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Rein gemischt

Mischer steigert Ausbeute im Steinbruch

Im Schotterwerk Mönsheim/Deutschland der MSW Mineralstoffwerke Südwest versetzt ein Doppelwellenmischer lehmbehaftetes Vorsiebmaterial mit Weißfeinkalk. Mit diesem trockenen Verfahren werden 70 % des Materials, das vorher im Steinbruch verkippt werden musste, verwertbar.

Inhaltsverzeichnis

Gerd Schuler/ Stefan Kunkel

Die MSW Mineralstoffwerke Südwest GmbH & Co. KG, ein Tochterunternehmen der Heinrich Mertz Kies- und Sandwerke GmbH & Co. KG, Stuttgart/Deutschland, betreibt am etwa 30 km entfernten Standort Mönsheim ein Schotterwerk, aus dem sie Gesteinskörnungen aus Muschelkalk hauptsächlich für den Straßenbau liefert.

Der dort abgebaute Muschelkalk enthält einen hohen Anteil von Lehm. Deshalb konnten im Durchschnitt 30 bis 35 % des abgebauten Materials nicht vermarktet werden – das lehmhaltige Vorsiebmaterial wurde im Steinbruch verkippt. Seit einiger Zeit suchte MSW nach einer Möglichkeit, sowohl die Ausbeute im laufenden Betrieb zu erhöhen als auch das bereits eingelagerte Material wieder verwertbar zu machen. Eine Möglichkeit, das Vorsiebmaterial von Lehm zu reinigen, ist die Nassaufbereitung in einer Schwertwäsche. Am Standort war Wasser jedoch nicht in ausreichender Menge verfügbar. Abgesehen davon wären die zwingend erforderliche Wasseraufbereitung und das Entsorgen des Schlamms sehr aufwändig geworden.

Ein Schwesterunternehmen der MSW betreibt in der Nähe seit rund sechs Jahren einen Einwellen-Durchlaufmischer vom Typ MFKG von BHS-Sonthofen für die Konditionierung von Staub aus der Absaugung der Aufbereitungsanlage für Splitte. Bei einem Besuch im Werk in Zusammenhang mit diesem Mischer kam die Sprache auf die geplante Aufbereitung des Vorsiebmaterials.

Der Hersteller berichtete von der erfolgreichen Aufbereitung lehmhaltigen Materials in Frankreich, wo BHS-Mischer mit dem Combimix-Verfahren etwa 90 % des verunreinigten Aufgabegutes in einem trockenen Prozess zu verwertbarem Material verarbeiten. Das Unternehmen hatte das Verfahren für diese Anwendung bei französischen Unternehmen entwickelt, die eine wirtschaftliche, umweltfreundliche und industrietaugliche Lösung suchten. Beispielsweise für internationale Marktführer wie Cemex Granulats und LafargeHolcim, aber auch für mittelständische Firmen wie Gachet TP, einem Hersteller von Bau- und Recyclingmaterial.

Durch das Aufmischen des lehmbehafteten Vorsiebmaterials mit Weißfeinkalk im Doppelwellenmischer verändert der Lehm seine Eigenschaften: Nach dem Aufmischen trocknet er und wird durch die mechanische Beanspruchung im Mischprozess durch die Mischwerkzeuge und das Material selbst zuverlässig vom Gestein abgelöst und getrennt. Das Wertgestein kann anschließend problemlos vom Lehmanteil abgesiebt und dem nachfolgenden Aufbereitungsprozess zugeführt werden.

Diese Alternative erschien der Ge­schäftsführung von MSW so attraktiv, dass sie sofort beschloss, Material aus dem Steinbruch Mönsheim im Technikum von BHS-Sonthofen testen zu lassen. Schon vier Tage später fanden im süddeutschen Sonthofen erste Versuche mit einem Doppelwellen-Labormischer statt. Schon nach wenigen Minuten war klar, dass das Mischen die gewünschten Ergebnisse erzielt. Mehrere weitere Testserien, bei denen die Proben im Labor von MSW ausgewertet wurden, haben das Ergebnis bestätigt. Die Versuche ergaben, dass bei einer Kalkzugabe von ein bis drei Prozent und schon bei kurzen Mischzeiten vielversprechende Ergebnisse erzielt wurden.

Es fehlte jedoch noch der Nachweis, dass auch größere Mengen und Material mit dem vorgegebenen Größtkorn von 120 mm zuverlässig gereinigt werden kann. Außerdem musste getestet werden, wie das bestehende Aufbereitungssystem mit seinen Sieben und einem Fingerrollenrost reagiert. Deshalb haben MSW, BHS-Sonthofen und die Märker Kalk GmbH als Lieferant des Weißfeinkalks nach weiteren vier Wochen im Steinbruch einen Großversuch durchgeführt. Dieser Test hat gezeigt, dass das Ausgabematerial auch dann sauber und verwertbar ist, wenn im Aufgabematerial große Steine vorhanden sind.

Im Anschluss hat MSW „grünes Licht“ für das Projekt gegeben und die Anlage mit Unterstützung des Herstellers um den Mischer herum geplant. Für den Stahlbau konnten vorhandene Komponenten genutzt werden, außerdem waren drei große Bindemittelsilos bereits vorhanden.

