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Archiv 13. September 2016

Sperrung der A7 trübt die Nordbau-Stimmung kaum

Nicht nur aufgrund des strahlenden Sommerwetters waren die Aussteller auf der diesjährigen Nordbau bester Stimmung. Niedrige Zinsen und starke Förderung des sozialen Wohnungsbaus sorgen für gut gefüllte Auftragsbücher. Der leichte Besucherrückgang dürfte der zweitägigen Vollsperrung der A7 geschuldet sein.

"Ohne Bauindustrie werden wir keine Integration schaffen können“, hatte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig zur Eröffnung der letztjährigen Nordbau gesagt. Es gehe darum, schnell günstigen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Bei der diesjährigen Eröffnungsveranstaltung am 7. September wählte Albig einen anderen Blickwinkel und appellierte an die Baubranche, junge Flüchtlinge einzustellen. Diese motivierten Menschen könnten die Facharbeiter werden, die die Branche so dringend benötigt.

Jahresprognose nach oben korrigiert

Auch Felix Pakleppa, Hautgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB) hatte verdeutlicht, woran es fehlt: „Wir brauchen qualifizierte Leute für die anstehenden Bauaufgaben.“ Der Wohnungsbau hat sich im laufenden Jahr als so starker Wachstumstreiber erweisen, dass der ZDB nun ein Umsatzwachstum von 4 bis 5% prognostiziert. „Zu Jahresbeginn haben wir mit plus 3% gerechnet“, so Pakleppa. Kritisch äußerte er sich zu Diskussionen über eine weitere Verschärfung der Energiesparverordnung. „Wir haben mit der EnEV 2014/2016 einen Status erreicht, der den für 2020 geforderten EU-Standard und damit den Niedrigstenergiestandard jetzt schon erreicht, der aber zu einer Kostensteigerung von knapp 10% geführt hat. Das reicht!“ Pakleppa warnte auch vor anderen Instrumenten, die der Branche Steine in den Weg legten und zu einer Gefährdung von Bautätigkeiten führten. Namentlich nannte er die blaue Plakette oder die sogenannte Mantelverordnung. Pakleppa riet der Bauwirtschaft zu selbstbewusstem Auftreten. „Die deutsche Bauwirtschaft ist eine starke Branche. Sie ist die stärkste Einzelbranche unserer Volkswirtschaft, sie ist der größte Arbeitgeber in Deutschland. Wir tragen rund 5% zum Bruttoinlandsprodukt bei, das ist mehr als die Elektro- oder die Automobilindustrie. Das sollten wir auch nach außen vermitteln.“

Der Boom der Baubranche führt zu immer größeren Anforderungen auf den Baustellen. Deshalb standen Arbeitssicherheit und Effektivität der Arbeitsabläufe im Mittelpunkt des Treffpunkts „Bauleiter amp; Poliere“. Dieter Schnittjer, Messebeirat und Geschäftsführer des VDBUM, sagte: „Die Notwendigkeit, sich über die Auswirkungen der seit dem 1. Juni 2015 geltenden Verordnung zur Betriebssicherheit vor allem mit Blick auf Arbeitssicherheit zu informieren, ist zwingend. Deshalb werden wir in Kooperation mit unseren Partnern den Treffpunkt ‚Bauleiter amp; Poliere’ auch auf der nächsten Nordbau anbieten. Dann wird es um die digitalisierte Vernetzung von Akteuren im gesamten Bauprozess gehen.“

Digitalisierte Baumaschinen

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Die Digitalisierung der Baumaschinen war ein weiteres Topthema der fünftätigen Messe rund um die Holstenhallen. Die Hersteller zeigten viele Neuheiten, darunter viele elektrobetriebene Baumaschinen.

