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Archiv 23. September 2015

Keine Angst vor Euro V

Während zahlreiche Motorenhersteller stolz ihre neuen und hochmodernen Dieselmotoren präsentieren, droht am Himmel bereits der nächste Regenguss: Die Euro-Abgasstufe V. Worauf müssen sich Unternehmen einstellen?

Erst EU-Stufe III (A und B), dann EU-Stufe IV Interim sowie anschließend noch Final. Die Hersteller von Dieselmotoren und Baumaschinen sowie deren Kunden bekamen in kürzester Zeit einen Crashlehrgang für Abgastechnik serviert. Vor wenigen Jahren löste – selbst auf Fachmessen - eine Frage nach Abgastechnik bei Dieselmotoren noch ein hilfloses Achselzucken aus, es sei denn, es war zufällig ein Experte aus der Forschungs- und Entwicklungsabteilung anwesend. Heute spricht eigentlich jeder Vertriebsmitarbeiter recht kenntnisreich über AGR (Abgasrückführung), DOC (Dieseloxidationskatalysator), DPF (Dieselpartikelfilter) sowie SCR (Selektive Katalytische Reduktion).

Senkung von Partikelmasse und Partikelanzahl

Obwohl die meisten Hersteller und Kunden inzwischen das Einmaleins der Abgastechnik gut beherrschen, dürfen sie sich auch künftig auf eine neue Inspirationsquelle einstellen: Die Euro-Abgasstufe V. Ja, sie wird definitiv kommen und zwar voraussichtlich schon ab dem 1. Januar 2019. Der Termin steht nahezu fest, die konkreten Abgasgrenzwerte dagegen noch nicht. So können sich die Entwickler im Jahr 2015 schon mal seelisch auf diesen Zeitpunkt einstellen, leider nur nicht auf konkrete Vorgaben. Kleinmotoren (weniger als 19 kW), welche bis dato von Abgasgrenzwerten komplett verschont wurden, werden mittels EU-V wohl ebenso reglementiert, wie die ganz großen Brocken mit Leistungen von über 560 kW, die in Europa bisher ebenfalls keine Abgasgrenzwerte einzuhalten brauchten. Beides ist allerdings zwingend geboten, denn Kleinmotoren sind millionenfach im Einsatz und Großmotoren weisen von Haus aus schon riesige Emissionswerte auf. Allein Mini-DOCs, also Dieseloxidationskatalysator, werden in kleinsten Größen schon jetzt recht kostengünstig angeboten und Kleinmotoren, die damit bestückt sind, schonen die Umwelt und vor allem den Bediener erheblich (nicht nur beim Rasenmähen oder bei Kettensägenarbeiten). Und ob ein riesengroßer Muldenkipper, der Millionen an Euro kostet, wirklich sehr viel teurer wird, wenn er mit einem Abgassystem bestückt ist, dürfte eher zu bezweifeln sein. Das merkt man als Kunde doch kaum und die moderne Abgastechnik arbeitet inzwischen recht klaglos.

Bei den gängigen Motoren mit Leistungen von 56 bis 560 kW wird sich vor allem bei der Partikelmasse und (ganz neu) bei der Partikelanzahl etwas ändern. Besonders die Festlegung der Partikelanzahl stößt vielen Motorenherstellern sauer auf, denn das bedeutet in der Regel, dass ein DPF zwingend einzubauen ist. Die Nutzfahrzeughersteller beherrschen diese Anforderungen dank Euro-VI inzwischen und die Abgastechnik ist seit langem verfügbar. Ergo dürfte auch auf die Produzenten von Non-Road-Motoren keine allzu großen Schwierigkeiten zukommen - immerhin verbauen zahlreiche Non-Road-Motorenhersteller bereits heute DPF und verfügen daher über ausreichende Erfahrungen.

