Direkt zum Inhalt
Interview mit Thomas Kramer, General Manager Dynapac 22. April 2020

Trotz Corona: Service ohne Wenn und Aber

Dynapac baut in Wardenburg jährlich rund 400 Straßenfertiger und Beschicker, Tendenz steigend. Auch in Zeiten der Pandemie steht das Unternehmen zu seinen Kunden und sorgt für einen Service ohne Wenn und Aber.

Der Firmensitz in Wardenburg hat für Dynapac eine besondere Bedeutung: Mehr als 300 Mitarbeiter sind dort in der Produktion, im Kundencenter und in der übergeordneten Division beschäftigt, inklusive Präsident und Vize-Präsidenten. Sprich: Von Wardenburg aus – und nicht aus Schweden – wird die Dynapac-Gruppe geführt. Und der Standort kann weiter ausgebaut werden. Erst kürzlich wurden dazu 10.000 m² angrenzendes Bauland erworben.

Im Werk werden jährlich rund 400 Straßenfertiger und Beschicker gebaut, Tendenz steigend. Auch in Zeiten der Pandemie steht das Unternehmen zu seinen Kunden und sorgt für einen Service ohne Wenn und Aber.

Herr Kramer, welche Auswirkung hat das Corona-Virus auf die Produktion, den Vertrieb und den Service am Standort Wardenburg?

Kramer: Wir haben vom 6. bis 24. April den jährlichen Betriebsurlaub vorgezogen. In dieser Zeit ruht die Produktion. Danach werden wir auf die aktuelle Situation reagieren und eventuell zum Instrument der Kurzarbeit greifen.

Im Kundencenter werden alle Funktionen aufrechterhalten. Das geht übrigens sehr gut aus dem Homeoffice, in dem viele Kollegen zurzeit arbeiten. In der Zentrale kümmert sich ein engagiertes Team um Kundenanfragen.

Anzeige

Unsere Servicefachleute und Monteure sind auf Abruf voll einsatzbereit. Also Service ohne Wenn und Aber. Hier gibt es keinerlei Einschränkungen. Wir haben dazu alle unsere Kunden angeschrieben und darum gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass die erforderlichen hygienischen Rahmenbedingungen für unsere Leute auf den Baustellen oder in den Werkstätten eingehalten werden können, um niemanden zu gefährden.

Laufen denn die Baustellen noch?

Kramer: Ich habe noch von keiner Baustelle gehört, die zumachen musste. Im Gegenteil: Mein Eindruck ist, dass gerade jetzt mit Hochdruck gebaut wird, da insbesondere die Verkehrsbelastungen deutlich zurückgegangen sind.

Ein aktuelles Beispiel sind Sanierungen am Frankfurter Flughafen. Das Projekt läuft planmäßig und entspannter als in regulären Zeiten, da der Flugbetrieb dort deutlich eingeschränkt ist.

Der VDMA befürchtet bei seinen Mitgliedsunternehmen vereinzelt Umsatzeinbrüche von 20 bis 60%. Wie schätzen Sie die Situation für Dynapac in den D-A-CH-Ländern und weltweit ein?

Kramer: Wir machen unseren Umsatz zu 70% mit Straßenfertigern, und dort läuft das Geschäft in Deutschland, Österreich und in der Schweiz sehr saisonal. Die Verhandlungen zum Erwerb beginnen in der Regel im Oktober des Vorjahres, und bis März ist das Geschäft dann abgearbeitet. Danach kommen noch ein paar Nachzügler, aber das ist kein „großer Brocken“ mehr.

Wir haben also den Jahresumsatz zum weit überwiegenden Teil bereits realisiert. Ich gehe also davon aus, dass wir mit einem „blauen Auge“ davonkommen und das Jahr mit maximal minus 10% abschließen können.

Und das angesichts der guten Konjunktur im Straßenbau – wie passt das zusammen?

Kramer: Wir generieren einen Teil unseres Umsatzes über den Service. Hier lässt sich nur schwer abschätzen, wie unsere Kunden reagieren, sei es bei erforderlichen Wartungen und Reparaturen, die eventuell nach hinten geschoben werden, oder generell, wenn es um den Zugang in ihre Werkstätten geht.

