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Raumschiff mit Kupplung

Touareg im Test

Eignet sich ein SUV wie der Touareg als Einsatzfahrzeug für Steinbruch und Kieswerk? Wir haben es getestet.

Inhaltsverzeichnis

Das Angebot, mal einen SUV für unsere Leser zu testen, kam von VW kurz nach der Markteinführung des Touareg V8 im Sommer letzten Jahres. Der Testwagen, ein V6 TDI, habe ja schließlich auch eine Anhängerkupplung, die spielend 3,5 t ziehen könne, hieß es von Seiten der Pressestelle. Macht dieser Umstand den Touareg salonfähig für Steinbruch und Kieswerk? Unsere Neugier ließ einen freundlichen älteren Herren Ende November in aller Herrgottsfrühe von Wolfsburg ins tiefbayerische Wörthsee fahren. Dass er gegen 11 Uhr vormittags an der Bürotür klingelt, muss dem 286 PS-starken TDI-Motor geschuldet sein. „170 Stundenkilometer, die Autobahn war frei“, sagt er. Erstes Raumschifffeeling stellt sich bei einer kurzen Spritztour zur nächsten S-Bahn-Station ein. Der Fahrer hat weitere Überführungs-Termine und muss dazu in die Münchener Innenstadt. Die Nachbarn fragen neugierig, ob der alte Golf jetzt doch mal gegen was Größeres eingetauscht werden soll. Nein, nur zum Testen. Drei Wochen lang.

Start in unendliche Weiten

Ja, Raumschiff. Der erste Eindruck bestätigt sich beim Einsteigen in den Touareg. Dabei steht der Name eigentlich im Zusammenhang mit Traditionen, denn die Wolfsburger haben ihr Fahrzeug nach dem Nomadenvolk „Tuareg“ benannt. Damit wollten sie zum Ausdruck bringen, dass sich die Marke ähnlich gut an unterschiedliche Lebensbedingungen anpassen kann, wie die Menschen in der Sahara. Zur Unterstützung des Überlebenskampfs hat VW die Mittelkonsole mit einem überdimensional großen Touchdisplays in Nostalgiegröße eines Fernsehers aus den 50er Jahren ausgestattet. Armaturen, Mittelkonsole und Türen sind mit einer Lichtkante versehen. Um beim Thema zu bleiben: Bei Dunkelheit leuchtet diese wie lila Sterne aus entferten Galaxien. So gar nicht raumschiffmäßig lässt sich das Fahrzeug mit einem Schlüssel öffnen. Das Futuristische dabei ist allerdings, dass der Schlüssel kein Schloss braucht und auch nicht zum Starten des Motors dient. Bei Näherung entriegelt die Fahrertür wie von Geisterhand. Bis wir raus hatten, wie sich die übrigen Türen auf gleiche Weise öffnen lassen, hat es etwas gedauert. Vielleicht hätte man doch zuerst die Gebrauchsanweisung lesen sollen. Das Anschnallen funktioniert klassisch, beim Anfahren aber zieht der Gurt automatisch nach. Für alles, was sich irgendwie einstellen oder regeln lässt, gibt es Knöpfe oder Schalter, nur für den Rückspiegel nicht, da muss Captain Kirk dann doch mal höchstpersönlich Hand anlegen.

Ein Kupplungspedal sucht man vergebens, denn ein anständiger Nomade kommt mit Automatik-Getriebe daher. Der Motor wird per Knopfdruck gestartet. Bleibt nur noch die Frage, wie man ein Raumschiff aus der Parklücke bekommt. Erleichterung stellt sich ein, als sich beim Einlegen des Rückwärtsganges die Fahrassistenz nebst Kamera meldet. Auf dem Display erscheint ein Bild dessen, was hinter der Heckscheibe abwärts so los ist. Das System ist eigentlich dazu gedacht, sich beim Rückwärtsfahren nicht mehr umdrehen zu müssen. Doch ein gewisses Misstrauen lässt einen in alte Gewohnheiten verfallen. Wer weiß, ob nicht irgendwelche Hacker mit Fake-Bildern dazwischenfunken, um einen Versicherungsschaden zu initiieren. Das unfallfreie Ausparken beweist, dass man Vertrauen in die Fahrassistenz fassen kann, die einen beim Rangieren auch mit akustischen Signalen unterstützt.

