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Bundesrechnungshof legt Gutachten vor

Ziel des Gutachtens des Bundesrechnungshofes zur Reform der Verwaltung der Bundesfernstraßen ist es, Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung zu beraten. Das Gutachten zeigt Möglichkeiten und Varianten auf, wie die fernverkehrsrelevanten Straßen künftig organisiert werden könnten.

Der Prsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller, gibt in seinem Gutachten Empfehlungen, wie die Bundesfernstraengesellschaft ausgestaltet werden sollte
Der Prsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller, gibt in seinem Gutachten Empfehlungen, wie die Bundesfernstraengesellschaft ausgestaltet werden sollte

Ziel der Reform müssen Bundesfernstraßen sein, die den Anforderungen der Gegenwart und Zukunft gewachsen sind – besser nutzbar, besser verfügbar. Dazu müssen Erhalt und Bau besser als bisher realisiert werden.

Der Bundesbeauftragte hat den Finanzbedarf einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft auf 7 Mrd. Euro pro Jahr geschätzt. Im Gutachten werden unterschiedliche Finanzierungsvarianten vorgestellt.

Außerdem mahnt das Gutachten an, dass der Bund als Eigentümer, das Parlament ihre bestehenden Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten nicht aus der Hand geben dürfen – im Interesse des Gemeinwohls und der Daseinsvorsorge. Weiter zu bedenken sind personalwirtschaftliche Aspekte und wirtschaftliche Risiken.

Nach bisherigem Planungsstand sollen die 13.000 km Bundesautobahnen von einer bundeseigenen, privatrechtlich organisierten Infrastrukturgesellschaft Verkehr übernommen werden. Für nahezu 35.000 km der Bundesstraßen soll das bisherige System der Bundesauftragsverwaltung durch die Länder bestehen bleiben. Damit hätten es der Bund und die Länder versäumt, die Verwaltungs- und Finanzierungverantwortung für alle Bundesfernstraßen komplett neu zu ordnen. Denn die nun angestrebte Lösung führt zu bleibenden Doppelstrukturen und erhöhtem Abstimmungsaufwand. Die mit der Reform angestrebten Synergieeffekte würden geschmälert.

Vorgesehen ist eine Infrastrukturgesellschaft Verkehr, der alle Handlungsalternativen offen stehen, also auch die Einrichtung regionaler Tochtergesellschaften bis hin zur Übertragung aller Aufgaben an private Konzessionäre. Das bedeutet eine funktionale Privatisierung. Damit würde der Staat die Regieführung aus der Hand geben. Erfahrungen – national und international – zeigen: Probleme bei der Mautregulierung sowie bei einer umfassenden Leistungsbeschreibung und deren Kontrolle sind meist die Folge.

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Die geplante Infrastrukturgesellschaft Verkehr soll zunächst als GmbH errichtet werden. Damit ist sie kreditfähig. Ihre Kreditfähigkeit soll nicht eingeschränkt werden. Nach meiner Auffassung ist nur eine begrenzte Kreditaufnahme durch die GmbH gerechtfertigt. Damit diese auch liquide ist, könnte der Bund der Gesellschaft Liquiditätshilfen als Darlehen gewähren. Ein Recht zur Kreditaufnahme, das darüber hinausgeht, sollte der Gesellschaft nicht eingeräumt werden. Sollte die Bundesregierung aber – wie bisher geplant – der Gesellschaft das Recht einräumen, Darlehen bei Dritten aufzunehmen, werden die von ihr zu zahlenden Zinsen über denen des Bundes liegen. Da der Bund bei der Gesellschaft ohnehin das letztendliche Risiko trägt, sollte er in diesem Fall Garantien übernehmen. Dadurch könnten die Fremdkapitalzinsen reduziert und den Finanzierungskosten des Bundes angenähert werden. Grundsätzlich darf mit der Gründung der Infrastrukturgesellschaft Verkehr nicht das Ziel verfolgt werden, Kredite außerhalb des Bundeshaushaltes aufzunehmen, um die Schuldenregel zu umgehen.

Schon zum 1. Januar 2021 sollen vom Bund ausgewählte Bedienstete der Landesverwaltungen für die Infrastrukturgesellschaft Verkehr tätig werden. Gleichzeitig soll die Gesellschaft die ihr übertragenen Aufgaben vollständig übernehmen. Damit geht die Bundesregierung offensichtlich davon aus, dass am 1. Januar 2021 die Reform der Bundesfernstraßenverwaltung abgeschlossen ist. Das sind äußerst ehrgeizige Pläne. Erfahrungen in Österreich zeigen, dass dieser Prozess dort deutlich länger gedauert hat – und das bei einem erheblich kleineren Straßennetz. So hat die österreichische ASFINAG erst nach neun Jahren die ihr übertragenen Aufgaben vollständig selbst übernommen. Der angestrebte Übergang in nur drei Jahren birgt die Gefahr, dass es bei Erhalt, Bau und Verfügbarkeit zu Problemen kommt. Will man den Übergang aber tatsächlich in drei Jahren schaffen, erscheint dies nur im Wege einer funktionalen Privatisierung realistisch – mit den soeben beschriebenen Konsequenzen. Stattdessen empfehle ich, in eine Übergangsphase einzutreten, in der die Verwaltung der Bundesfernstraßen schrittweise von den Ländern hin zu einer Gesellschaft des Bundes übertragen wird. In dieser Übergangsphase sollte dem Bund das Recht eingeräumt werden, das Wissen und die Erfahrungen der Beschäftigten der Landesverwaltungen zu nutzen. In der Übergangszeit sollten die Länder die Bundesfernstraßen weiter betreuen. Dies könnte über die Rechtsform der Organleihe erfolgen.

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