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Archiv 18. Juli 2014

Preis bekannt - Wert unbekannt

„Den Preis für Rohstoffe kann jeder ausrechnen, der Wert aber lässt sich kaum beschreiben“, sagte vero-Präsident Franz-Bernd Köster auf der Mitgliederversammlung des Baustoffverbandes vero, die in diesem Jahr in Düsseldorf stattfand.

Rcher der entrechteten Kleinsparer: Gastredner Prof. Max Otte, der 2006 die Finanzkrise vorhersagte, stellt die Banken als Schuldige der Euro-Krise an den Pranger.
Rcher der entrechteten Kleinsparer: Gastredner Prof. Max Otte, der 2006 die Finanzkrise vorhersagte, stellt die Banken als Schuldige der Euro-Krise an den Pranger.
Im Kreise seiner Mitstreiter: vero-Prsident Franz-Bernd Kster (3.v.l. vorne) auf der diesjhrigen Mitgliederversammlung des Baustoffverbandes vero in Dsseldorf.Foto: Foto: SUSA/Ute Schroeter

Werte, nicht nur der von mineralischen Rohstoffen, standen auf der diesjährigen Mitgliederversammlung des vero im Mittelpunkt. Während die Preise für Rohstoffe stagnieren, würden die Kosten für die Gewinnung und Aufbereitung mineralischer Rohstoffe stetig steigen, betonte Köster in seiner Eröffnungsrede vor über 150 Mitgliedern. Genehmigungen seien immer schwieriger zu bekommen, auch hohe Erschließungs- und Dokumentationskosten lasten auf den Schultern der Betriebe. „Von ersten Vorplanungen bis zur Gewinnung vergehen meist acht bis zwölf Jahre“, sagte Köster, „Zeit, in der die Industrie kein Geld verdient.“ Auch die Konkurrenz um Flächen mache der Industrie zunehmend zu schaffen, immer mehr Gebiete würden zu Tabuzonen für die Rohstoffgewinnung erklärt. Dabei sei der Flächenverbrauch durch Bodenschätze ohnehin gering, nur 0,5 % der Bundesrepublik ist für die Rohstoffgewinnung reserviert, „und das auch nur vorübergehend“, wie Köster betont. Der vero-Präsident sprach auch das Thema Ausbildung an. Die Altersstruktur in den Betrieben sei alarmierend, „Facharbeiter sind heute schon schwierig zu bekommen. Schwachpunkt ist nicht die fehlende Bereitschaft der Unternehmen, selbst auszubilden. Es ist ein großes Problem, interessierte Auszubildende zu finden.“ Der Bundesverband Mineralische Rohstoffe plant einen Ausschuss zum Thema Aus- und Weitbildung einzurichten, trotzdem seien vor allem die Unternehmen selbst gefragt, den Wert einer Ausbildung in der Steine- und Erdenindustrie zu vermitteln.

In Anbetracht der schwierigen politischen Rahmenbedingungen für die Baustoffindustrie kommt vero-Hauptgeschäftsführer Raimo Benger „manchmal recht frustriert nach Hause.“ Doch ist der Kopf nach Sport und einem guten Essen wieder frei, dann gewinnen die Erfolge der Verbandsarbeit die Oberhand vor den Rückschlägen. Als Beispiel nannte Benger das Land Niedersachsen, in dem einst eine regelrechte Anti-Steinbruch-Stimmung geherrscht habe. „Wir haben nicht aufgegeben, immer wieder das Gespräch mit Politkern gesucht, immer wieder den Wert von heimischen Rohstoffen für die Gesellschaft betont“. Das Blatt habe sich mittlerweile gewendet. „Im Harz werden sogar Steinbrüche neu aufgeschlossen.“ Selbst die niedersächsischen Grünen und die SPD bekannten sich dazu, das Thema „Rohstoffabgabe“ nicht weiter verfolgen zu wollen.  Über die eigene politische Arbeit hinaus ruft der Verband auch seine Mitglieder auf, mit Politikern ins Gespräch zu kommen. Viele scheuen jedoch die Konfrontation mit brisanten Themen. Um sich mit Argumenten zu wappnen, können sich Mitglieder Faktenchecks bei vero besorgen. Diese „Steine des Anstoßes“ beinhalten alle wesentlichen Fakten und Argumente zu speziellen Themen wie Flächenverbrauch durch die Rohstoffindustrie, Recyclingbaustoffe oder Rohstoffsteuer.

Um Werte ging es schließlich auch in dem Vortrag des diesjährigen Gastredners Prof. Max Otte, Professor für Unternehmensanalyse an der Universität Graz, bekannt durch seine 2006 erfolgte Voraussage einer Finanzkrise. Otte sieht in den Banken, Finanzdienstleistern und Superreichen die wahren Schuldigen in der Griechenland-Misere und der finanziellen Schieflage anderer EU-Staaten. Auch mutlosen Politkern räumt er eine Mitschuld daran ein, dass die Verluste der Superreichen durch Rettungsschirme, für dessen Spannkraft in letzter Konsequenz der Steuerzahler zu sorgen hat, aufgefangen werden. „Der Dumme ist der Sparer, dem es wegen der Mini-Zinsen derzeit nicht mal vergönnt ist, eine solide private Altersvorsorge aufzubauen“, kritisiert der Finanzexperte, der selbst einen deutschen Fonds aufgelegt hat. Klare Finanzregeln seien die einzige Chance, das Euro-Desaster abzuwenden. Nach Ottes Meinung müsse man angeschlagene EU-Staaten einer Insolvenz unterziehen, notfalls sogar aus der Euro-Zone ausschließen. Vor allem aber müssten die Verursacher der Krise, also die Banken, ihren Tribut zahlen, damit sie nie wieder auf Kosten der Steuerzahler spekulieren können. Ein Patentrezept für die Sorgen der Sparer hat er natürlich auch nicht, denn „die Risiken werden nach wie vor auf den Bürger abgewälzt, der sich nicht wehren kann.“ Der einzelne könne sich nur mit einem soliden Finanzwissen weiterhelfen, denn nur wer die Chancen und Risiken der verschiedenen Finanzprodukte abwägen kann, wird noch mit Gewinn sparen können. (Ute Schroeter)

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