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Teer 25. Juli 2022

Neues Recyclingverfahren für teerhaltigen Straßenaufbruch

Im Projekt „InnoTeer“ entwickeln 4 Fraunhofer-Institute eine Alternative, um Teer aus Straßenaufbruch unschädlich zu machen und die Gesteinskörnungen in hoher Qualität zurückzugewinnen.

Fraunhofer-Forscherteams entwickeln ein mehrstufiges Verfahren, um teerhaltigen Straßenaufbruch in dezentralen Anlagen effizient aufzubereiten
Fraunhofer-Forscherteams entwickeln ein mehrstufiges Verfahren, um teerhaltigen Straßenaufbruch in dezentralen Anlagen effizient aufzubereiten
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Im Projekt „InnoTeer“ entwickeln die Fraunhofer-Institute für Bauphysik (IBP), für Materialfluss und Logistik (IML), für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (Iosb) und für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht) nun ein mehrstufiges Verfahren, um teerhaltigen Straßenaufbruch in dezentralen Anlagen effizient aufzubereiten. Das Projekt, das bereits am 1. April 2022 startete und über ein Gesamtbudget von 3,5 Mio. Euro verfügt, hat eine Laufzeit von 3 Jahren.

„Unsere Ziele im Projekt sind klar: weniger CO2-Emissionen durch weniger Transporte und eine Behandlung bei niedrigeren Temperaturen. Gleichzeitig eine bessere Qualität und größere Menge, an recyceltem Material für den Wiedereinbau in neue Straßen. Die Deponierung soll am Ende nahezu vollständig vermieden werden«, erläutert Projektleiter Dr. Alexander Hofmann von Fraunhofer-Institut Umsicht.

Ein neues Verfahren

Damit nur die teerhaltigen Bestandteile aus dem Straßenaufbruch weiter behandelt werden müssen, und der Rest des Materials im Ursprungszustand erhalten bleibt, wird am Fraunhofer-Institut Iosb ein Verfahren zur optischen Erkennung von Teer entwickelt. Hierfür kommen insbesondere spektroskopische Verfahren zum Einsatz. „Eine besondere Herausforderung liegt dabei in der Unterscheidung des teerhaltigen Materials von den Gesteinskörnungen und dem schwarzen Bitumen“, erklärt Georg Maier vom Iosb. Das Verfahren wird dann für den echtzeitfähigen Einsatz optimiert und in ein optisches Schüttgutsortiersystem integriert. Damit lassen sich die unbelasteten Anteile des Straßenaufbruchs sicher von den teerhaltigen Anteilen trennen. Nicht kontaminiertes Material kann sofort wiedereingesetzt werden.

Für die teerhaltigen Teile gibt es ebenfalls einen neuen Lösungsansatz. Diese werden nicht wie bisher CO2-intensiv verbrannt, sondern bei niedrigeren Temperaturen unter Sauerstoffabschluss pyrolysiert. Der Teer wird dabei thermisch zersetzt und kritische Inhaltsstoffe werden unschädlich gemacht. Die Gesteinskörnung bleibt unbeschädigt. Quasi als Nebenprodukt entsteht ein Synthesegas, das zur Energiegewinnung genutzt werden kann.

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2025 die erste Anlage

Übrig bleiben Sand, Kalkstein und Kohlenstoff. „Wir entwickeln Möglichkeiten, diese Mischung in Bauprodukten einzusetzen, etwa erneut in Asphalt einzuarbeiten“, beschreibt Dr. Volker Thome, Abteilungsleiter am Fraunhofer-Institut IBP. Zudem wird die Ökobilanz des derzeitigen Vorgehens bewertet und mit dem neuartigen Ansatz verglichen.

Parallel zu den Sortier- und Behandlungsverfahren erarbeitet das Fraunhofer-Institut IML Modelle, anhand derer sich die Materialströme in Abhängigkeit von Standorten und Anzahl der Anlagen sowie der eingesetzten Transportmittel genau bewerten und nach unterschiedlichen Zielkriterien steuern lassen. „Mit nur einer Anlage in Deutschland könnten wir allein den Logistikaufwand um etwa 40 % reduzieren, mit 4 Anlagen um weitere 30 %“, schätzt Ralf Erdmann vom Fraunhofer-Institut IML mit Blick auf die eingesparten Transporte durch den Verzicht auf eine umweltbelastende Deponierung ein.

Am Ende des 3jährigen Projekts soll eine Prototyp-Anlage stehen, die 300 kg teerhaltigen Straßenaufbruch pro Stunde aufbereiten kann. Diese könnte dann auf eine größere Anlage hochskaliert werden, die 20 t/h verwerten kann.

Wie viel Teer fällt jährlich in Deutschland an?

Jährlich fallen in Deutschland etwa 3,3 Mio. t teerhaltiger Straßenaufbruch an: 2 Mio. t davon landen auf Deponien, 300.000 t werden per LKW aus Deutschland in die Niederlande transportiert – in die bislang einzige Asphaltaufbereitungsanlage Europas. Die Rohstoffverluste sind groß und die Kosten für die Entsorgung sind enorm: allein in Deutschland belaufen sie sich auf insgesamt 223 Mio. Euro pro Jahr. Zudem sind Transporte und die thermische Behandlung mit einem hohen CO2-Ausstoß verbunden. Mit der derzeit verwendeten Anlagentechnik wird der Teeranteil im Asphalt bei Temperaturen von 850 bis 1.000 °C verbrannt. (MAI/RED)

Tipp: In unserer Ausgabe 5 der Fachzeitschrift „Asphalt & Bitumen“ stellen wir die Forschungen detaillierter vor. Sie können die Fachzeitschrift hier abonnieren.

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