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Arbeitsrecht

Facebook: Was tun, wenn Mitarbeiter in sozialen Netzwerken pöbeln?

Ein Gespräch über Maßnahmen, wenn Arbeitnehmer-Äußerungen in sozialen Netzwerken dem Unternehmen schaden.

Inhaltsverzeichnis

Der Chef sei ein „fettes Schwein“ oder „den Kollegen haben se wohl ins Hirn geschissen“ – diese von Arbeitnehmern auf Facebook geposteten Original-Zitate wagen wir noch abzudrucken. Die Juristin Dagmar Marek-Pregler stellte jedoch auf dem diesjährigen Natursteintag Bayern weitere Äußerungen vor, denen wir aufgrund ihres diskriminierenden und menschenverachtenden Charakters kein Gesicht verleihen möchten. Wie können sich Arbeitgeber gegen Mitarbeiter wehren, die mit ihrem Verhalten in sozialen Netzwerken dem Ansehen der Firma schaden?

 

Die Steine-Erden-Industrie ist auf Facebook nur schwach vertreten. Ist das ratsam?

Dagmar Marek-Pregler: Das ist nicht mein Fachgebiet, aber nach unseren Erfahrungen ist ein Facebook-Auftritt nur dann sinnvoll, wenn sich jemand täglich darum kümmert. Andernfalls kann eine Diskussion auch in eine Richtung laufen, die so vielleicht nicht beabsichtigt war, z.B. bei Genehmigungsverfahren. Bei unsachlichen Äußerungen Dritter sollte der Unternehmer deshalb auf jeden Fall schnell reagieren können, was aber einen enormen Arbeitsaufwand bedeutet. Ich kenne jedoch viele Unternehmer, die mit ihren Mitarbeitern auf Facebook befreundet sind. Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden.

 

Welche Probleme für Unternehmen bringt das heutige Facebook mit sich?

Dagmar Marek-Pregler: Noch vor ein paar Jahren hatten die Unternehmen lediglich mit Geheimnisverrat zu tun oder dass Mitarbeiter die eigenen Produkte schlecht geredet haben. Mittlerweile verschieben sich die Probleme in Richtung politischer Äußerungen oder Beleidigungen von Vorgesetzten und Kollegen in den sozialen Medien, wobei das natürlich kein spezielles Thema der Steine und Erden-Industrie ist.

 

Gibt es eine Grenze zwischen privater freier Meinungsäußerung und Beleidigung?

Dagmar Marek-Pregler: Das ist oft sehr schwierig zu beurteilen. „Fettes Schwein“ ist definitiv eine Beleidung und hatte in diesem Fall auch rechtliche Konsequenzen in Form von Schmerzensgeld. Grundsätzlich können Sie jede Form der Beleidigung zur Anzeige bringen, die Aussicht auf Erfolg ist schwer pauschal zu beurteilen. 

 

Wie würden Sie als Arbeitgeber auf öffentliche Kritik eines Mitarbeiters reagieren?

Dagmar Marek-Pregler: Wichtig ist: Tun Sie was, wenn Ihnen die Äußerungen eines Mitarbeiters missfallen, auch wenn diese rechtlich vielleicht nicht zu beanstanden sind. Was nämlich alle Fälle gemeinsam haben, ist die Schwierigkeit nachzuweisen, dass der Arbeitnehmer eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung begangen hat. Denn Privates ist privat und geht den Arbeitgeber nichts an. Solange sich der Empfängerkreis in einem eingeschränkten Rahmen bewegt, handelt es sich in der Regel um private Äußerungen. Das gilt auch dann, wenn sich der Arbeitnehmer kritisch über die Produkte des eigenen Unternehmens äußert. Ich empfehle grundsätzlich immer zuerst das Gespräch mit dem Betreffenden zu suchen, weil vielen Arbeitnehmern gar nicht bewusst ist, was sie angestellt haben. Manche machen sich gar nicht klar, dass ein Post auf Facebook dem Arbeitgeber schaden könnte, es ist oft viel Naivität im Spiel. Reagiert der Mitarbeiter einsichtig, kann man es darauf beruhen lassen. Bei Uneinsichtigkeit oder schwerwiegenden Fällen sollten arbeitsrechtliche Konsequenzen folgen. Die unterste Stufe ist dabei die mündliche Ermahnung ohne Kündigungsandrohung, deutlich schärfer ist die schriftliche Abmahnung.  

