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Energiefressern auf der Spur

Rohstoffgewinnung, das Hauptgeschäft der Meichle + Mohr-Firmengruppe, zu der acht Einzelunternehmen mit 21 Standorten in der Region Bodensee gehören, ist energieintensiv. Auf dem Weg zu mehr Energieeffizienz und Ressourcenschonung hat sich Meichle + Mohr 2015 erstmals nach dem Energiemanagementsystem DIN EN ISO 50001 zertifizieren lassen, 16 Standorte der Firmengruppe waren dafür relevant.

Meichle + Mohr gewinnt Sand, Kies und Kalkschotter.

Der Schwimmbagger ist das Herzstück des Kies- und Betonwerks der Firma Meichle + Mohr in Radolfzell. Das 330 t schwere Gerät holt im Nassabbau den Rohkies aus dem bis zu 60 m tiefen Baggersee. Auf Transportbändern gelangt der Kies zu den Brechern, die ihn in verschiedene Körnungen zerkleinern. Rohstoffgewinnung, das Hauptgeschäft der Meichle + Mohr-Firmengruppe, zu der acht Einzelunternehmen mit 21 Standorten in der Region Bodensee gehören, ist energieintensiv. Allein für Strom muss die Firma mit Hauptsitz in Immenstaad über 2 Mio. Euro im Jahr aufwenden. Auf dem Weg zu mehr Energieeffizienz und Ressourcenschonung hat sich Meichle + Mohr 2015 erstmals nach dem Energiemanagementsystem DIN EN ISO 50001 zertifizieren lassen, 16 Standorte der Firmengruppe waren dafür relevant.

Der Schwimmbagger in Radolfzell gehört ebenso wie die Brecher zu den größten „Stromfressern“ bei Meichle + Mohr. Hinzu kommen etwa die Antriebe der Förderbänder und zahlreiche Pumpen. Alles in allem verbrauchen die Kies-, Schotter- und Betonwerke der familiengeführten Firmengruppe zwischen 10 und 15 GWh Strom im Jahr. „Im Bereich Energie musste bei uns etwas getan werden“, begründet Martin Maus, Energiebeauftragter bei Meichle + Mohr, die Einführung des Energiemanagements. Den letzten Anstoß dazu gaben neue gesetzliche Bestimmungen, wonach staatliche Vergünstigungen für energieintensive Unternehmen (z.B. der sogenannte „Spitzensteuerausgleich“) an die Einführung eines Energiemanagementsystems gekoppelt sind. Für Meichle + Mohr geht es dabei um eine sechsstellige Summe.

Um die Zertifizierung erfolgreich zu gestalten, aber auch um die Energieverbräuche und -kosten zu senken, holte sich Meichle + Mohr im Sommer 2014 das Beratungs-Unternehmen BFE Institut für Energie und Umwelt (Mühlhausen bei Heidelberg) an die Seite. Meichle + Mohr wünschte sich eine so genannte „Matrixzertifizierung“, bei der die einzelnen Unternehmen der Gruppe zusam-mengefasst werden. Die Zeit drängte: Denn beim Erstgutachten musste nach der Spitzenaus-gleich-Effizienzsystemverordnung (SpAEfV) bestätigt werden, dass das Unternehmen bis Ende 2014 mit der Einführung und dem Betrieb eines Energiemanagementsystems nach ISO 50001 begonnen hat. Die Geschäftsleitung hatte eine entsprechende Verpflichtungserklärung abzugeben, einen Energiebeauftragten zu ernennen und für die Erfassung und Analyse der eingesetzten Energieträger zu sorgen.

2015 fhrte das Unternehmen ein Energiemanagementsystem ein.Foto: Foto: Meichle+Mohr

Der Einführungsprozess begann im Juli 2014 mit einer durch den Projektleiter des Beratungs-Institutes moderierten Kick-Off-Veranstaltung für das Energie-Kernteam von Meichle + Mohr, an dem neben dem Energiebeauftragten auch die beiden Technischen Leiter sowie Geschäftsführer Oliver Mohr teilnahmen. „Wo stehen wir? Welche Schritte stehen jetzt an?“: Diese Fragen standen im Mittelpunkt.

In den nächsten Wochen folgten Ortsbegehungen des Instituts BFE gemeinsam mit dem Energiebeauftragten, Technischen Leitern und den einzelnen Betriebsleitern, um die wesentlichen „Verbraucher“ zu bestimmen und Einsparpotenziale aufzuspüren. Die Ergebnisse stellten später den Kern des Energieberichtes dar, den Meichle + Mohr dem Auditor vorlegte. Für Überraschung sorgte die Feststellung, dass der Energieverbrauch des firmeneigenen Fuhrparks den Strom noch übertrifft: Die Menge des benötigten Dieselkraftstoffs entspricht über 30 GWh.

Im Herbst 2014 wurde ein Mess- und Kennzahlensystem entwickelt, im Anschluss erfolgte die Ausstattung der Werke mit Stromunterzählern, um die Energieflüsse zum Beispiel der Brecher, Transportbänder oder Mischer in den Betonwerken genau zu erfassen. Momentan werden die Zähler noch manuell abgelesen, eine softwaregestützte Lösung soll in Kürze umgesetzt werden.

