Polen setzt auf mehr PPP im Straßenbau
Der Straßenbau in Polen befindet sich weiterhin auf Modernisierungskurs. Zwar hat sich seit Polens Beitritt in die EU 2004 die Lage auf Polens Straßen erheblich gebessert, doch noch immer müssen weite Teile des polnischen Autobahnnetzes überhaupt erst gebaut und viele Bereiche der sonstigen Straßeninfrastruktur erneuert und ergänzt zu werden. Bei den anstehenden Baumaßnahmen ist Polen über weite Strecken von EU-Subventionen abhängig. Die reichen aber nicht aus. Polen setzt daher vermehrt auf Public-Private-Partnership-Lösungen (PPP).
Deutsche Unternehmen profitieren auf dem polnischen Markt vor allem mit Nischenprodukten und Spezialwissen. Eine wichtige Funktion zur Aufnahme und Pflege von Kontakten übernehmen dabei Branchentreffs wie die jährlich stattfindende Autostrada-Polska.
Modernisierung dank Teilprivatisierung
Laut des Marktforschungsinstituts PMR plant Polen eine Erweiterung des bestehenden Autobahnnetzes in den kommenden sechs Jahren um mehr als 50%. Zurzeit umfasst das Netz 3.000 km, geplant sind weitere 1.700 km. Jenseits der Autobahnen geht es um den Neubau von über 850 km Betonstraßen. Die maßgeblich für die Auftragsvergabe zuständige polnische Generaldirektion für Landesstraßen und Autobahnen (GDDKiA) verfügt in den kommenden Jahre über einen Gesamthaushalt von 95 Mrd. polnische Złoty, das sind umgerechnet ca. 23 Mrd. Euro (Quelle: PMR 2015). Enthalten sind darin EU-Gelder in einem Umfang von 15 Mrd. EUR (Quelle: GTAI 2014). Weitere, vom Umfang her zumeist kleinere Projekte werden daneben auch von den Ländern (Wojwodschaften) und Kommunen vergeben. Diese fallen für gewöhnlich aber von ihrer Investitionskraft und von ihrem zeitlichen Umfang her eher gering aus. Insgesamt liegt der Anteil an regional vergebenen Bauprojekten bei 20 bis 25% (PMR 2015).
Um die Modernisierungsziele umzusetzen, greift Polen erneut sowohl auf (PPP) als auch auf Konzessionsmodelle zurück. Mit beiden Varianten hat das Land in der Vergangenheit bereits Erfahrung gesammelt. Aktuell lotet die GDDKiA Einsatzmöglichkeiten für einen weiteren Einbezug privater Partner aus. PPP etablieren sich in Polen zusehends als ein Mittelweg zwischen einer Mangelverwaltung dank leerer öffentlicher Kassen und einer harten Privatisierung ehemals öffentlicher Sektoren: Während die Finanzierung von Großunternehmen privatwirtschaftlich unterstützt oder gar gänzlich übernommen wird, sorgt die öffentliche Hand weiterhin für eine dem Allgemeinwohl unterstellte Zielsetzung der Bauprojekte. Auch seitens der Privatwirtschaft wächst das Interesse an solchen Projekten. Neben dem polnischen Generalauftragnehmer Budimex SA ist es vor allem die Strabag SE, die mit Großprojekten am polnischen Straßenbau beteiligt ist. Daneben gibt es immer mehr Infrastrukturfonds, die einen Blick auch auf Polen werfen (GTAI 2014, PMR 2015).
Abhängig von EU-Fördermitteln
Polen muss zukünftig allerdings darauf achten, bei der Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft nicht ausschließlich nach der Regel der niedrigsten Kosten Zusagen an die Privatwirtschaft zu machen. Das hatte bereits 2012 zu zum Teil massiven Problemen beim damaligen Ausbau der Autobahnen und dem Bau des Flughafens Warschau-Modlin geführt: Baufirmen wussten um die Sparpreispolitik des Staates und starteten einen ins Unrealistische gehenden Unterbietungswettbewerb. Die Folge waren nicht nur fehlerhaft verbautes Material in größerem Umfang und der Konkurs mehrerer Unternehmen, sondern auch weitergehende Versuche von Firmen, über Preisabsprachen und Marktaufteilungsstrategien an staatliche Aufträge zu kommen. Die EU reagierte darauf mit starken Kürzungen: Anfang 2013 wurde eine ganze Tranche an EU-Fördermittel zurückgehalten (Bundeszentrale für politische Bildung 2013).