Unser Geschäftsjahr endet im September. Da kann die Zeit für verschobene Servicetermine knapp werden. Darum komme ich zu der leicht negativen Einschätzung.

Seit 2017 gehört Dynapac zur Fayat-Gruppe, ein mittelständisches Familienunternehmen, das nicht auf den schnellen Umsatz schielt. Ein Vorteil in der aktuellen Situation?

Kramer: Auf jeden Fall! Die Zusammenarbeit verläuft in einer ganz besonderen Atmosphäre, in der wir stets verschiedene Szenarien durcharbeiten. Wir sind dabei auf wirtschaftliche Stabilität fokussiert. Wir fahren unsere Investitionen in den Bereichen zurzeit runter, wo sie nicht zwingend erforderlich sind, um dann nach der Krise unser Kerngeschäft mit voller Kraft weiter betreiben zu können.

Ich fühle mich in der Fayat-Gruppe sehr gut aufgehoben. Man spürt bei allen Entscheidungen: Dahinter stecken kluge Köpfe. Und an der Spitze des Familienunternehmens steht ein Mann mit Emotionen, dem seine Mitarbeiter extrem wichtig sind.

Hat der Wechsel zu Fayat Änderungen in der Produkt- und Unternehmensphilosophie eingeleitet?

Kramer: Unsere Produkte waren immer auf einem sehr hohen technischen Niveau. Was fehlte, war die absolute Kundennähe, deren Wichtigkeit und Intensität der vorherige Eigentümer von Dynapac unterschätzt hat.

Das hat sich jetzt glücklicherweise total geändert. Fayat hat beispielsweise sehr viel Geld in die Ersatzteilbevorratung investiert, um Kunden innerhalb von 24 Stunden mit den nötigen Teilen versorgen zu können.

Also, der Kunde steht im Fokus, was auch sehr deutlich in unserem Slogan Ausdruck findet: „Your partner on the road ahead“. Und genau das leben wir.

Die Digitalisierung schreitet auch in der Baubranche schnell voran. Welche Lösungen bieten Sie an. Wie steht es um die von Kunden geforderten offenen Schnittstellen?

Kramer: Die von den Kunden geforderten offenen Schnittstellen sind bereits seit einigen Jahren Teil unserer Produktstrategie. Wir setzen dabei auf Partnerschaften mit Marktführern und arbeiten u.a. mit Volz Consulting zusammen und nutzen für die Bauprozessoptimierung deren System BPO. Ein weiterer Partner ist TF-Technologies, die ein abgespecktes System anbieten, das für kleinere Bauunternehmen konzipiert wurde.

Um es kurz zu machen: Unsere Fertiger sind von der Baustellenplanung bis zur Serviceplanung gläsern und stellen alle erforderlich Daten systemoffen zu Verfügung.

Und das funktioniert auch mit Maschinen anderer Hersteller?

Kramer: Von unserer Seite ja. Von der Seite einiger Marktbegleiter leider nicht.

Ich gehe jedoch davon aus, dass langfristig offene Systeme auch bei Straßenbaumaschinen vom Kunden bevorzugt werden, da sie im meist Hersteller- gemischten Fuhrpark deutlich besser plan- und handlebar sind.

Arbeiten Sie aktiv daran mit z.B. im VDMA?

Kramer: Auf jeden Fall über unsere Systempartner. Zudem sind wir selbst in einigen Arbeitskreisen im VDMA aktiv.

Mit Bomag, ebenfalls eine Fayat-Tochter, bewegen Sie sich in gleichen Produktsegmenten. Mit welcher Strategie vermeiden Sie es, sich gegenseitig zu kannibalisieren?

Kramer: Klare Konzernvorgabe ist: Bomag und Dynapac sind Wettbewerber am Markt. Klar ist allerdings auch: Mittelfristig werden wir bei bestimmten Projekten zusammenarbeiten. Das gilt für Forschung und Entwicklung und für die Nischenprodukte.

