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Materialengpässe, klamme Kommunen, Fachkräftemangel 8. April 2021

Hochbau brummt, Straßenbauer in Sorge

60% der Straßenbauer sorgen sich über die konjunkturelle Entwicklung. Gründe sind vor allem die klammen Kommunen. Dies ist ein Ergebnis der aktuellen Frühjahrsumfrage des ZDB.

Die klammen Kassen der Kommunen bereiten vielen Straßenbauern Sorgen.
Die klammen Kassen der Kommunen bereiten vielen Straßenbauern Sorgen.
Inhaltsverzeichnis

Über alle Bausparten gesehen, stellt sich die Situation positiver da, wenn auch die Aussichten ein wenig eingetrübt sind. „Unsere Mitgliedsunternehmen melden eine solide Auftragslage. Ihre Geschäftserwartungen beurteilen sie hingegen deutlich verhaltener. Folge der globalen Corona-Pandemie sind Lieferschwierigkeiten bei verschiedenen, insbesondere global gehandelten Baumaterialien.“ Mit diesen Worten fasst der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, Felix Pakleppa, die wesentlichen Ergebnisse der Frühjahrsumfrage unter seinen Mitgliedsbetrieben zusammen.

Positives Gesamturteil

Insgesamt wird die Geschäftslage von den Unternehmen gut (45%) oder zumindest als befriedigend (36%) eingestuft. 19% der Unternehmen bewerten ihre Geschäftslage als schlecht. Das insgesamt positive Gesamturteil wird maßgeblich durch die Unternehmen im Wohnungsbau und Ausbau beeinflusst.  Mehr als 70% der im Wohnungsbau tätigen Unternehmen und 60% der im Ausbau tätigen Unternehmen bewerten ihre Geschäftslage als gut. Unter den überwiegend im Wirtschaftsbau, Straßenbau oder öffentlichen Hochbau tätigen Unternehmen sind das jedoch nicht einmal 30%.

Deutlich skeptischer hingegen beurteilen Unternehmen aller Bausparten die Geschäftserwartungen der kommenden Monate. Fast 20% sehen eine Verschlechterung der Situation; zwei Drittel gehen von einer stabilen Baukonjunktur aus; und nur 14% erwarten eine weitere Verbesserung.

Umsatzerwartung und Auftragslage

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Die gegenwärtige Auftragslage im Wohnungsbau und im Ausbau wird überwiegend als gut wahrgenommen (65 bzw. 53%). Die Corona-Pandemie hat die Nachfrage im Wohnungsbau bisher nicht beschädigt. „Wer in Homeoffice arbeiten kann, sucht jetzt eher ein Eigenheim mit guter Verkehrsanbindung. Rund 9.500 Wohnungen wurden 2020 in Wohngebäuden mehr genehmigt als in 2019, davon liegen ca. 6.500 in Ein- oder Zweifamilienhäusern“, so Pakleppa.

Daher erwarten die Unternehmen in 2021 auch ein Umsatzwachstum. Die stabil hohe Nachfrage im Wohnungsbau und die verbesserten Rahmenbedingungen für Sanierungen stützen diese Geschäftsfelder.

Öffentlicher Straßenbau in Schieflage

Im öffentlichen Hoch- und Straßenbau sind es hingegen nur jeweils 21% der Unternehmen, die zu einer guten Beurteilung ihrer Auftragslage kommen. Dies korrespondiert mit der Einschätzung der Unternehmen zum Investitionsverhalten der Kommunen. Fast 57% sehen ein schwächeres Investitionsverhalten als im Vorjahr.

