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Analyse

Hydrauliköl auf Probe

Eine Ölanalyse gibt nicht nur Auskunft über das Öl selbst. Die Prüfdaten informieren auch über den Maschinenzustand. Unser Autor erklärt die Voraussetzungen für eine objektive Ölanalyse.

Conducting laboratory experiments with oil
Inhaltsverzeichnis

Für einen störungsfreien Betrieb einer Hydraulikanlage ist der Ölzustand von immenser Wichtigkeit. In bestimmten Abständen sollte also das Hydrauliköl überprüft werden. Eine Ölanalyse gibt aber nicht nur Auskunft über das Öl selbst. Die Prüfdaten sagen auch einiges über den Maschinenzustand aus. Werden die Daten elektronisch weiterverarbeitet, so ist über eine Trendanalyse sogar ein Blick in die Zukunft möglich. Grundvoraussetzung für all das ist aber eine professionelle Ölprobeentnahme.

Über das „Wo“ ist das „Was“ entscheidend

Bei der Ölprobeentnahme gibt es nicht nur einen Fehler, es ist eine Anzahl von Dingen, die fehllaufen können. Schon vorweg sei darauf hingewiesen, dass es sehr sinnvoll ist, einen betriebsinternen Ablaufplan (Checkliste) für die Probeentnahme auszuarbeiten. Nachfolgend einige wichtige Grundregeln für die Ölmusterentnahme:

  • Liegt der Untersuchungsfokus auf dem Wassergehalt des Hydrauliköls, reicht die Tankentnahme aus.
  • Möchte man die Reinheitsklasse des Hydraulikfluids überprüfen, kommt eine Entnahme aus dem Rücklauf in Frage.
  • Information über das Verschleißverhalten bestimmter Anlagenkomponenten erhält man, indem die Entnahme unmittelbar dahinter erfolgt.
  • Ist der Komponentenschutz relevant, ist eine Ölentnahme vor dem Bauteil sinnvoll.
  • Die Ölentnahme sollte immer an der gleichen Stelle erfolgen. Eine leichte Zugänglichkeit muss langfristig gewährleistet sein.

Besonderheiten beim Filter

Unsicherheit besteht oft auch bezüglich des Filters. Die Antwort ist relativ einfach. Informationen über den allgemeinen Anlagenzustand bekommt man, wenn die Entnahmestelle vor dem Filter liegt. Befindet sie sich nach dem Filter, spiegelt das Analysenergebnis den Ölzustand wider, der der Anlage zugeführt wird. Nur eines darf man nicht tun; die Ölprobe aus dem Filter entnehmen. Das Prüfergebnis wäre weitgehend unbrauchbar.

Bei der Tankentnahme sind einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Ölproben die direkt aus dem Ölsumpf oder an der tiefsten Stelle gezogen werden, können zu viel Schlamm, abgesetztes Wasser oder Abrieb enthalten. Wird die Probe von der Öloberfläche abgeschöpft, werden Verschmutzungen wie Abrieb oder Wasser nicht ausreichend erfasst. Die Tankmitte ist also die Stelle für eine aussagekräftige Analyse.

Der richtige Entnahmezeitpunkt

„Industrie 4.0“ oder „pendictive Maintenance“ verbieten eigentlich einen zeitgesteuerten Analysenrhythmus. Immer mehr Instandhaltungen gehen heute dazu über, den Entnahmezeitpunkt zu variieren und prozess- und auslastungsorientiert vorzunehmen. Basisinformation kann die Maschinendokumentation der Hersteller sein. Werden die Analysenergebnisse elektronisch erfasst und ausgewertet, so lassen sich zustandsorientierte Inspektionsrhythmen für die Ölanalyse festlegen. Das ist nicht nur gut für die Hydraulikanlage, sondern spart auch Kosten.

Die Probeentnahme

Aussagekräftige Analysenergebnisse erfordern auch die Festlegung des Probeprozesses. Gerade bei Reihenuntersuchungen ist es notwendig, die Eckdaten des Entnahmeprozesses exakt festzulegen. Folgende Punkte sind zu beachten:

  • Die Probeentnahme sollte, wenn immer möglich, unter dynamischen Bedingungen erfolgen. Die Hydraulikanlage sollte betriebswarm sein.
  • Vor der Entnahme sollten bei voller Pumpenfördermenge alle Maschinenbewegungen mehrmals ausgeführt werden.
  • Selbstreinigung des Entnahmeventiles, indem man 100 bis 200 ml der Fluids abfließen lässt.
  • Bei der Ölentnahme aus dem Tank: die Entnahmestelle gut reinigen, damit keine äußerVerschmutzung das Ergebnis verfälscht.


Noch ein Wort zum Probegefäß. Als Probegefäße dürfen niemals Gläser, Trinkflaschen und ähnliche Gebinde aus dem Haushalt benutzt werden. Ein sicherer Weg ist es die Probesets der prüfenden Labors zu verwenden. Diese erfüllen die entsprechenden Reinheitsanforderungen und sind auch medienbeständig. Werden Syntheseöle abgefüllt, ist es dennoch ratsam die Verträglichkeit abzuklären. Bestimmte Syntheseöle können Kunststoffe angreifen. Im ungünstigsten Fall diffundierten Weichmacher in das Öl hinein und können die Schmierstoffzusammensetzung verändern.

Auch Randinformationen interessieren

Die meisten Prüflabore haben Probenbegleitscheine Ein lückenloses Ausfüllen ist Pflicht. Für die Interpretation des Analysenergebnisses sollten auch Randinformationen mit herangezogen werden. So zum Beispiel, eventuelle Belastungs- oder Temperaturänderungen, eine Lieferanten- oder Produktumstellung oder die Nachfüllmenge zwischen zwei Analysen.

Viele nutzen das Potenzial der Ölanalyse bei weitem noch nicht. Der Hinweis des Analysenlabors, zum Beispiel Ölwechsel, wird wohl meistens befolgt, mehr aber auch nicht. Vorausgesetzt die Ölprobe wird richtig entnommen, sind die Analysenergebnisse eine wahre Fundgrube über den Anlagenzustand. Man muss sich nur die Mühe machen, das Analysenergebnis auf die Anlage zu übertragen. Schnell werden dann die wirklichen „Ölkiller“ entdeckt. Helmut Winkler

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