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bauma 2022

Show must go on

Corona scheint der bauma dieses Mal keinen Strich durch die Rechnung zu machen. Und so dürfen wir uns wohl auf das kommende Baumaschinen-Spektakel freuen, es sei denn, ein Vulkan bricht aus.

Auf der kommenden bauma wird sicherlich so manches Selfie entstehen.

Erinnern Sie sich an das Jahr 2010? Am 20. März – gut vier Wochen vor Messebeginn – waren die Aufbauarbeiten hinsichtlich der globalen Finanzkrise in vollem Gange, als relativ unbemerkt vom Rest der Welt im Süden Islands in 2.678 km Entfernung ein Vulkan ausbrach. Dieser Vulkan, der sich unter dem Eyjafjallajökull, dem mit 1.651 m sechsthöchstem Gletscher Islands befindet, hatte sich seit 1823 weitgehend ruhig verhalten. Im Normalfall haben Vulkanausbrüche lediglich lokale Auswirkungen und so war es auch bei den ersten Eruptionen des Eyjafjallajökull. Die des 14. April hatte jedoch globale Folgen. Das heiße Magma, das auf eine eisige Gletscherschicht traf, verursachte eine extreme Aschewolke, die sich aufgrund nordwestlicher Großwetterlagen vom Nordatlantik über weite Teile Europas verteilte. Aus Sicherheitsgründen wurden Flugverbote erlassen, ein Flughafen nach dem anderen stellte den Betrieb ein, mehr als 100.000 Flüge fielen aus. Vom 16. bis 21. April ging auch am Flughafen München nichts mehr, allein hier wurden 6.500 Flüge gestrichen.

Witzchen machten die Runde

Zigtausende Menschen, die sich auf dem Weg zur bauma befanden, strandeten irgendwo in Europa oder in anderen Kontinenten. Einige Stände blieben bis zum Ende der bauma verwaist und Messeteilnehmer, die nach tagelangen Odysseen mit Mietwagen, Bahn oder Bus die Messe doch noch erreichten, wurden beklatscht wie Helden. Die Aufbruchsstimmung der Branche nach den schwierigen Jahren hatte einen ziemlichen Dämpfer erhalten, das Wort „Katastrophe“ war immer wieder zu hören und manch einer übte sich in Galgenhumor. An mehreren Ständen kursierte der Witz „Erst verbrennen die Isländer ihr Geld und jetzt schicken sie uns auch noch die Asche“. Mit 415.000 Besuchern erlebte die bauma gegenüber der Vorgängerausgabe ein Minus von 17 %. Auch Hoteliers, Gastronomen, Taxiunternehmer oder Bordellbetreiber in München und dem weiteren Umland klagten über deutliche Umsatzeinbußen. Jetzt haben wir Corona, Krieg und eine Energiekrise. Eines ist sicher: Witze wird es keine geben, ebenso wenig wie Besucherrekorde. Freuen wir uns also auf eine eher verhaltene bauma, die sich dieses Mal auf folgende Leitthemen  konzentrieren wird.

Hoher Besuch auf hohem Gerät: Sicherlich lässt sich auch Markus Söder wieder auf der bauma 2022 blicken.