Weiter erarbeitete das um die Leiter der einzelnen Betriebe erweiterte Energie-Team im Rahmen von Workshops ein Handbuch. Es stellt das Energiemanagementsystem mit seinen Regeln dar und liegt an allen Meichle + Mohr-Standorten vor. Ebenso entstanden Beschreibungen der Arbeitsabläufe, Arbeitsanweisungen sowie die für die Dokumentation der Energieflüsse nötigen Nachweise und Formblätter. Integriert wurde die bereits an einzelnen Standorten angewendete Norm „Werkseigene Produktionskontrolle“ (WPK) der Bauindustrie. Eine Checkliste legt die wöchentlich, monatlich oder in größeren Abständen anfallenden Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten fest.

Der Fuhrpark erwies sich als besonders energiehungrig.Foto: Foto: Thomas Krger

Teil der Norm ISO 50001 ist auch die Schulung der Mitarbeiter, für die das Energie-Team einen detaillierten Plan erarbeitete. Den Beschäftigten werden Ziele und Strukturen des Managementsystems vermittelt, damit künftig jeder seine eigenen Ideen an die Werksleitung und das Energie-Team weiterleiten kann. Die Belegschaft mache davon bereits Gebrauch, freut sich Energiebeauftragter Martin Maus: „Verbesserungsvorschläge wie beispielsweise die Anschaffung eines neuen Trocknungsofens im Labor, eines neuen Brechers oder der Einbau neuer Wärmeschutzfenster gehen direkt auf die Kollegen zurück.“ Für die Fahrer der Meichle + Mohr-Lkw gibt es Trainings im Energie sparenden Fahrverhalten – mit Erfolg: Bis zu 10 % weniger Diesel verbrauchen die Fahrzeug-Lenker nach Absolvieren des Kurses.

Ob der Start des Energiemanagements gelungen war, hatte eine Zertifizierungsgesellschaft in einem zweistufigen Verfahren festzustellen. Zur Vorbereitung darauf führte das Institut BFE bei Meichle + Mohr ein internes Audit durch. Fachleute prüften an allen Standorten die bisherige Dokumentation und verschafften sich einen Eindruck, ob die Mitarbeiter das System auch verinnerlicht haben. Die Unternehmensleitung bewertete die Ergebnisse (Management Review) und konnte noch Lücken schließen, bevor der externe Auditor Ende April 2015 zum ersten Mal an den Bodensee kam. In der Verwaltung in Immenstaad prüfte er die ihm vorgelegten Dokumente, befragte Geschäftsleitung und Energie-Team, um sich von der Bereitschaft des Unternehmens zur Zertifizierung zu überzeugen und machte auf nötige Korrekturen aufmerksam.

Nur drei Wochen blieben Meichle + Mohr dann bis zur Stufe 2, für die sich der Auditor eine ganze Woche Zeit nahm. Nun standen neben der Analyse von Organisation und Aufbau des Managementsystems Begehungen von Standorten und Befragungen der Mitarbeiter im Mittelpunkt. Dabei mussten allerdings nicht alle 16 Betriebe geprüft werden. In einer Matrix wurden sieben Standorte ermittelt, die als „Stichprobe“ zusammen mit der Verwaltung detailliert unter die Lupe genommen wurden. Bei den jährlich anstehenden Wiederholungs-Audits wird der Zertifizierer nach und nach alle Standorte prüfen.

Drei Wochen nach Abschluss der zweiten Stufe des Audits erhielt Meichle + Mohr das Zertifikat mit der Bescheinigung, dass das Unternehmen ein Energiemanagementsystem nach ISO 50001 eingeführt hat und anwendet. „Der Bescheid kam gerade noch rechtzeitig, um zum 30. Juni den Antrag auf die Reduzierung der EEG-Umlage für das nächste Jahr zu stellen“, erinnert sich Energiebeauftragter Martin Maus. Der vom Institut BFE erstellte Energiebericht erleichterte nicht nur dem Auditor die Arbeit, sondern bietet die Grundlage für einen künftigen Aktionsplan des Unternehmens. Der Bericht stellt in einer Energiebilanz dar, wieviel Energie die einzelnen „Verbraucher“ jeweils benötigen. Daraus werden mögliche Einsparmaßnahmen abgeleitet und einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung unterzogen. „Dabei schreibt uns die Norm nicht vor, was wir wann zu tun haben“, betont Maus. „Sie verpflichtet uns aber, alle Bereiche zumindest zu betrachten.“

Die lange Liste technischer Einspar-Empfehlungen – von der Hallenbeleuchtung über die Regelung der Antriebe bis zur Druckanpassung an Kompressoren – will Meichle + Mohr „sukzessive abarbeiten“. Im kaufmännischen Bereich konnten die Preise durch Verhandlungen mit den regionalen Stromversorgern um etwa 5 %, beim Erdgas durch Lieferantenwechsel um ca. 10 % reduziert werden. (Thomas Krüger)

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