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Stimmungsbild 30. März 2020

So geht´s der Steine- und Erdenindustrie in der Corona-Krise

Am Freitagnachmittag haben wir eine kleine Blitzumfrage unter Herstellern, Betrieben und Verbänden gestartet. Wir wollten wissen: Wie geht es der Branche in der Krise?

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Die Bundesbauvorhaben laufen weiter und die öffentliche Hand muss trotz Corona pünktlich zahlen. Das hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) vorgeschrieben – Corona-Krise hin oder her. Vielleicht ist dies der Grund dafür, warum wir von Betrieben der Steine- und Erdenindustrie im Rahmen einer nicht repräsentativen Umfrage gar nicht soviel Negatives zu hören bekommen haben, wie erwartet. Aus den Unternehmen, die wir telefonisch erreichen konnten, hieß es, es werde (noch) wie bisher produziert. Auch Stimmen, dass man sich gerade vor Aufträgen nicht retten könne, sind zu vernehmen. Um die hygienischen Vorgaben einzuhalten, werde die Mannschaft, dort wo es geht und wo es notwendig ist, ausgedünnt. Da in der Rohstoff-Produktion und am Bau aber ohnehin entzerrt gearbeitet werden kann, scheint das „Social-Distancing“ kein großes Problem für die Unternehmen zu sein. Die Kunden würden verständnisvoll reagieren, seien jedoch besorgt, ob Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Lieferungen getroffen werden.

In den Verbänden scheint es derzeit auch recht ruhig zuzugehen. „Mich will derzeit niemand sehen, weder die Unternehmen, noch die Ministerien“, erklärt vero-Hauptgeschäftsführer Raimo Benger. Bisher kämen lediglich vermehrt Anfragen zum Kurzarbeitergeld. Vom Bayerischen Industrieverband BIV erreicht uns die Meldung, dass die Lieferfähigkeit mit mineralischen Baustoffen in Bayern gesichert seit. "Solange in Bayern auf den Baustellen gearbeitet und somit auch Baustoffe benötigt werden, stellt die bayerische Bau- und Rohstoffindustrie die Versorgung sicher. Zum Teil werden allerdings die Belegschaftsstärken heruntergefahren", erklärt Dr. Bernhard Kling, Geschäftsführer Bauen im BIV. Der Vorteil der Rohstoffgewinnung sei, dass die Produktion, aber auch der Vertrieb mit relativ geringer Belegschaft umsetzbar ist. Dennoch ist die Anmeldung von Kurzarbeit durchaus ein wichtiges Thema in den Unternehmen. "Was derzeit nicht mehr geht, ist der Ab-Werk-Verkauf an private Kunden, die ihre Freizeit natürlich gerne nutzen würden, um das eine oder andere in Eigenarbeit in Haus und Garten zu richten", berichtet Dr. Kling.

Dagmar Marek-Pregler (Arbeitsrecht und Tarifpolitik im BIV) ergänzt: "Die bayerischen Betriebe der Bau- und Rohstoffindustrie sehen die Situation im Moment noch gelassen, bereiten sich jedoch auf Kurzarbeit vor. Die Befürchtung, dass es so kommen könnte, ist da." Fehlendes Personal sei derzeit ein Unsicherheitsfaktor. Zum einen bindet die Kinderbetreuung berufstätige Eltern, zum anderen machen Ausreiseverbote in Polen und Tschechien die Situation im Fertigungsbereich nicht einfacher. "Vielen bereitet Sorge, dass Baustellen geschlossen werden könnten; entweder wegen Zulieferproblemen z.B. beim Stahl, fehlenden Arbeitskräften oder weil es behördlich angeordnet werden könnte",betont Marek-Pregler.

Die Landesverbände geben sich große Mühe, um die Verbandmitglieder in der Krise zu unterstützen. Wichtig sei in diesen Zeiten, die Schutzmaßnahmen für die Mitarbeiter vor dem Virus gut zu dokumentieren. Die Verbandsmitglieder werden über Rundschreiben zu arbeits- und vertragsrechtlichen Themenstellungen wie z.B. über das Kurzarbeitergeld regelmäßig informiert. Sehr gute und übersichtliche Informationen für diese Branche sind auch unter https://www.vero-baustoffe.de/presseportal/coronavirus zu finden.