Auch für deutsche Unternehmen, die am polnischen Markt aktiv sind, bleibt die Abhängigkeit des polnischen Straßenbaus von EU-Fördermitteln spürbar. Dass 2013 der EU-Geldhahn vorübergehend zugedreht wurde, ist für einige Unternehmen auch heute noch ein Thema. Die Zusammenarbeit mit polnischen Kunden leidet: „Polnische Firmen üben sich seit 2013 eher in Zurückhaltung bei Neuinvestitionen. Wir erleben außerdem, dass Projekte erst gar nicht zustande kommen, weil die polnischen Kunden von unrealistischen Nachlassforderungen ausgehen“, fasst Oliver Kentischer, Projektmanager bei der August Müller GmbH amp; Co. KG aus Rottweil seine Erfahrungen mit dem polnischen Markt zusammen. Der Hersteller von Steinbruchmaschinen und -anlagen verkauft nun schon mehrere Jahre seine Produkte nach Polen. Auch Wojciech Jachymek, der die August Müller GmbH in Polen vertritt, gibt eine eher skeptische Einschätzung der aktuellen Lage: „Oft entscheiden sich die polnischen Kunden nur für die billigsten Lieferanten. Darunter leidet dann die Produktqualität nicht selten in erheblichem Maße. Außerdem ist das für viele kleinere Firmen ein großer Nachteil. Denen bleibt manchmal nur noch der Konkurs übrig.“
Der August Müller GmbH kommt zugute, dass sie in der Lage ist, mit ihrem Sortiment wichtige Nischen im polnischen Markt zu besetzen. „Aus unserer Perspektive stellt sich der polnische Markt so dar: Rollenroste, Brecher und andere spezielle Maschinen werden in Polen verlangt. Polen importiert vor allem Nischenprodukte, die vor Ort nicht produziert werden“, so Jachymek. Und Kentischer sekundiert: „Nur mit speziellen Bauprojekten und mit gutem technischen Know-how kann man sich auf dem polnischen Markt behaupten. Davon bin ich überzeugt.“
Leitmesse ist wichtiger Branchentreffpunkt
Eine bedeutende Funktion für den Handel zwischen den Ländern nehmen Fachmessen wie die Autostrada-Polska, Internationale Messe für die Straßenbauindustrie, ein, die Mitte Mai bereits zum 21. Mal im zentralpolnischen Kielce stattfindet. Gerade wenn es darum geht, Fachwissen, Nischenprodukte und Sondermaschinen erfolgreich im Nachbarland bekannt zu machen und zu verkaufen, ist eine Präsenz auf einer Messe für viele der in Polen aktiven Unternehmen geradezu verpflichtend.
Die Messe ist nun schon seit mehreren Jahren die Leitmesse der polnischen Branche und von zentraler Bedeutung für Handelsbeziehungen nach Mittel- und Osteuropa. Erwartet werden knapp 500 Aussteller aus über 20 Ländern. Aussteller wie Besucher schätzen die Messe als einen der wichtigsten Treffpunkte zum Austausch von Informationen und zur Kundenpflege in Mittelosteuropa.
Im Zentrum der Ausstellung stehen Anlagen und Schwerlastmaschinen, sonstige Maschinen, Werkzeuge und weitere Materialien zum Bau von Straßen, Brücken, Überführungen, Tunneln und Tankstellen. Straßenschilder, Warnanlagen, Lärmschutzsysteme, Verkehrssicherheitssysteme und weitere Produkte der Straßeninfrastruktur und des Verkehrsmanagements ergänzen das Programm. Außerdem werden wichtige branchenspezifische Umweltschutztechnologien vorgestellt. Zudem sind branchennahe Forschungseinrichtungen, Versicherer, Banken und Leasingunternehmen vertreten.
Als Schirmherr der Messe fungiert neben dem Ministerium für Infrastruktur und Entwicklung die bereits erwähnte Generaldirektion für Nationalstraßen und Autobahnen.
Marc Ziegler
21. Autostrada-Polska
Vom 13. bis 15. Mai findet im zentralpolnischen Kielce die 21. Autostrada-Polska, Internationale Messe für die Straßenbauindustrie, statt. Thematisch deckt die Veranstaltung alle Bereiche der Branche ab. Anlagen und Schwerlastmaschinen prägen das Bild der Ausstellung, bei der viele Geräte auch im Betriebszustand vorgeführt werden. Das Rahmenprogramm bietet zudem Vorträge, Workshops und Seminare sowie moderierte Treffen an. Zudem sind branchennahe Forschungseinrichtungen, Versicherer, Banken und Leasingunternehmen vertreten.
Zusammen mit Autostrada-Polska finden vier weitere Messen statt: Maszbud, die 17. Internationale Messe für Bauanlagen, Baumaschinen und Spezialfahrzeuge, Traffic –Expo-Til, die 11. Internationale Messe für Flughafentechnologie und Infrastruktur sowie Rotra, die 7. Internationale Messe für Straßentransport. Das Programm wird dieses Jahr zum ersten Mal durch die 1. Europarking, Internationale Messe des ruhenden Verkehrs ergänzt.
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