Zeppelin widmete sich dem Thema Industrie 4.0 mit 3D-Steuerungen oder flächendeckender Verdichtungskontrolle. Präsentiert wurde auch der neue mittelgroße Cat Hydraulikbagger 320F L. Dank einer Gewichtsspanne von 21 bis 23 t verfügt der Bagger über die erforderliche Auslegung für hohe Produktivität, lässt sich aber gleichzeitig problemlos zu seinen jeweiligen Einsatzorten transportieren und ist auf geringe Kosten pro Stunde ausgelegt. Seit 5. September bietet Zeppelin Rental eine 24/7-Online-Miete an. Mit wenigen Klicks können zunächst 180 registrierte Bestandskunden ihre gewünschten Mietartikel in den Warenkorb legen, Baustelle, Mietzeitraum und Lieferoption auswählen und verbindlich mieten. Zeppelin Rental-Geschäftsführer Peter Schrader erklärte, dass Kunden weiterhin die Möglichkeit haben, die Maschinen telefonisch zu mieten. Es handele sich um eine Investition in die Zukunft, in drei bis vier Jahren solle der Online-Bereich rund 25% des Mietgeschäftes ausmachen. Auf Nachfrage sagte Schrader, dass Kunden die online mieten, von besseren Konditionen profitieren würden.

Liebherr präsentierte Radlader aller Größenklassen. Der Großradlader L566 XPower hat einen 165 kW starken Dieselmotor und ist mit einer 3,2 m3 Erdbauschaufel sowie einer Z-Kinematik ausgestattet. Diese soll für 20% höhere Ausbrechkräfte im Vergleich zum Vorgängermodell sorgen. Darüber hinaus  sollen Kraftstoffeinsparungen bis zu 30% möglich sein. Silvester Sandt, Vertriebsleiter bei Liebherr Hamburg stellte auch den Raupenbagger R 920 Compact vor. Mit einem Transportgewicht von 22 t und geringem Überstand ist sein Haupteinsatzgebiet der Kanalbau. Ein weiteres Messehighlight war die Raupe 716. Aufgrund ihrer Wendigkeit ist sie gut im Radwege- und Straßenbau geeignet. „Aufgrund des neuen Kabinenkonzepts sitzt der Fahrer relativ weit vorn und hat eine bessere Sicht“, erklärte Sandt.

 „Ich bin seit 30 Jahren in der Branche und war selten so Feuer und Flamme für ein Produkt wie für dieses“, schwärmte HKL-Marketingleiter Ulf Böge von Kramers erstem  vollelektrischen allradgelenkten Radlader 5055e, den HKL in den Mietpark aufgenommen hat. Die Maschine lädt sechs Stunden, liefert sofort volle Leistung und arbeitet fünf Stunden – abzüglich Standzeiten ausreichend für einen vollen Arbeitstag.

Swecon eröffnet weitere Niederlassungen

Volvo Business-Manager Uwe Klose und Marc Reinhardt, Bereichsleiter Service bei Swecon, freuten sich am Gemeinschaftsstand über ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr. Einen Ausstellungsschwerpunkt bildeten die neuen Mobilbagger-Modelle wie der EWR150E mit Anhänger oder der EW60E aus der Kompaktklasse. Auch zu sehen war der er Raupenbagger EC220E, der laut Herstellerangaben mit seiner Kraftstoffeffizienz bereits Hybrid-Modelle im Wettbewerbsvergleich in punkto Kraftstoffeinsparung hinter sich lassen konnte. Swecon bietet mit smartfuel Produkt zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs an. „Das Angebot gilt für eine Dauer von zwei Jahren und umfasst Monatsberichte zu den Leistungsdaten der Maschine, die aus dem Telematiksystem Care Track generiert werden und im Rahmen einer persönlichen Einweisungen beim Kunden vor Ort genau erklärt werden. Darüber hinaus enthält das Angebot regelmäßige Beratungsbesuche und eine neuartige Schulung für Fuhrparkleiter und Vorarbeiter. Ergänzend können unsere Kunden vergünstigte Eco-Operator-Schulungen in Anspruch nehmen“, erläuterte Marc Reinhardt. Swecon investiert weiter: Bei Hamburg und Bielefeld werden im Frühjahr 2017 weitere Niederlassungen eröffnen.  