 

Welche Voraussetzungen müssen für eine Abmahnung gegeben sein?

Dagmar Marek-Pregler: Es muss eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung vorliegen, das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer dauernd zu spät kommt oder seine Aufgaben nicht erledigt.

 

Wie verfasst man eine rechtssichere Abmahnung?

Dagmar Marek-Pregler: Eine Abmahnung ist mit viel Schreibarbeit verbunden. Die Pflichtverletzung muss bis in kleinste Detail beschrieben sein, denken Sie dabei an die Inhaltsangabe in der Schule: Wer hat was wann wie und wo gemacht? Im Zweifelsfall muss sich ein unabhängiger Dritter, etwa ein Richter im Kündigungsschutzprozess, der weder den Betrieb noch die Betriebsabläufe kennt, ein Bild von den Vorwürfen gegenüber dem Arbeitnehmer machen können. Es reicht nicht, wenn Sie nur schreiben: „Der Mitarbeiter hat vergessen, die Maschine XY abzuschmieren“, es sollten auch die Folgen aufgeschlüsselt werden, beispielsweise die Beschreibung eines Maschinenschadens. In eine vollständige Abmahnung gehört auch ein Hinweis, welche Konsequenzen im Wiederholungsfall drohen, einfach gesagt: „Lieber Herr X, Sie haben dieses und jenes falsch gemacht. In Zukunft erwarte ich von Ihnen… Erfolgt dies nicht, müssen wir Ihnen leider kündigen.“ Fehlt dieser Hinweis, ist die Abmahnung unvollständig und daher nicht gerichtsfest. Eine Abmahnung kann zwar auch mündlich erfolgen, wir raten jedoch dringend zur schriftlichen Abfassung.

 

Verjährt eine Abmahnung oder hat sie bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses Bestand?

Dagmar Marek-Pregler: Es war früher tatsächlich so, dass die Abmahnung ihre rechtsbindende Wirkung für eine Kündigung nach zwei Jahren verlor. Mit dem Emmely-Urteil 2010 hat sich das geändert. Abmahnungen verbleiben bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses in der Personalakte.

 

Zurück zu Facebook: Kann man als Arbeitgeber kritische Äußerungen vertraglich unterbinden?

Dagmar Marek-Pregler: Das ist kaum möglich, denn Sie müssten im Arbeitsvertrag alle denkbaren Pflichtverletzungen thematisieren. Und dann stellt sich ja wie gesagt immer die Frage, ob die kritische Äußerung überhaupt eine Pflichtverletzung darstellt.

 

Die Chefin eines Natursteinunternehmens beschwerte sich bei der Redaktion über ihren Auszubildenden, der in einem Interview erklärt hat, er wünsche sich mehr junge Kollegen im Steinbruch. Die Chefin wertete dies als Affront gegen die ältere Belegschaft. Kann dem Azubi eine Pflichtverletzung vorgeworfen werden?

Dagmar Marek-Pregler: Ich kenne den Fall nicht, so wie Sie es jedoch schildern, kann ich hier keine Pflichtverletzung ableiten. Natürlich hat jeder Arbeitnehmer, also auch jeder Auszubildende, eine Fürsorgepflicht gegenüber seinem Betrieb und sollte in Interview-Situationen nicht über den Betrieb herziehen. Doch selbst wenn sich der Azubi völlig despektierlich geäußert hätte, zum Beispiel die Ausbildung sei völlig ätzend und dreckig und absolut nicht zu empfehlen, läge trotzdem keine Pflichtverletzung vor.

 

Das war nicht der Fall, ganz im Gegenteil…

Dagmar Marek-Pregler: Wir haben oft die Schwierigkeit mit unterschiedlichem Empfänger- und Absenderhorizont. Was ganz harmlos gemeint war, kann eine Riesenexplosion auslösen. Meiner Meinung nach muss man einem Auszubildenden aber zugestehen, dass er sich noch nicht so auszudrücken weiß, wie es sich Erwachsene wünschen. Man sollte daher nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.

Ute Schroeter

 

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