Perspektiven für einen nachhaltigen Bergbau

Der Bergbau der Zukunft soll zuverlässig, effizient und nachhaltig sein. Beim bauma TALK beleuchteten Fachleute aus Wissenschaft, Normengebung und Industrie wichtige Aspekte zu diesem Anspruch. Dabei arbeitete Prof. Dr.-Ing. Elisabeth Clausen, die Leiterin des Institute for Advanced Mining Technologies an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen, eine der zentralen Rahmenbedingungen für den Bergbau der Zukunft heraus. „Um den Übergang zu einer grüneren und möglichst CO2-freien Gesellschaft und Wirtschaft zu schaffen, werden sehr große Mengen an Metallen und mineralischen Rohstoffen benötigt. Da dieser Bedarf bis auf absehbare Zeit bei Weitem nicht allein durch Recycling gedeckt werden kann, kommt einem nachhaltigen und leistungsfähigen Bergbau eine Schlüsselrolle zu“, so die Professorin. Für die Gestaltung des Bergwerks der Zukunft sieht sie drei Haupttrends: Automatisierung, Digitalisierung und Elektrifizierung. Diese müssen nach ihren Worten Hand in Hand gehen, um ihr volles Potenzial zu entfalten. Für die Entwicklung der benötigten Innovationen unterstrich Prof. Clausen in ihrem Vortrag die Bedeutung einer engen Kooperation zwischen Wissenschaft und Industriepartnern. Als Beispiel hierfür nannte sie das europäische H2020-Projekt NexGen SIMS (Next Generation Carbon Neutral Pilots For Smart Intelligent Mining Systems). Bei diesem breit angelegten Demonstrationsvorhaben arbeitet ihr Institut gemeinsam mit zahlreichen Ausrüstern und Betreibern sowie weiteren Forschern und Forscherinnen an kohlenstoffneutralen, autonomen Bergbauprozessen.

Standards für einen verantwortlichen Bergbau entwickeln

Ein weiterer wichtiger Faktor für den zukünftigen Rohstoffabbau ist dessen gesellschaftliche Akzeptanz. „Dazu müssen Standards entwickelt werden, die sicherstellen, dass im Sinne der Bergbauunternehmen, der Umwelt und der örtlichen Bevölkerung die bestverfügbaren Methoden eingesetzt werden“, erläuterte Christophe Didier. Der Direktor für Georessourcen bei dem französischen geologischen Dienst BRGM ist Vorsitzender des im Jahr 2015 gegründeten Komitees ISO/TC 82/SC 7. Dieses beschäftigt sich bislang mit dem Schaffen von internationalen Standards für die Stilllegung von Bergwerken und das Rekultivierungsmanagement. „Heute stehen wir vor der Herausforderung, dieses Spektrum zu einem insgesamt verantwortlichen Bergbau zu erweitern“, berichtete Didier. Damit verbunden wäre eine deutliche umfassendere Agenda. „Ziel ist es, die Auswirkungen des Bergbaus zu minimieren und den Nutzen für die Akteure zu optimieren. Und zwar über den gesamten Lebenszyklus eines Bergwerks hinweg – von der Erkundung bis zur Schließung“, verdeutlichte der Experte. Über die entsprechende Neustrukturierung des Komitees soll bis zum Ende dieses Jahres entschieden werden.

Die Digitalisierung wird wieder bestimmendes Thema der nächsten bauma sein.

Messeneuheiten unter Strom

Um im Sinne des Klimaschutzes Treibhausgasemissionen zu reduzieren, werden immer mehr Baumaschinen und -fahrzeuge mit elektrischem Antrieb entwickelt. Weitere Vorteile befeuern diesen Trend. So sind E-Motoren geräuscharm, was sie für Arbeiten an lärmsensiblen Orten empfiehlt – beispielsweise in der Nachbarschaft zu Krankenhäusern oder auf innerstädtischen Baustellen. Ferner schützen sie die Bedienerinnen und Bediener wie auch die Umgebung vor lokalen Abgasen. So sind viele Arbeitsschritte auch in gering belüfteter Umgebung problemlos möglich. Ein weiterer Pluspunkt: Elektromotoren gelten als wartungsarm und effizient. Damit sorgen sie für niedrige Betriebs- und Energiekosten. Folgerichtig ist „Der Weg zur Null-Emission“ auch eines der Leitthemen der diesjährigen bauma. Schon jetzt haben etliche Aussteller für die Schau brandneue E-Lösungen angekündigt.