Deutlich größer als bei der vorangegangenen Nordbau-Ausgabe fiel der Gemeinschaftsstand von Wienäber Baumaschinen und Hyundai Baumaschinen Nord aus. Auf einer Fläche von 1.300 m2 waren mehr als 30 Geräte ausgestellt. „Die Zukunft der Baustellenmaschinen wird im Null-Heck-Bereich liegen“, sagte Wienäber-Geschäftsführer Ralf Bosse und präsentierte den Raupenbagger HX 235 LCR, der für Einsätze im Kanalbau prädestiniert ist. Die Fahrer der Maschinen dürfen sich unter anderem über den komfortablen 7-Zoll-Monitor freuen. Gezeigt wurden auch Sonderlösungen wie der mobile Brecherlöffel BC 2500 von Atlas Copco. Dank des Rotators der Firma Holp kann das Anbaugerät am Bagger endlos gedreht werden, das Schnellwechselsystem von Oilquick sorgt dafür, dass das Anbaugerät in Sekundenschnelle verfügbar ist.

Christophel zeigte neben anderen Anlagen den kettenmobilen CityTrak 9TX. Er besticht durch seine einfache, robuste Bauweise ist in wenigen Minuten einsatzbereit und ist für das Brechen von Hartgestein genauso gut geeignet, wie für Recyclingeinsätze. Neuheiten am Gemeinschaftsstand von Papenburg Baumaschinen und Komatsu waren etwa der Mobilbagger PW 160-10 oder der Radlader WA 470-8. Bei Kiesel war unter anderem der Bell-Dumper B25E ausgestellt. Seit wenigen Wochen vertreibt Kiesel die Bell-Dumper bis auf Ausnahmen in Bayern und Sachsen deutschlandweit.

Bomag präsentierte einen Querschnitt seines Produktspektrums – von der gasbetriebenen Rüttelplatte BT 60 G bis zum neuen Walzenzug der fünften Generation. Vertriebsleiter Jürgen Martiens nutzte die Gelegenheit, sich von langjährigen Kunden zu verabschieden. Nach 26 Bomag-Jahren geht er zum Ende des laufenden Geschäftsjahres  in den wohlverdienten Ruhestand.

Unter dem Motto „Faszination Bauberufe“ zog es 1000 Jugendliche zum nordjob-Tag auf das Messegelände. Wesentlicher Bestandteil der Nordbau sind stets die Fachveranstaltungen. Rund 4000 Bauexperten nahmen in diesem Jahr an den 45 Fachseminaren und –veranstaltungen teil.

Handwerker-Nationalmannschaft trainiert

Besonderes Highlight der Nordbau 2016 war der Auftritt der Handwerker-Nationalmannschaft. Vor hunderten von Zuschauern trainierten die Zimmerer, Fliesenleger, Maurer und Stuckateure für die Europameisterschaft im Dezember in Göteborg. Die Maler und Lackierer ehrten wieder die Sieger ihres Jahres-Leistungswettbewerbs.

60.200 Besucher - etwas weniger als im Vorjahr - kamen bei bestem Sommerwetter zur 61. NordBau in Neumünster. Hauptgrund dafür dürfte die zweitägige Vollsperrung der A7 und damit der wichtigsten Zufahrtsstrecke zur Nordbau gewesen sein. „Das ist kein Grund zum Jammern“, beschwichtigte Reinhard von der Wehl, Geschäftsführer beim Aussteller Atlas von der Wehl. „Wir wissen, dass mit dem Ausbau der A7 der Standort Neumünster und damit auch unsere Messe gestärkt wird. Auch dieses Jahr hatten wir viele gute Kontakte.“ 848 Aussteller aus 15 Ländern hatten sich und ihre Produkte auf der diesjährigen Messeausgabe präsentiert. Messechef Dirk Iwersen freute sich darüber, dass die Baumesse seit 2002, also 15 Mal in Folge, ausgebucht war. Die nächste Nordbau findet vom 13. bis 17. September 2017 statt.

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