So proklamierte die Deutz AG, Köln, ein renommierter Hersteller von Dieselmotoren speziell für die Agrar-, Bau- und Rohstoffbranche, auf der diesjährigen Intermat in Paris, dass deren Motoren bereits heute die kommende Abgasnorm EU Stufe V erfüllen würden. Zumindest seien sie darauf vorbereitet. Dank ihres modularen Systembaukastens zur Abgasnachbehandlung mit der Abkürzung "DVERT" (Deutz Variable Emissions-Reduktions-Technologie) lassen sich viele Motoren mit einem Dieselpartikelfilter ausrüsten und dürften somit die zukünftigen Grenzwerte einhalten. Wollen wir dann mal hoffen, dass die Bürokraten in Brüssel nicht noch ein anderes Abgasei ausbrüten. Die Finalisierung der Regelung wird nämlich erst Anfang 2016 erwartet.

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Die Kölner hatten bereits für die 2014 eingeführte vierte Abgasstufe (EU IV / US EPA Tier 4) die meisten Motoren komplett neu entwickelt. Dabei wurde eine moderne Abgasnachbehandlung gleich mit implementiert. Mit Hilfe eines geschlossenen Dieselpartikelfilters sollen diese Motoren die Stufe V erfüllen. Für die OEM-Kunden bedeutet dies, dass sie keine kostspieligen Änderungen zur Erfüllung der nächsten Emissionsstufe berücksichtigen müssen, da die Baugröße sowie die Ausführung der Motoren identisch blieben. Darunter fallen viele Motoren im Bereich von 2,9 bis 7,8 Liter Hubraum.

Euro V bereits eingebaut

Abgesehen von den Emissionswerten entwickelten die Kölner ihre Motoren konsequent weiter inklusive einem geringen Kraftstoffverbrauch. Alle Motoren mit DPF sind zudem ohne zusätzliche Funkenfänger nach EN 1834 zertifiziert, was ihren Einsatz auch an Orten mit erhöhter Brandgefahr ermöglicht.

Terex setzt in seinem neuen Baggerlader TLB840R den kompakten, wassergekühlten Vierzylinder High Torque Motor TCD 3.6 der Kölner ein. Er leistet 55 kW (75 PS) und bietet ein Drehmoment von immerhin 390 Nm und das bei nur 1.300 Umdrehungen pro Minute (U/min). Die Leistung von 55 kW bleibt über den gesamten Drehzahlbereich von 1.500 bis 2.200 U/min konstant. Um den Motor trotz knapper Platzverhältnisse einbauen zu können, haben die Motoreningenieure die besonders schmale Landtechnikvariante des TCD 3.6 mit Komponenten aus der Industrieanwendung kombiniert. Zudem wurde das Motormanagement dem hochdynamischen Baggerbetrieb angepasst. Die wassergekühlten Vierzylinder TCD 3.6 gibt es mit Leistungen von 55 kW bis 100 kW und Drehmomenten bis 500 Nm.

Im Juni 2014 wurde die Hyundai Cummins Motorenfabrik in Daegu, Südkorea, fertiggestellt. Damit haben sich zwei Marktführer eng zusammengeschlossen, um heutige und zukünftige Anforderungen begegnen zu können. Dort sollen jährlich 50.000 Dieselmotoren produziert werden. Dank der gemeinsamen Motorenfabrik ist eine stabile Versorgung mit hochwertigen Motoren für die Baumaschinenabteilung von Hyundai Heavy Industries (HHI) gesichert. Dieser Umstand stellt auch in Anbetracht der neuen, weltweiten Abgasnormen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil dar.

Auf der Intermat präsentierte Hyundai neue Mini- und Midibagger wie den R17Z-9A, der ab sofort erhältlich ist, sowie den R25Z-9A mit neuem Kubota-Motor. Beide erfüllen die aktuelle Abgasnorm Stufe IV / Tier 4 Final. Darüber hinaus wurden dem Fachpublikum einige schwere Industriebagger vorgestellt. Die neue HX-Baureihe reicht vom Modell HX220L (25 Tonnen Betriebsgewicht) bis hin zum größten Modell, einem HX520L mit 52 Tonnen Betriebsgewicht. An ihrem frischen Design sind diese schweren Industriebagger sofort zu erkennen.