Locker übers Schlagloch

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Wer Golf oder Skoda gewohnt ist, hat sich bei einer Begegnung mit einem Schlagloch längst ans Durchgeschüttelt werden gewöhnt. Erst wenige Stunden zuvor gab´s bei ebensolcher Konfrontation noch schöne Grüße von der Karosserie. Unser Gefährt aber schwebt grußlos über jede Unebenheit in der Straße hinweg. Für einen Moment sind wir uns nicht sicher, ob das altbekannte Schlagloch nicht doch schon beseitigt wurde. Nach dieser Erfahrung bleiben keine Zweifel, dass ein Touareg auch im Steinbruch oder Kieswerk seinen Nomaden steht. Dazu müsste man vermutlich nicht einmal das Offroad-Paket bemühen. Wenn´s dann aber doch mal arg ruppig wird, stehen neben sieben serienmäßigen Fahrprofilen „Schotter“ und „Sand“ zur Verfügung. Diese passen Motor- und Getriebeeinstellungen den Gegebenheiten im Gelände automatisch an. Der serienmäßige Allradantrieb tut sein Übriges und bewegt jedes Rad unabhängig voneinander. Überhaupt stellt sich beim Fahren eines Touareg ein großes Sicherheitsgefühl ein. Das ist zum einen der Sitzhöhe geschuldet, die einen erhaben über das Verkehrsgeschehen hinwegblicken lässt. Zum anderen ist da diese Ruhe. Verkehrslärm und Motorengeräusche dringen als sanftes Rauschen ans Ohr. Als Insasse fragt man sich, ob man wirklich einen Diesel fährt.

Fahren bei Nacht

Inzwischen ist es dunkel geworden. Unser Blick richtet sich auf das Head-up-Display, das die Windschutzscheibe als Projektionsfläche nutzt, um die wichtigsten Informationen anzuzeigen: Geschwindigkeit, Meldungen der Fahrerassistenzsysteme oder Navigationshinweise. Sehr angenehm ist das Verhalten der LED-Matrix-Scheinwerfer. Sie passen die Intensität und Leuchtweite der LED-Segmente den wechselnden Verkehrssituationen an, blenden dabei aber andere Verkehrsteilnehmer nicht. Auch das Risiko eines Wildunfalls wird durch die Nachtsichtunterstützung minimiert. Dabei blickt eine Infrarotkamera ca. 130 m voraus und reagiert auf Wärme, die von Körpern abgestrahlt wird. Bei Gefahr erscheint ein Warnhinweis im Cockpit.

Auf der Autobahn

Sechs Stunden lang dauert eine Fahrt von München nach Berlin. Die Kinder reisen mit. Komisch. So gut wie kein Gequengel. Gibt ja auch genug zu entdecken. Dank Sohnemanns Spieltrieb, nämlich alle Knöpfe einmal zu drücken, tritt die Massagefunktion in Aktion, die acht verschiedene Programme anbietet. Bei eingeschaltetem Tempomat muss man schon aufpassen, dass man vor lauter Kraulerei nicht einschläft. Die „Climatronic“ sorgt für ein angenehmes Raum(schiff)klima. Über eine 2-Zonen-Regelung lassen sich Temperaturen auf Fahrer- und Beifahrerseite unabhängig voneinander einstellen. Die Fußraumheizung hat sich zwar gut versteckt, lässt sich aber, wie andere Funktionen auch, durch Learning-by-doing dann doch relativ schnell ausfindig machen. Gut für Heuschnupfen-Geplagte: Der Allergenfilter reduziert das Eindringen von Schadstoffen und Allergenen über die einströmende Frischluft. Auf der Autobahn melden sich immer wieder die Fahrassistenzsysteme zu Wort. Über eine Distanzregelung kann man einen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einstellen. Außerdem passt das System anhand von Streckendaten aus der Navigation die Fahrzeuggeschwindigkeit an Kurven an. Der Blinker warnt den Fahrer durch kurzes Aufblinken, sobald sich ein Fahrzeug von hinten nähert.

Der Hersteller gibt außerorts einen Verbrauch von 5,9 l/100 km an, das setzt jedoch sehr disziplinierte 100 Stundenkilometer voraus. An der Tankstelle zeigt sich, dass der SUV bei schnellerer Fahrweise durchaus 10 bis 11 Liter auf 100 Kilometer schluckt. Das stabile Fahrverhalten ist insbesondere den Stabilisatoren an Vorder- und Hinterachse zu verdanken. Sie reduzieren die Seitenneigung bei Kurvenfahrten und arbeiten dabei nicht hydraulisch, sondern elektromechanisch. Bei dynamischeren Kurvenfahrten verhindert das System das sogenannte Untersteuern: Die Vorderräder schieben das Fahrzeug weniger stark zum äußeren Kurvenrand. Bei der Allradlenkung schlagen die Hinterräder bis 37 km/h entgegen der Vorderräder ein.

Fazit: Durchaus kieswerktauglich

Auch wenn SUVs derzeit keinen guten Ruf genießen, erteilen wir dem Touareg eine gute Note. Auch ohne das Offroad-Paket würde das Fahrzeug locker durch Steinbruch und Kieswerk schaukeln. Die Frage bleibt nur: Möchte man sein Luxus-Schiff, in das man rund 64.000 Euro investieren muss, tatsächlich Staub und Steinen aussetzen? Als repräsentatives Geschäftsführer-Fahrzeug ist der Touareg also durchaus empfehlenswert. Sollte zufälligerweise doch mal das olle Pritschenfahrzeug seinen Geist aufgeben, kann das Raumschiff ja immer noch einspringen.  

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