge sitzen keine Fahrer mehr, die das Lenkrad oder die Gas- und Bremspedale bedienen, sondern das übernehmen intelligente On-Board-Systeme. Quasi wie von Geisterhand suchen sich die Muldenkipper auf fest definierten Routen und basierend auf einem vorgegebenen Ablaufplan ihren Weg durch die Lagerstätte. Sie können einer zugeordneten Spur durch ein sich ständig veränderndes Abbaugebiet folgen oder den besten Weg wählen, um die zugewiesenen Ladestellen anzusteuern, nehmen ihre Position für den Ladevorgang ein und fahren zum Abkippen zum Brecher, sobald die Mulde gefüllt ist. Geleitet werden sie von einem intelligenten Kontrollsystem. Dabei passieren sie andere Fahrzeuge, ohne diese zu tangieren, und gehen ihren Aufgaben nach. Dazu sind die Skw mit einem System der Naherkennung und Kollisionsvermeidung ausgestattet, um Gefah-ren sofort zu identifizieren und zu umgehen. Die autonom fahrenden Muldenkipper bremsen automatisch ab, sobald sich ihnen etwas Unerwartetes in den Weg stellt, weichen aus oder nehmen, wenn die Einsatzbedingungen es erlauben, die maximale Geschwindigkeit auf. All das erfolgt, ohne dass ein Fahrer von der Kabine aus eingreifen muss. Werden Baumaschinenfahrer nun arbeitslos, wenn sie nicht mehr hinter dem Steuer sitzen? Baumaschinenhersteller Caterpillar sagt, dass die bisherigen Tätigkeiten komplett umgekrempelt werden, weil Fahrer andere Aufgaben übernehmen – sie werden die autonomen Maschinen im Kontrollzentrum überwachen, Daten kontrollieren und müssen jederzeit korrigierend eingreifen können.

Fehlersuche aus der Ferne

Das wird sich in Zukunft im Baumaschinen-Service ändern: Fehlersuche aus der Ferne bei Cat Baumaschinen. Dazu werden Telematikdaten des Flottenmanagements genutzt, anhand derer Fehlermeldungen ausgelesen werden. Die Fernfehlersuche greift auf Echtzeit-Maschinendaten zurück, sodass der Zeppelin Service vom Büro aus Diagnoseprüfungen an der angeschlossenen Maschine durchführen kann. Sollte ein ernstes Problem vorliegen und eine Reparatur unausweichlich sein, kann der Techniker gleich mit den dafür benötigten Ersatzteilen und Werkzeugen anrücken – das spart Geld für den Anfahrtsweg und Zeit, weil er gleich loslegen kann. Schon heute sind Fernupdates der Software einer Baumaschine möglich, ohne dass ein Servicetechniker die Baumaschine aufsuchen und die Software aufspielen muss. Denn Kunden erhalten eine Benachrichtigung, wenn ein neues Software-Update verfügbar und notwendig ist. Maschinen oder Motoren können dann direkt auf der Baustelle aktualisiert werden, ohne dass Wartezeiten und Kosten für den Techniker anfallen, der das Up-date installiert.

Noch ist es eine Vision, an der aber schon mit Hochdruck gearbeitet wird: Monteure tragen Datenbrillen (sogenannte Smartglasses), wenn sie an Baumaschinen schrauben und werden dabei in Form von Augmented-Reality-Applikationen unterstützt. Auf diese Weise lassen sich zusätzliche Informationen ins Sichtfeld einspielen, um die Reparaturen möglichst effizient anzupacken. Über das Display werden Arbeitsanweisungen oder Checklisten eingeblendet, die sie dann Schritt für Schritt abzuarbeiten haben, um Baumaschinen wieder flottzumachen. Mithilfe von Augmented Reality gelingt es, Instandhaltungsinformationen direkt zu visualisieren. Das können aktuelle Informationen über die Maschine, aber auch Anleitungen zur Reparatur sein – angefangen beim Drehmoment, wie stark die Schraube wieder angezogen werden muss, bis hin zur Darstellung des digitalen Wartungsplans. Dank der eingeblendeten Informationen über das Gerät und der Reparaturanleitung für eine Maschine können Techniker mögliche Probleme schneller beheben, wenn sie auf einen umfassenden Bestand von Tipps und Lösungsansätzen zugreifen.

Neues Display in Serie

Das Technologieunternehmen Continental bringt sein voll programmierbares Display „MultiViu Compact 7“ jetzt als Serienprodukt auf den Markt. „In nahezu allen Fahrzeugklassen geht der Trend hin zu digitalen Instrumentierungslösungen. Mit ihnen kann die Vielzahl an Informationen so angezeigt werden, dass der Fahrer nur für die Fahrsituation relevante Angaben erhält, dadurch entlastet wird und so Effizienz und Bedienkomfort steigen. Allerdings bedeutet dies für Hersteller einen hohen Kosten- und Entwicklungsaufwand, der sich bei kleinen Stückzahlen oft nicht rechnet“, erklärt Patric Zimmermann, zuständiger Produktmanager bei Continental. Mit dem „MultiViu“ erhalten Hersteller von Kleinserien nun eine individualisierbare Instrumentierung in Erstausrüsterqualität zu einem attraktiven Preis. Die Primärinstrumentierung mit 7 Zoll großem Display und optionalem Touchscreen ist vielseitig einsetzbar, zum Beispiel in Bau- und Landmaschinen. Das neue Display bietet Herstellern viele Freiheiten. Horizontal verbaut dient das Display als kompakte Alternative zum Kombiinstrument und zeigt Fahrzeuginformationen wie Geschwindigkeit oder Tankfüllstand an. Hochkant wird es zum zweiten Gerät für zusätzliche, nicht fahrrelevante Informationen und kann die Menüführung übernehmen. In der Variante mit Touchdisplay erinnert das „MultiViu“ an moderne Smartphones und lässt sich damit intuitiv bedienen.

Was genau in beiden Einsatzfällen auf dem Display zu sehen ist, entscheidet der Hersteller selbst. Continental stellt eine Programmierumgebung bereit, mit der er die Applikationen selbst entwickelt und an seine individuellen Anforderungen anpasst. Dabei unterstützen die Experten von Continental mit Trainings und Vor-Ort-Support bei Bedarf. Auch die 24 seitlichen Leuchtsymbole, die weiteren Platz für Informationen bieten, sind frei konfigurierbar. Darüber hinaus lässt sich das Deckglas kundenspezifisch gestalten – inklusive Logo. 

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