Neue Bagger braucht das Land

Die beiden kleineren Modelle HX260L und HX300L sind mit den Dieselmotoren Cummins QSB 6.7 ausgerüstet, die die EU Stufe IV / Tier 4 Final erfüllen und 142 kW / 193 PS (HX260L) respektive 180 kW / 245 PS bei jeweils 1.950 U/min leisten. Die Cummins-Dieselmotoren QSL 9 der beiden Industriebagger HX330L sowie HX380L mit Betriebsgewichten von 33,5 und rund 39 Tonnen leisten 212 kW / 288 PS (bei 1.800 U/min) respektive 236 kW / 321 PS (bei 1.650 U/min). Sie erfüllen dieselbe Abgasnorm. Zudem sollen sie besonders zuverlässig sein und sich durch einen Kraftstoff-Minderverbrauch von 8 % auszeichnen. Alle Cummins-Dieselmotoren hatten ein umfangreiches Testprogramm durchlaufen, das auch verschiedenste klimatische Bedingungen enthielt. Die meisten Cummins-Motoren lassen sich ohne großen Aufwand so umrüsten, dass auch zukünftige, schärfere Abgasgrenzwerte sicher eingehalten werden. Die diversen Abgastechnologien sind in der Praxis bereits voll erprobt.

Das Topmodell, der HX520L mit seinem Betriebsgewicht von 52,4 Tonnen verfügt über einen Scania DC13 084A (gemäß EU Stufe IV / Tier 4 Final), der eine Motorleistung von 331 kW / 450 PS (bei 1.900 U/min) abgibt. Die bewährten Scania DC13-Industriemotoren verfügen als 13-Liter-Reihensechszylinder über Leistungen von 400 bis 550 PS (294 bis 405 kW). Die 9-Liter-Reihenfünfzylinder (DC9) mit 275 bis 400 PS (202 bis 294 kW) sowie die bekannten 16-Liter-V8-Dieselmotoren (mit 550, 650 oder 700 PS = 405, 478 oder 515 kW) werden in zahlreichen Fahrzeugen der Bau- und Rohstoffbranche gerne eingesetzt. Egal ob in Dumper / Muldenkipper, in Steincrusher oder in Autokrane, diese Dieselmotoren verfügen über hohe Leistungen bei kompakten Abmessungen, bieten einen geringen Kraftstoffverbrauch und sie sind sehr zuverlässig.

Komatsu Europe will mit dem neuen Hydraulikbagger PC240LC-11 größere Claims auf dem europäischen Markt abstecken, dank eines umweltfreundlichen (EU Stufe IV / Tier 4 Final) und verbrauchsfreundlichen Komatsu-Dieselmotors. Dieser leistet 141 kW (192 PS; bei 2.000 U/min) und weist eine bis zu 6% verbesserte Kraftstoffeffizienz auf. Der neue Hydraulikbagger soll besonders produktiv, zuverlässig und leistungsfähig sein - bei stark reduzierten Betriebskosten. Das Führerhaus wurde nach den ROPS-Kriterien konstruiert. Der 6,7 Liter Komatsu-Turbo-Dieselmotor vom Typ SAA6D107E-3 (ein 6-Zylinder mit Common-Rail-System) verfügt über einen DPF und einem SCR-System. Damit dürfte er auch ohne große Schwierigkeiten an neue Abgasgrenzwerte einfach anzupassen sein.

