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Feuertaufe für "Armano"

In den eingestürzten Anlageteilen des ehemaligen Munitionslagers Mitholz und im Schuttkegel davor liegen noch immer rund 3500 Bruttotonnen Munitionsrückstände. armasuisse Wissenschaft und Technologie untersucht, wie robotische Werkzeuge bei einer Räumung unterstützen können.

Das Schweizer Drohnen- und Robotik-Zentrum des VBS von armasuisse Wissenschaft und Technologie (W+T) besitzt verschiedene Forschungsdemonstratoren. Einer davon, ein unbemannter Schreitbagger, wurde nun erstmals in Mitholz eingesetzt. Das Ziel des Einsatzes war das ferngesteuerte Ausheben eines Grabens in munitionsverseuchter Umgebung.

Der Forschungsdemonstrator

Entwickelt wurde «Armano» (Articulated Robotic Manipulator for Numerous Operations) an der Eidgenössischen Tech¬nischen Hochschule Zürich (ETHZ) in Zusammenarbeit mit weiteren Partnern. Der Demonstrator besteht aus zwei Syste¬men: einer Teleoperationsstation inklusive Cockpit und einem Schreitbagger. Dieser ist in seiner kommerziellen Version mit vier Rädern und hydrostatischem Allradantrieb ausgestattet. Dadurch erreicht er eine Geländegängigkeit, welche jene von herkömmlichen Rad- oder Raupenfahrzeugen übertrifft. Dieser Schreitbagger kann inzwischen dank Forschungsinvesti¬tionen von armasuisse W+T unbemannt bedient werden und dürfte sich somit für Einsätze in Umgebungen mit grossem Gefahrenpotential für den Menschen eignen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Maschinen verfügt der Forschungsdemonstrator «Armano» über folgende besondere Eigenschaften:

• Automatisierter Unterwagen

Zur Automatisierung des Unterwagens wurden neue hydraulische Abstützzylinder und die dazugehörigen Komponenten entwickelt. Aufbauend auf Erkenntnissen der Laufrobotik im-plementierte die ETHZ eine Software, womit der Demonstrator seine Beine automatisch und optimal am Boden aufliegen lassen kann. Diese Automatisierung vereinfacht die Bedienung und erhöht zudem die Stabilität der Maschine im Gelände.

• Teleoperationsstation mit Cockpit

Forschende der ETHZ haben ein Cockpit realisiert, welches sich in einer Teleoperationsstation befindet. Das schwenkbare Cockpit erlaubt Baumaschinenführern eine intuitive Fernsteu¬erung des physisch entfernten, unbemannten Forschungsdemonstrators, auch über grössere Distanzen und ohne direkten Sichtkontakt. Der mit mehreren Kameras ausgestattete Demonstrator sendet aus seiner Umgebung erstellte Live-Bilder direkt an das Cockpit. Diese Aufnahmen werden auf total vier Bildschirmen dargestellt.

Die Automatisierung vereinfacht die Bedienung und erhöht zudem die Stabilität der Maschine im Gelände

• Drahtlose Kommunikation

Der Demonstrator kann über das zivile Mobilfunknetz oder über eine WLAN-Verbindung ferngesteuert und überwacht werden. Zusätzlich wurde ein militärisches Funksystem zur Fernsteuerung erfolgreich getestet.

• Fernbedienung

Armano lässt sich sowohl mit Hilfe von Kraftrückkopplungsgeräten als auch mit Kontrollern von Spielkonsolen steuern. Dies ermöglicht eine intuitivere Fernbedienung.

«Armano» wurde zur Fernbedienung und Automatisierung mit weiteren Sensoren ausgestattet, beispielsweise mit Kameras, GPS-Empfängern, inertialen Messeinheiten oder 3D-Laser-Distanzsensoren. Weltweit existieren zwei solche Demonstratoren: Einer bei der ETH Zürich zur Forschung sowie einer beim SDRZ VBS für anwendungsnahe Untersuchungen. Zusammen mit dem Kommando Kampfmittelbeseitigung und Minenräumung (Kdo KAMIR) des Lehrverbands Genie/Rettung/ABC (LVb G/Rttg/ABC) und Explosivstoffexperten von armasuisse Wissenschaft und Technologie fand im Januar 2020 der erste «scharfe» Einsatz statt.

Der Einsatz in Mitholz

In den eingestürzten Anlageteilen des ehemaligen Munitionslagers Mitholz und im Schuttkegel davor liegen noch immer rund 3'500 Bruttotonnen Munitionsrückstände. Im Rahmen eines Auftrages zum Aushub eines 95m langen Grabens im Aussenbereich der Anlage konnte «Armano» Anfang Januar 2020 das erste Mal eingesetzt werden. Es ging darum, die Grabarbeiten in munitionsverseuchter Umgebung ferngesteuert durchzuführen, um damit Baumaschinenführer ausserhalb der Gefahrenzone arbeiten zu lassen.

Bedient wurde der Demonstrator von lokalen Arbeitskräf¬ten. Die dazugehörige Teleoperationsstation mit dem schwenkbaren Cockpit war in sicherer Entfernung zum Graben stationiert. Während den ganzen Baggerarbeiten bestand kein direkter Sichtkontakt zwischen Baumaschinenführer und «Armano». Das Multikamerasystem des Demonstrators übertrug Umgebungsbilder mittels drahtloser Kommunikation zur Teleoperationsstation. Damit konnte der Maschinenführer im Cockpit jederzeit das Gebiet um den Schreitbagger überblicken und den Graben Stück für Stück ferngesteuert ausheben. Nach rund zwei Tagen war der Ersteinsatz des Demonstrators erfolgreich abgeschlossen, wobei verschiedene explosivstoffhaltige Munitionsüberreste, Munition ohne Explosivstoffe sowie Eisenschrott freigelegt wurden.

Wie weiter

Der Einsatz in Mitholz zeigte das grosse Potential des fern¬gesteuerten Demonstrators «ARMANO» im risikobehaf¬teten Gelände auf. Zudem wurden Erkenntnisse für eine Verbesserung der Fernsteuerung gewonnen, vor allem bezüglich Ergonomie des Cockpits, Umgebungswahrneh¬mung und Kommunikationsinfrastruktur. Im Vordergrund der Weiterentwicklung stehen nun die Optimierung der konventionellen Fernbedienung sowie die Erweiterung mit neuartigen Mensch-Maschine-Schnittstellen, beispielsweise durch Elemente der virtuellen Realität. Zudem wird in For-schungskooperationen untersucht, wie der Demonstrator Aufgaben stärker automatisiert lösen kann, wie etwa das automatische Errichten von Schutzwällen. In welchen Sze¬narien «ARMANO» zukünftig im Einsatz stehen wird, wird sich zeigen – Potenzial und Möglichkeiten sind vorhanden.

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