Bomag tritt jedoch als Full-Liner auf, der klar definierte Leistungen zu einem klar definierten Preis anbietet …

Kramer: Ich bin davon überzeugt, dass sich die Idee des „Full-Liners“ am Markt schon überlebt hat. Denn Lösungen im Paket haben gelegentlich auch eine oder mehrere Schwachstellen. Das gilt insbesondere für spezialisierte Maschinen. Hier kauft der Kunde womöglich Lösungen mit ein, die er eigentlich gar nicht favorisiert.

Ich beobachte, dass Kunden beim Kauf von Fertigern oder Drehschemelwalzen sich von der Idee, von Full-Linern bedient zu werden, verabschieden. Sie bevorzugen die Maschine, von deren Leistung sie überzeugt sind und wo der Preis stimmt. Das gilt insbesondere für die D-A-CH-Märkte.

Ich komme noch einmal zurück zu Synergien mit Bomag im Bereich F&E. Anbieten würde sich ein Projekt zu Absaugvorrichtungen an Fertigern, um die neuen Arbeitsplatzgrenzwerte einzuhalten …

Kramer: Wir teilen Ressourcen, wenn es sinnvoll ist. Wir sehen jedoch auch ganz klare Expertisen in bestimmten Bereichen. Und hier zentrieren wir unsere Kapazitäten.

Okay, wir haben jetzt fünf Jahre Zeit, Lösungen zu entwickeln. Gibt es in der Fayat-Gruppe ein entsprechendes Projekt?

Kramer: Ja, das gibt es. Ich kann aber leider noch nicht über Details sprechen.

Es gibt von Dynapac bereits ein umfangreiches Portfolio für Einbau und Verdichtung – sind da in naher Zukunft neue Modelle zu erwarten oder eher aktualisierte Generationen bestehender Modelle?

Kramer: In Stahl und Eisen haben wir in den letzten 40 Jahres alles Wesentliche entwickelt, was vorstellbar ist. Die großen Dinge, die wir jetzt anpacken müssen, lassen sich nur über digitale Helferchen lösen. Dazu zählen die Qualitätssicherung auf der Baustelle und die Prozesssicherheit. Das heißt, qualifizierte Arbeit muss auch von weniger qualifizierten Menschen umgesetzt werden können.

Wir wollen also die Fahrer entlasten, nicht, weil sie immer dümmer werden, vielmehr weil sie immer mehr Aufgaben übernehmen müssen. Die Maschine muss also Routineaufgaben eigenständig ausführen, um den Bediener zu entlasten.

Wir haben auf der bauma ein System vorgestellt, mit dem der Bediener mit Kameraunterstützung die Fuge Kante an Kante automatisch fahren kann. Dabei wird die Bohlenbreite vom System gesteuert.

Wir haben für unsere Beschicker eine 3D-Kamera entwickelt, die die optimale Befüllung des Kübels überwacht, so dass keine Schwenkfunktion am Band mehr bedient werden muss. Das macht der Beschicker nun eigenständig.

Dies und die Kommunikation der Maschinen auf der Baustelle, sind die Herausforderungen, die den Unterschied ausmachen.

Abschließende Frage: Wo sind die Dynapac-Fräsen geblieben?

Kramer: Nach der Übernahme von Dynapac durch Fayat hatten wir zwei „Pflänzchen“ in der Gruppe, die sich ähnlich weit noch im Wachstum befanden. In die eine hatte Herr Fayat viel Arbeit, Zeit und auch Geld investiert, in die andere Atlas Copco. Ich denke, dass die Entscheidung mit der Bomag weiterzugehen ein klares Comittment an eine sehr gute Entwicklungsleistung war, aber wahrscheinlich auch ein Stück weit Herzensangelegenheit. Das Know-how der Dynapac-Line ging dabei jedoch nicht verloren.

Zur Person

Thomas Kramer, 43, ist General Manager (Geschäftsführer) Kundencenter D-A-CH der Dynapac GmbH, Wardenburg. Gleich nach seinem Maschinenbaustudium kam er als Konstrukteur vor rund 18 Jahren zu Dynapac. Zwischenzeitlich war er für acht Jahre bei einem Wettbewerber beschäftigt. Nach zweijähriger Selbstständigkeit mit einem Ingenieurbüro kam er vor vier Jahren zurück nach Wardenburg und leitet dort die Vertriebs- und Serviceorganisation D-A-CH.

Passend zu diesem Artikel