Homeoffice-Lösungen derzeit stärker gefragt

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Die Corona-Pandemie und das damit verbundene Kontaktverbot sind auch bei der Praxis EDV-Betriebswirtschaft- und Software-Entwicklung AG im thüringischen Pferdingsleben angekommen. „Zum Glück haben wir aber derzeit keine Ausfälle durch Infektionen“, freut sich Geschäftsführer Uwe Wirth. „Homeoffice“ sei bereits seit längerer Zeit ein wichtiges Thema, so dass man hier gut vorbereitet sei. Etwa 80 % der insgesamt 31 Mitarbeiter würden derzeit von zu Hause aus arbeiten. „Durch ein bereits 2008 eingeführtes eigenes Archivsystem stehen hier alle Daten und Unterlagen jedem ständig zur Verfügung.“ Teambesprechungen würden derzeit vermehrt über Skype durchgeführt, so Wirth. Das treffe ebenfalls auf Akquisitions- und Kundengespräche zu. Bei Softwareinstallationen müsse niemand mehr in die Unternehmen fahren. „Das können wir komplett von Pferdingsleben aus machen“, so Wirth. Auch bei der Einweisung habe man auf die aktuelle Situation reagiert. Musste früher ein Mitarbeiter dazu an zwei Tage zu je acht Stunden vor Ort sein, wird das jetzt online gemacht. Dazu habe man kurzfristig ein Schulungskonzept entwickelt, welches an vier Tagen zu je vier Stunden die wichtigsten Inhalte effektiv vermittelt. „Keine Anfahrts- und Übernachtungskosten für unsere Kunden, 80 % weniger Fahrtzeit für unsere Mitarbeiter und natürlich eine Einsparung von CO2“, sieht Wirth hier eine positive Entwicklung - auch für die Umwelt. Das setze sich bei der Wartung, Updates und Optimierungen fort. Fernwartungssoftware und Teamviewer würden hier schon seit Jahren genutzt. Insgesamt habe man durch diese Stresssituation einige Erfahrungen gewonnen, die auch später die Arbeit beeinflussen würden.

Verstärkte Nachfragen gebe es aktuell zur Einrichtung von Homeoffice-Lösungen für bereits vorhandene Systeme. Ganz vorn stehe dabei die ERP-Software WDV 2020“, so Wirth. Das setze sich bei anderen Bereichen wie der Archivierungsintegration für Ein- und Ausgangsbelege, Lieferscheinen, Ein- und Ausgangsrechnungen und dem Rohstoff Einkauf fort.

Service wird aufrechterhalten

Auch in Österreich machen Brecherhersteller wie die Rockster Austria International GmbH das Beste aus der Krise. „Wir haben unseren Betrieb offiziell von 17. bis 31. März geschlossen. Ab dem 1. April beginnen wir in der Produktion mit zwei Gruppen, die sich wöchentlich abwechseln. Im Büro konnten für zwei Drittel unserer Angestellten ein Home-Office eingerichtet werden, die anderen wechseln sich im Büro ab“, berichtet Rockster-CEO Wolfgang Kormann.

Natürlich gebe es derzeit keine persönlichen Kundenbesuche. „Hier müssen wir Rücksicht nehmen. Man darf aber auch den Kundenkontakt nicht verlieren, darum bemühen sich unsere Mitarbeiter mit elektronischen sowie telefonischen Kontakten in Verbindung zu bleiben.“

Wenn Kunde es wünschen, liefert Rockster Bestellungen aus, allerdings kann das Unternehmen derzeit keine Einschulung für die Maschinen anbieten. Die Kunden würden verständnisvoll reagieren, erwarten jedoch eine rasche Ersatzteilversorgung. Dafür hat Rockster einen eigenen Ersatzdienst eingerichtet. Es habe auch schon einige Stornos gegeben. „Aber die meisten Kunden, die in den Problemländern leben, ersuchen um Aufschiebung der Lieferung, bis sich die ganze Situation wieder normalisiert hat“, sagt Kormann.