Dazu zählt die erste akkubetriebene reversierbare Vibrationsplatte mit Direktantrieb. Bei der APU3050e des Herstellers Wacker Neuson erfolgt der Fahrtrichtungswechsel über die bewährte hydraulische Verstellung wie bei konventionellen Modellen. Die Maschine mit einer Arbeitsbreite von 50 cm und einer Zentrifugalkraft von 30 kN zeichnet sich durch ihre gute Führbarkeit aus und ist durch die niedrigste Bauhöhe aller reversierbaren Vibrationsplatten auf dem Markt auch für den Einsatz in engen Gräben bestens geeignet. Emissionsfrei mit E-Tandemwalzen verdichten Dort, wo in noch größerem Maßstab emissionsfrei verdichtet werden soll, können künftig elektrisch angetriebene Tandemwalzen eingesetzt werden. Als Weltpremiere präsentiert die Hamm AG auf der bauma dazu acht Modelle der Serie HD CompactLine. Bei diesen kommt der Strom von einem wartungsfreien Lithium-Ionen-Akku mit einer Kapazität von rund 23 kWh. Darüber hinaus wird die beim Bremsen freigesetzte Energie der Fahr- und Vibromotoren über Rekuperation genutzt. Die Kapazität des Akkus reicht für einen ganzen Arbeitstag. Der E-Antrieb reduziert auch die Schallemissionen drastisch. Damit sind die E-Tandemwalzen geeignet für alle Bereiche, in denen besonders leise verdichtet werden soll. Weil in solchen Umgebungen oft auch eine niedrige Vibrationsbelastung gefordert ist, stellt der Verdichtungsspezialist neben E-Vibrations- und Oszillationswalzen auch eine E-Kombiwalze mit Oszillation vor.

Auf der Messe in München werden zahlreiche Baumaschinen mit E-Antrieb zu sehen sein.

Noch im Konzeptstatus ist der T7X, der erste vollelektrische Kompaktlader der Welt. Dessen Hersteller Bobcat will die bauma dazu nutzen, um weiterhin Kundenfeedback aus verschiedenen Bereichen zu sammeln. Ziel ist es, die Marktchancen der Maschine in Europa, dem Nahen Osten und Afrika noch besser einschätzen zu können. Mit seinem 62 kWh starken Lithium-Ionen-Akkupack kann der T7X vier Stunden im Dauerbetrieb arbeiten. Seine fahrbare Nutzlast beträgt knapp 1.400 kg. Im Unterschied zu allen anderen Ladern der Welt benötigt die Innovation praktisch keine Flüssigkeiten: Bobcat hat die traditionelle hydraulische Arbeitsgruppe vollständig durch ein elektrisches Antriebssystem ersetzt, das aus elektrischen Zylindern und elektrischen Antriebsmotoren besteht. Die einzige Flüssigkeit, mit der die Maschine befüllt wird, sind rund vier Liter umweltfreundliches Kühlmittel.

Mit dem iONTRON eMischer von Putzmeister kann in Zukunft auch der Betontransport vollelektrisch vonstattengehen. Die Batterie des Fahrzeugs hat eine Leistung von 350 kWh. Damit reicht eine Akkuladung für fünf bis sechs Touren im urbanen Bereich – also in der Regel für einen ganzen Arbeitstag. Sind mehr Einsätze geplant, kann einfach zwischengeladen werden. Die volle Energie holt sich der Mischer über Nacht durch die Aufladung an einer DC-Ladesäule zurück. Sein nahezu lautloser Fahrbetrieb ermöglicht einen uneingeschränkten Einsatz auch dort, wo strenge Lärmschutzauflagen gelten – ein bedeutender Wettbewerbsvorteil bei Ausschreibungen in Ballungsgebieten. Steigende Preise für fossile Brennstoffe machen den E-Antrieb zudem zu einer auch sparsamen Alternative. Weitere Aussteller haben zwar neue E-Maschinen bereits angekündigt, wollen aber erst auf der bauma selbst „die Katze aus dem Sack lassen“. Dazu gehört das Nachfolgemodell des allradgelenkten elektrischen Radladers 5055e der Kramer-Werke GmbH. Außerdem verspricht das Unternehmen als Neuheit einen ETeleskoplader – ohne jetzt schon weitere Details zu verraten. 

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