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Rohstoffbewusstsein entwickeln

Dass Wirtschaft und Biodiversität zu beiderseitigem Vorteil im Einklang stehen können, wurde zum 9. Rohstofftag Sachsen-Anhalt in Merseburg deutlich vermittelt.

Auf Einladung der Industrie- und Handelskammern (IHK) Halle-Dessau und Magdeburg, dem Landesamt für Geologie und Bergwesen (LAGB) und dem Unternehmerverband Mineralische Baustoffe (UMVB) e.V. waren rund 100 Vertreter von Unternehmen und Behörden in den Saal des Ständehauses gekommen. Die Themen reichten von der Rohstoffsituation in Deutschland und Sachsen-Anhalt über neue Wege in der Öffentlichkeitsarbeit der Rohstoffverbände bis hin zu aktuellen rechtlichen Fragen im Zulassungsrecht von Betriebsplänen, der Digitalisierung und dem Anlagenmanagement in der Gewinnung und Aufbereitung, der veränderten Sichtweise auf Baurohstoffe aus der Sicht eines Herstellers von Transportbeton sowie Projekten zur Biodiversität und Naturschutz.

Perspektiven für junge Menschen schaffen

Über Sachinformationen das schlechte Image des Rohstoffabbaus zu verbessern – das sei von Anfang an Anliegen der Rohstofftage Sachsen-Anhalt gewesen, die seit inzwischen 17 Jahren regelmäßig stattfinden, sagte Mike Pinnig, Vizepräsident der IHK Halle-Dessau und forderte mehr Planungssicherheit für die Rohstoffindustrie. „Wir brauchen eine planerische Sicherung für unsere Rohstoffe in Sachsen-Anhalt, sonst funktioniert die Industrie nicht“, bekräftigte Staatssekretär Dr. Jürgen Ude, der dieses aktuelle Thema in Vertretung des Ministers für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung, Prof. Dr. Armin Willingmann, aufgriff. Man stehe auch in Sachsen-Anhalt vor einem tiefgreifenden Strukturwandel und brauche Zeit, damit umzugehen. „Wir müssen die Rohstoffgewinnung aber in der Region halten – auch deshalb, damit unsere jungen Leute eine Perspektive haben und nicht abwandern.“ Das Wirtschaftsministerium habe großes Interesse, diesen Themenkreis einschließlich der Biodiversität mit der Industrie zu diskutieren, so Ude.

„Sachsen-Anhalt ist gut mit oberflächennahen Rohstoffen ausgestattet.“ Dabei könne der Stand für die kurz- und mittelfristige Rohstoffversorgung des Landes trotz zunehmender konkurrierender Flächennutzung beispielsweise durch den Anbau von Mais und Raps sowie die Errichtung von Windkraftanlagen als ausreichend eingeschätzt werden, berichtete Dr. Christoph Gauert vom Landesamt für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt (LAGB). „Jetzt gilt es, dieses Niveau zu halten, denn ohne eine einheimische Rohstoffgewinnung ist eine nachhaltige Bauwirtschaft nicht realisierbar.“ Hier sei auch die Politik gefragt, da zunehmend der Widerstand gegen die Rohstoffgewinnung wachse und sich Genehmigungsverfahren aufgrund von Einwendungen durch Bürgerinitiativen teilweise sehr in die Länge ziehen. Mit einer Rohstoffstrategie für das Land Sachsen-Anhalt und einem politischen Bekenntnis zur Nutzung heimischer Rohstoffe könnten die Rahmenbedingungen verbessert werden.

Betontechnologische Möglichkeiten nutzen

„Die Zeiten des unbeschränkten betontechnologischen Luxus sind vorbei“, führte Ingo Lothmann von der Heidelberger Beton GmbH das Thema knapper werdender Betonzuschlagstoffe wie Sand und Kies fort. „Ist es noch zeitgemäß, dass sämtliche für die Produktion von Beton zu verwendenden Ausgangsstoffe allerhöchsten Ansprüchen genügen müssen?“ Wegen der Erschöpfung von Lagerstätten und fehlender Anschlussgenehmigungen müssten die derzeit geforderten Gesteinskörnungen über zunehmend längere Transportstrecken verfrachtet werden, gab Lohmann zu bedenken. Drastisch steigende Frachtkosten sowie CO2-Emissionen für den Transport seien die unerwünschte Folge. Dazu komme die angedachte Besteuerung von CO2, die den Kostendruck weiter erhöhen wird. Vorhandene Gesteinskörnungen und andere Betonzuschlagstoffe selektiv zu verwenden, sei prinzipiell bereits heute möglich und regelkonform umsetzbar, erfordere aber ein Umdenken. Dazu zähle auch der konsequente Einsatz von rezykliertem Material. So habe ein Forschungsvorhaben des Bundesverbandes der Deutschen Transportbetonindustrie ergeben, dass bei Betonversuchen sowohl im Labor als auch in der Praxis mit „grenzwertigen“ Gesteinskörnungen durchaus Betone „ohne Auffälligkeiten“ in der Prüfung hergestellt werden können. Hier gelte es, die betontechnologischen Möglichkeiten besser zu nutzen.