Von Infektionsfällen hat uns kein Unternehmen berichtet, auch der österreichische Brecherhersteller SBM ist nicht betroffen. „Viele Mitarbeiter sitzen jetzt im Home-Office und dort, wo dies nicht machbar ist, haben wir die Arbeitsplätze so umgestaltet, dass ein entsprechender Sicherheitsabstand gegeben ist.“ Wo auch das nicht möglich ist, haben wir einen Schichtbetrieb eingeführt, der keine Überschneidungen zulässt und somit das Risiko einer Ansteckung minimiert. Bei Montage- oder Reparatureinsätzen werden nicht dringende Arbeiten verschoben. „Bei dringenden Arbeiten und dort, wo von uns ein Mitarbeiter alleine mit seinem Fahrzeug anreisen kann und dies ohne Hotelaufenthalt in einem Tag möglich ist, werden wir versuchen, diese zu erledigen“, teilte SBM mit. Die Ersatz- und Verschleißteilversorgung werde aber in gewohnter Weise bestmöglich beibehalten.

Auch bei Zeppelin gibt man sich in den Zeiten des Corona-Virus alle Mühe, für Kunden und Geschäftspartner den von Zeppelin gewohnten Service aufrechtzuerhalten. „Viele unserer Mitarbeiter arbeiten inzwischen im Homeoffice oder wechseln sich tageweise mit Kollegen im Büro ab, das funktioniert erstaunlich problemlos“, berichtet Zeppelin-Unternehmenssprecher Klaus Finzel. Bestellte Maschinen würden ausgeliefert, außer der Kunde möchte warten. „Im Service läuft alles wie gewohnt, außer, der Kunde wünscht keinen Besuch. Auch die Ersatzteillogistik läuft ohne Probleme.“

Metso Corporation hat zusätzliche Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen eingeführt, um den Betrieb fortzusetzen. "In den letzten Wochen und Tagen haben wir erlebt, wie sich der Ausbruch von COVID-19 rasch auf unsere Arbeitsumgebung auswirkt. Unser Hauptanliegen gilt der Gesundheit und Sicherheit unserer Mitarbeiter, Kunden und Partner. Unter diesen besonderen Umständen geben wir unser Bestes, um unsere Kunden während dieser außergewöhnlichen Zeiten zu unterstützen," sagt Pekka Vauramo, Präsident und Geschäftsführer von Metso Corporation.

Ein Blick in die Zukunft

Auf die Frage, ob sich die derzeit noch positive Nachfrage nach Baustoffen fortsetzt, mag aus den Betrieben der Steine- und Erdenindustrie keiner so recht antworten. „Es sollte nicht überraschend sein, dass die Nachfrage – und dann etwas verzögert auch die Produktion – einbrechen wird“, sagt ein Branchenkenner.

„Es wird sicher Umsatzeinbußen geben, die tatsächliche Frage ist für mich aber, wie sehr sich diese Krise auf den Finanzmarkt auswirkt“, sagt auch Rockster-CEO Kormann. „Gibt es da gravierende Einbußen, trifft das die gesamte Wirtschaft und dann können wir nur hoffen, dass diese Krise nicht schlimmer ausfällt wie die in den Jahren 2008-2009.“ Und aus dem Hause Zeppelin heißt es zum Thema Zukunft: „Bis vor kurzem hatten wir noch das gewohnte Auftragsvolumen, registrieren jetzt aber eine noch nicht quantifizierbare Abnahme. Natürlich müssen wir mit Umsatzeinbußen rechnen, für eine Aussage ist es aber noch zu früh.“ Alles hänge davon ab, wie lange die Beeinträchtigungen dauern und ob es danach eventuell auch einen Nachholeffekt gebe. Fazit: Uns bleibt also nichts anderes übrig als abwarten und beim Tee trinken gesund bleiben.

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