Für leistungsintensive Anwendungen entwickelt

Die Marke MTU, als Teil von Rolls-Royce Power Systems, bietet zahlreiche Industriemotoren an, die in Bagger, Radlader und Muldenkipper zum Einsatz kommen. So präsentierte die Bell Equipment in Paris den Prototyp ihres neuen Muldenkippers B50E. Dieser wird von einem MTU-6-Zylinder-Reihenmotor der Baureihe 1300 mit einer Leistung von 390 kW angetrieben. Die Motorenbaureihen 1000 bis 1500 wurden speziell für leistungsintensive Anwendungen im Bau-, Industrie- und Agrarbereich entwickelt und basieren auf Nutzfahrzeugmotoren von Daimler. Die Emissionsvorschriften EU-Stufe IV / Tier 4 Final erfüllen sie durch Abgasrückführung und einem SCR-System. Die Motoren mit Leistungen von 100 bis 460 Kilowatt kommen beispielsweise in Mobilkränen, Muldenkippern, Radladern, Straßenbaumaschinen, Teleskopstaplern sowie in Fahrzeugen für den Untertagebau zum Einsatz. So wird der Bell-Muldenkipper B30E von einem 260 kW starken MTU-Motor 6R 1000 angetrieben. Der gleiche Motor sorgt bei der Bomag Fräse BM 1000/35 für den nötigen Vorschub. Magni Telescopic Handlers sowie Manitou Teleskopstapler setzen ebenfalls auf die Motoren von MTU und zwar auf die 4-Zylinder-Reihenmotoren MRT3255, welche je 170 kW leisten.

Rundum verbessert, sind die neuen hochgeländefähigen Unimogs von Mercedes-Benz unterwegs. Bei den Modellen U 4023 und U 5023 kommt der neue drehmomentstarke BlueEfficiency Power BlueTec VI-Motor, ein Vierzylinder (Typ OM 934) mit einem Hubraum von 5,1 Liter, einer Leistung von 170 kW (231 PS) und einem Drehmoment von 900 Nm zum Einsatz. Im Vergleich zu den bisherigen Euro-V-Motoren konnten die Stickoxid- sowie die Rußemissionen beim neuen um 90 % gesenkt werden.

Das Unimog Getriebe wurde optimiert und leistungsgesteigert, so dass die Schaltzeiten bei gleichzeitiger Erhöhung der Lebensdauer nunmehr kürzer sind. Wie bisher stehen acht Vorwärts- und sechs Rückwärtsgänge zur Verfügung. Zudem gibt es auf Wunsch eine spezielle Geländegruppe für Offroad-Einsätze im Geschwindigkeitsbereich zwischen 2,5 und 35 km/h. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Typen liegt in den Achsen und im Rahmen, also in den Achslasten und dem Gesamtgewicht. Beim U 4023 beträgt letzteres maximal 10,3, beim U 5023 sind es maximal 14,5 Tonnen. Beide Typen verfügen über den gleichen Radstand von 3.850 mm. Nach wir vor werden diese Unimogs als Spezialfahrzeuge oder Zugfahrzeug im Tagebau und in der Rohstoffindustrie sehr gerne eingesetzt. Die modernen Motoren lassen sich zukünftigen Abgasnormen einfach anpassen.

Verbrennungsmotor oder Elektroantrieb?

Gar keine Sorgen um schärfere Abgasgrenzwerte müssen sich Hersteller und Kunden machen, wenn sie auf Elektroantriebe setzen. So präsentierte Wacker Neuson auf der Intermat den ersten Radlader mit Elektroantrieb für emissionsfreies Arbeiten. Der WL20e mit einem Schaufelinhalt von 0,2 m3 verfügt über zwei Elektromotoren: Einen für den Fahrantrieb und einen für die Arbeitshydraulik. Diese sorgen dafür, dass die Leistungsmerkmale des Radladers WL20e denen der konventionellen Maschine entsprechen. Die Geländegängigkeit ist analog zum dieselbetriebenen Modell WL20. Beim Arbeiten mit dem neuen Radlader entstehen keine Verbrennungsabgase, ein Aspekt, der beispielsweise auf Baustellen im innerstädtischen Bereich, bei Arbeiten in Innenräumen, unter anderem in Produktionshallen und Gewächshäusern, bei Gebäudesanierungen oder in Parkgaragen immer wichtiger wird. Die Energiekosten des Radladers WL20e sollen unter denen eines dieselbetriebenen Modells liegen. Einsparungen bis zu 48 % sollen möglich sein. Zudem sollen sich zusätzliche Kostenvorteile in Wartung und Service ergeben, da weniger Bauteile und Komponenten verwendet werden, die Verschleiß ausgesetzt sind. (Robert Ruthenberg)

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