So funktioniert der neue Mischer

Dem lehmhaltigen Vorsiebmaterial der Körnung 0 bis 120 mm werden im Doppelwellenmischer etwa 1 % Weißfeinkalk CL zugegeben. Zu den guten Ergebnissen trägt entscheidend das dreidimensionale Mischprinzip der Doppelwellen-Mischer bei: Mit einer Materialverweilzeit von 90 s hat der Kalk ausreichend Zeit, sich intensiv mit dem Lehmgestein zu vermischen und mit ihm zu reagieren. Die intensive Materialbewegung während des Mischprozesses unterstützt den Reinigungsprozess zusätzlich.

Pro Stunde werden der Anlage bis zu 520 t Gestein aufgegeben. Davon scheidet der Rollenrost 240 t lehmhaltiges Material der Körnung 0 bis 120 mm ab, die dem neuen Doppelwellenmischer zugeführt werden. Das Ausgabematerial wird über einen Fingerrollenrost bei 22 mm abgesiebt. Pro Stunde werden 150 bis 180 t sauberes Material mit der Korngröße über 22 mm in die Produktion rückgeführt. So steigt die Nutzung des Rohstoffes von bisher rund 65 auf mehr als 90 %. Die Körnung 0 bis 8 mm, die lehmhaltiges Restmaterial enthält, kann als Dammbaumaterial vermarktet werden, die Körnung 8 bis 16 mm als Rollsplitt.

Erfahrungen mit der Anlage

MSW hat die neue Anlage im Juni 2016 in Betrieb genommen, seitdem ist sie vollständig in die Produktion des Schotterwerkes integriert. Seit seiner Inbetriebnahme arbeitet der Mischer zuverlässig. Das Ausgabematerial entspricht voll und ganz den Erwartungen: Nach dem weiteren Aufbereitungsprozess mit Brechen und Sieben ist es so sauber, dass es vermarktbar ist. Dies würden auch die Prüfberichte der anerkannten Prüfstellen, die die Fremdüberwachung des Werkes durchführen, bestätigen.

Die Erfahrungen der ersten Wochen zeigen, dass bei trockenem Material durch die Zugabe von nur etwa 0,8 Prozent Weißfeinkalk eine sehr gute Ablösung der Lehmanteile erreicht wird. 70 % des Materials, das vorher auf die Deponie eingelagert werden musste, sind jetzt verwertbar. Während vorher maximal 280 t verkaufbares Material pro Stunde erzeugt wurde, ist die Lieferkapazität auf jetzt 430 bis 460 Tonnen pro Stunde gestiegen. Anders ausgedrückt: Für die gleiche produzierte Menge wurden vorher pro Jahr etwa 620.000 t Kalkstein abgebaut, heute sind es rund 432.000 t, die relative Entlastung beträgt circa 30 Prozent.

So schont das neue Verfahren die Ressource „Kalkstein“ und verlängert die Nutzungsdauer der Lagerstätte. Außerdem ist die tägliche Betriebszeit der Anlage deutlich gesunken, sie arbeitet jeden Tag zwei Stunden weniger und senkt so die Kosten für Energie und Personal.

Der Nutzen lässt sich mit konkreten Zahlen belegen: Im Vergleich mit der Nasssaufbereitung entfallen die Kosten für die Versorgung mit Wasser, das Aufschlämmen, das Filtern und die Entsorgung des Schlamms.

Da die gesamte Anlage kürzer in Betrieb ist, ergeben sich um etwa 19,5 % geringere Energiekosten. Damit geht ein CO2-Minderungspotential von rund 30 Tonnen pro Jahr einher. Insgesamt ergeben sich durch die kürzere Produktionszeit pro Jahr Einsparungen für Energie, Treibstoff und Personal in Höhe von etwa 240.000 Euro. Dem steht der Zukauf von Weißfeinkalk mit etwa 120.000 Euro pro Jahr gegenüber. Der positive Wertbeitrag von circa 120.000 Euro pro Jahr führt zu einer Amortisation innerhalb von 4,5 Jahren.

Diese Berechnung beinhaltet noch nicht den Effekt, dass große Mengen bereits deponierten Materials „reaktiviert“ werden können: Wenn im Steinbruch nicht gearbeitet wird, kann die neue Anlage lehmhaltiges Gestein reinigen, das in den vergangenen zwei Jahrzehnten als nicht vermarktbar eingestuft werden musste und deshalb deponiert worden war. Mehrere Millionen Tonnen Material können jetzt zusätzlich verarbeitet und verkauft werden. Darüber hinaus wird wertvoller Deponieraum freigehalten; auch der Zeitaufwand für das Ein- und Auslagern sowie für das Verteilen des Materials in der Deponie ist deutlich geringer.

Preiswürdige Technik

Auszeichnung Wegen der erstmaligen großtechnischen Nutzung dieser ressourcenschonenden Technik beim effizienten und nachhaltigen Umgang mit Rohstoffen in der Baubranche erhielt die MSW Mineralstoffwerke Südwest für das Projekt eine Förderung vom deutschen Bundesumweltministerium. Nach der Inbetriebnahme der Anlage wurde BHS-Sonthofen für die Entwicklung und erfolgreiche Umsetzung des Combimix-Verfahrens gemeinsam mit den MSW Mineralstoffwerken Südwest mit dem Deutschen Rohstoffeffizienz-Preis des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie ausgezeichnet.

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