Best-Practice-Beispiel

„Es ist uns als Verband im vergangenen halben Jahr gelungen, das Thema „Rohstoffknappheit und Bedeutung heimischer Baurohstoffe in den Medien gut zu platzieren“, berichtete UVMB-Geschäftsführer Bert Vulpius. In der täglichen Arbeit des Verbandes habe die Vermittlung der Bedeutung heimischer Baurohstoffe eine zentrale Bedeutung. Der Bürger erkenne im Allgemeinen nicht den volkswirtschaftlich notwendigen Bedarf. Dies war auch der Ausgangspunkt für den neuen Branchenfilm der Gesteinsindustrie „1 Kilogramm Steine pro Stunde“, der nicht als klassischer Lehrfilm, sondern in witziger und amüsanter Art mit authentischen Darstellern das Thema „Bedarf an heimischen Baurohstoffen“ transportiert. Mit dem Film sei es auch gelungen eine markante Botschaft auszusenden, die dazu geführt habe, dass Journalisten aus dem mitteldeutschen Raum Steinbrüche und Kiestagebaue vor Ort besucht und über die Branche und ihre Tätigkeit berichtet haben. In der Entwicklung eines Rohstoffbewusstseins sieht der Verband eine wichtige Aufgabe seiner Arbeit, sagte Vulpius. Dabei unterstütze er seine Mitglieder mit einem umfangreichen Angebot an Info-Medien in allen Bereichen rund um das Thema Rohstoffe. Zu Geologie und Gesteinen, Biodiversität, Technik sowie Berufsausbildung bis hin zu Hinweisen und Empfehlungen für Projekttage mit Schulklassen hält der UVMB umfangreiche Materialien vor.

Artenschutz und Rohstoffgewinnung sind miteinander vereinbar, so lautet auch das Fazit von Diplombiologe Oliver Fox, Referent für Umwelt und Biodiversität beim UVMB. Jedoch seien wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für das Unternehmen und die Herausforderungen des Artenschutzes bei der Umsetzung zu beachten. „Gehen Sie hier im Vorfeld des Genehmigungsverfahrens auf die zuständigen Behörden zu und sprechen Sie vorher alles ab.“ Das könne durchaus unnötige Arbeit sparen, rät Fox. Oft sei auch externer Sachverstand sehr hilfreich. Hier biete der UVMB seinen Mitgliedern Unterstützung an. Ein Beispiel sei die Ökologische Baubegleitung, die bei der Umsetzung von Planungen hilft, die Belange des Artenschutzes zu berücksichtigen.

Fox berichtete auch über erfolgreiche Kooperationen mit dem Naturschutz. ,,Ein „Muss“ seien dabei auf beiden Seiten Flexibilität, Kompromissbereitschaft und eine frühe Kommunikation von Problemen.

Gut funktionierende Kooperation

Eine dieser gut funktionierenden Kooperationen in Thüringen stellte Felix Pokrant, Leiter der Natura 2000-Station „Auen, Moore, Feuchtgebiete“ vor. Das Projekt zur naturschutzfachlichen Beratung von Abbauunternehmen zum Amphibien- und Reptilienschutz betrifft die gesamte Landesfläche Thüringens. Beteiligt daran sind die Naturschutzbehörden, das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN), das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) sowie der UVMB.

„Die Zusammenarbeit mit dem UVMB ist für uns ein absoluter Glücksfall.“ Wenn man mit diesem Partner in Unternehmen gehe, sei vieles einfacher als wenn man als Naturschützer nur allein auftrete, berichtet Pokrant. Auch die Politik habe inzwischen die Bedeutung des landesweiten Projekts zum Schutz von Amphibien- und Reptilien erkannt. Derzeit arbeite man an einer Rahmenvereinbarung zum Thema „Artenschutz im aktiven Abbau“ - ein Wunsch der Referate Artenschutz und Bergbau im TMUEN, so Pokrant.

Marcus Leonhardt, Werkleiter der Heidelberger Sand & Kies GmbH, schilderte positive Beispiele zu Biodiversität und Kiesabbau aus seinem Wirkungsbereich in den Ländern Sachsen-Anhalt und Berlin-Brandenburg. Dazu zählen gemeinsame Projekte mit Schulen, die im konzerninternen Wettbewerb „Quarry Life Award“ viel Anerkennung fanden und mit hohen Preisgeldern gewürdigt wurden. „Diese Zusammenarbeit wurde in der Öffentlichkeit sehr positiv aufgenommen. Schüler, Lehrer, Eltern und Anwohner lernten so unseren Abbau und die Vielfalt der Natur auf den abgebauten Flächen kennen.“ Nicht zu unterschätzen sei bei dieser Öffentlichkeitsarbeit, den Bürgern sichtbar zu vermitteln, dass Kiesgewinnung nicht Zerstörung und Artenverlust heißt. An vielen Standorten lasse sich eindrucksvoll nachweisen, dass die Artenvielfalt bereits während des Kiesabbaus die vor der bergbaulichen Nutzung übertrifft.

Im Anschluss an den Vortragsteil führte Thomas Jung, Geschäftsführer der Mitteldeutschen Baustoffe GmbH führte durch den Lagerstättenbereich Wallendorf/Schladebach. Der großflächig renaturierte und rekultivierte Bereich Wallendorf ist heute als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Er hat insbesondere eine hohe Bedeutung für die heimische Avifauna. Rohrweihe, Eisvogel, Bienenfresser, Uferschwalbe und Neuntöter sind nur einige Arten, die das naturschutzfachliche Potenzial von bergbaulich genutzten Flächen darstellen.

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