Direkt zum Inhalt
Uhus im Steinbruch 27. September 2021

Refugien für gefiederte Familien

Sowohl in Neuhausen ob Eck als auch in Brigachtal/Klengen konnte die Firma Storz in mehreren Jahren nacheinander Bruterfolge des Uhus erzielen.

Hoch in der Wand des Steinbruchs in Neuhausen ob Eck legen Storz-Mitarbeiter im Jahre 2017 eine Nistmöglichkeit für den Uhu an.
Hoch in der Wand des Steinbruchs in Neuhausen ob Eck legen Storz-Mitarbeiter im Jahre 2017 eine Nistmöglichkeit für den Uhu an.

Seit einigen Jahren brütet die größte Eulen-Art Europas, der Uhu (Bubo bubo), wieder in zahlreichen Abbaustätten in Deutschland. Nachdem er lange bejagt wurde, hat der Bestand aufgrund von Schutzmaßnahmen und durch Auswilderungsaktionen seit Mitte der 1980er Jahre wieder stark zugenommen. Er konnte deshalb von der roten Liste der gefährdeten Arten genommen werden. Der Uhu zählt jedoch nach Bundesnaturschutzgesetz zu den besonders und streng geschützten Arten. Und das hat Folgen.

Lässt sich im laufenden Betrieb nicht stören

Der Uhu nutzt als Brutplatz z.B. die Felsen des Oberen Donautales, aber auch von Menschen geschaffene Steinbrüche. Dabei brütet er sogar häufig in noch in Betrieb befindlichen Gewinnungsstätten. Voraussetzung ist allerdings, dass der unmittelbare Brutbereich nicht gestört wird. Ihm „bekannte“ Geräusche wie vorbeifahrende SKW oder Raupen-Fahrzeuge sowie die Fahrzeuge selbst nimmt er gelassen hin. Seltener auftretende Störfaktoren wie z.B. Menschen können ihn aber auch tagsüber beunruhigen und zum Auffliegen veranlassen. Er ist ein streng nachtaktiver Jäger, der sich tagsüber in Baumkronen oder an Felswänden versteckt. Der Uhu verbringt als sogenannter Standvogel auch die Winter in Deutschland. An der Spitze der Nahrungskette stehend hat er kaum natürliche Feinde. Seine Nahrung kann je nach Lebensraum stark variieren. Oft erbeutet er Säugetiere wie Hasen, Ratten oder Kaninchen. Daneben ernährt er sich von Vögeln wie Tauben oder - wie in Brigachtal - auch von Krähen, aber auch Amphibien und Reptilien können bei ihm auf dem Speiseplan stehen.

Wenn ihm ein Brutplatz gefällt und das Nahrungsangebot es zulässt, nutzt er ihn mehrere Jahre nacheinander – er ist also ziemlich standorttreu. Abbaugenehmigungen interessieren ihn nicht, und das Bundesnaturschutzgesetz gibt ihm dabei auch noch Recht. So geschehen in Neuhausen ob Eck. In den Nebenbestimmungen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung dort ist festgehalten, dass der Brutplatz erst beseitigt werden darf, wenn eine erfolgreiche Brut (mit Ausfliegen der Jungvögel) an einen anderen Brutplatz stattgefunden hat oder wenn der Brutplatz drei Jahre lang nicht genutzt wurde.

Da das Uhu-Pärchen nicht bereit war, freiwillig den genehmigten Abbauabschnitt für seine Brut aufzugeben, wurden ihm unter Anleitung von Uhu-Spezialisten im Oktober 2017 durch Storz-Mitarbeiter zwei Nischen in die benachbarte Felswand geschlagen. Diese nahmen die Vögel allerdings nicht an und blieben lieber weiter im Abbaubereich wohnen, sodass dieser bis letztes Jahr erhalten bleiben musste. Erst 2020 verließ er diesen Bereich und siedelte - wie nicht anders zu erwarten war- innerhalb der genehmigten und noch unverritzten Flächen um. Also bot sich wieder das gleiche Problem. Dort hat er nun im zweiten Jahr (2020 und 2021) nacheinander erfolgreich gebrütet. Die Wand darf nicht abgebaut werden, bis er den Bereich verlassen haben wird.

Anzeige

Anders liegt der Fall in Brigachtal/Klengen, wo ausschließlich verfüllt wird. Dort wurde zum Erhalt des Uhu-Brutplatzes eigens die Rekultivierungsplanung geändert, sodass die Wand für den Uhu mit ihren wichtigsten Ausstattungselementen (nischenreich, mindestens 20 m hoch) auch künftig erhalten bleibt. Seine Flexibilität und Anhänglichkeit hat der Uhu dann 2021 bewiesen, indem er einfach wenige Meter weiter östlich brütete, weil ihm am bisherigen Brutplatz die Auffüllung zu nahe kam. Die „Mutter-Kind“-Aufnahme entstand aktuell am neuen Brutplatz. Dieser soll auch künftig erhalten bleiben.

Lebensraum für seltene Arten

Das Bild von Steinbrüchen als „Wunden in der Landschaft“ hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte deutlich gewandelt. Steinbrüche werden inzwischen auch als Lebensraum für selten gewordene Arten anerkannt. So konnten Abbaustätten wie in Neuhausen ob Eck oder in Brigachtal/Klengen dazu beitragen, dass der Fortbestand des Uhus nicht mehr gefährdet ist. Dies trifft auch für viele andere Tier- und Pflanzenarten zu, die inzwischen ihren Verbreitungsschwerpunkt in Abbaustätten haben (Sekundärbiotope). Die Abbau-Unternehmen haben diese Rolle zunehmend akzeptiert, auch wenn die Umsetzung des strengen Artenschutzes mit teils großen Einschränkungen verbunden ist. Die Verantwortung der Branche für den Artenschutz wird auch in Zukunft weiter an Bedeutung zunehmen. Unternehmer und Planer sind insofern gefordert, Lösungen zu finden, die beides miteinander vereinbaren können. (Matthias Beck)

Zwei Junge im Nest in Brigachtal/Klengen – wahrscheinlich gab es Krähe zum Abendessen.
Zwei Junge im Nest in Brigachtal/Klengen – wahrscheinlich gab es Krähe zum Abendessen.

Passend zu diesem Artikel

Das Gelände des Steinbruchs Gerhausen/Beinigen ist etwa 85 ha groß
Artenvielfalt im Steinbruch

Fast 2 Jahrzehnte liegt ein Steinbruch still. Seit 10 Jahren wird ein Großteil der Fläche beweidet. Zahlreiche seltene Pflanzen und Tiere haben sich mittlerweile angesiedelt. Kim Rohrbach, Agraringenieurin, zeigt eine beispielhafte Bestandsaufnahme.