„Die Lage der Kommunalhaushalte ist und bleibt prekär. Auch wenn das Konjunkturpaket 2020 stützend gewirkt hat, bleibt die Investitionsneigung der Kommunen fragil. Es braucht daher einen zweiten Rettungsschirm für die Kommunalfinanzen mindestens für 2021 und 2022“, fordert Pakleppa. „Auch der Bund selbst bleibt in seiner Eigenschaft als Auftraggeber aufgefordert, die geplanten Investitionen in die Infrastruktur aufrechtzuerhalten.“

Daher gehen die Unternehmen hier auch von einer rückläufigen Umsatzentwicklung in 2021 aus. Für den öffentlichen Bau sehen nur 13% der Unternehmen Steigerungen im Straßenbau, etwa 60% rechnen dagegen mit Rückgängen.

Wirtschaftsbau unter Coronaeinfluss

Auch im Wirtschaftsbau sehen weniger als 30% der Unternehmen eine gute Auftragslage. Hier werden die Bremsspuren der im letzten Jahr coronabedingten rückläufigen Aufträge aus der Industrie und den Dienstleistungsbereichen sichtbar. Etwa 44% erwarten weniger Aufträge.

Fachkräftemangel und Lieferschwierigkeiten

Unter den Behinderungsgründen der Bautätigkeit stechen zwei Faktoren hervor, die von jeweils zwei Dritteln der Unternehmer genannt wurden: Das sind der Fachkräftemangel und Lieferschwierigkeiten bei Material.  Während der Fachkräftemangel schon länger beklagt wird, ist die mangelnde Materialverfügbarkeit, insbesondere global gehandelter Rohstoffe wie Stahl und Erdölprodukte, ein Phänomen der aktuellen Corona-Pandemie.

Engpässe bei Stahl, Kunststoff und Holz

Während zwei Drittel der Unternehmen bei mineralischen Rohstoffen wie Sand, Kies, Beton und Zement noch eine problemlose Verfügbarkeit sehen, sind es bei Stahl nur knapp 30%, bei Kunststoffen ca. 20% und bei Holz gar nur 16%. Holz, eigentlich auch ein Rohstoff der in Europa gewonnen wird, war durch die Corona-Pandemie aber auch wegen extremer Witterungen weltweit stärker in den globalen Handel gezogen worden. Die USA und China sind hier derzeit große Abnehmer.

Baumaterial wird teurer

Annähernd alle befragten Unternehmen haben in den letzten drei Monaten Preissteigerungen bei Baumaterial festgestellt, 75% sprechen von deutlichen Preissteigerungen und 22% nur von leichten. Auch für die kommenden Monate wird mit anhaltenden Preissteigerungen gerechnet. Die Verknappung von Materialien sowie die insgesamt noch hohe Nachfrage nach Bauleistungen treiben die Einkaufspreise weiter in die Höhe. Über die Hälfte der Unternehmen sehen derzeit ein deutlich erhöhtes Preisniveau bei Stahl, Bitumen und Kunststoffen.

Daher ist auch mit steigenden Baupreisen zu rechnen, denn 60% der Unternehmen planen, in den folgenden Monaten ihre Verkaufspreise entsprechend anzupassen, nachdem dies in den vergangenen Monaten nur gut der Hälfte der Unternehmen gelungen war.

Bald 900.000 Beschäftigte

Wie bereits in den letzten Jahren wollen die Unternehmen den Beschäftigungsaufbau weiter fortsetzen. Gut 22% der Unternehmen planen, weiteres Personal einzustellen. Ganz überwiegend (71%) soll das Personal gehalten werden. „Der Beschäftigungsaufbau in der Bauwirtschaft hält mittlerweile schon 13 Jahre an. Im Jahr 2009 verfügte das Bauhauptgewerbe noch über rund 700.000 Beschäftigte. In 2020 waren es fast 893.000 Beschäftigte. Für 2021 erwarten wir das Erreichen der Marke von 900.000 Beschäftigten“, berichtet der ZDB-Hauptgeschäftsführer. „Darüber hinaus möchten mehr als ein Viertel der befragten Unternehmen mehr ausbilden, was allerdings nicht immer gelingt. Knapp die Hälfte der Unternehmen meldet freie Lehrstellen.“

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