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Archiv 18. August 2015

Solar-Fahrradweg in Holland überzeugt

Nach sechs Monaten Praxistest ziehen die Betreiber des ersten Solar-Fahrradweges der Welt eine erfolgreiche Bilanz: Die 70 m lange SolaRoad in den Niederlanden hat über 3.000 kWh Strom erzeugt. Das reicht aus, um einen Singlehaushalt ein volles Jahr mit Energie zu versorgen.

Der unscheinbare Fahrradweg im niederländischen Stadtteil Krummenie in der Gemeinde Zaanstad, etwa 25 km nördlich von Amsterdam, ist gerade mal 70 m lang und besteht aus Solarzellen. SolarRoad wurde im November 2014 offiziell vom Wirtschaftsminister der Niederlande, Henk Kamp, eingeweiht. Die SolarRoad hat in den ersten sechs Monaten über 3.000 kWh Strom geliefert.

„Wenn wir das auf eine Jahresausbeute hochrechnen, erwarten wir mehr als die 70 Kilowattstunden pro Quadratmeter, die wir im Laborstadium als Obergrenze geschätzt haben“, freut sich SolaRoad-Sprecher Sten de Wit. „Das reicht, um einen Singlehaushalt ein Jahr lang mit Strom zu versorgen.“

Anders gerechnet reicht der Stromertrag der ersten sechs Monate aus, um mit einem Elektroroller die Erde gleich 2,5 Mal zu umrunden. Das ist beachtlich, zumal die Testphase in den wenig sonnenreichen Wintermonaten begonnen hat. Es ist daher zu erwarten, dass der Stromertrag über die Sommermonate noch deutlich angestiegen ist.

Die SolaRoad besteht aus rechteckigen Betonmodulen, die jeweils 2,5 x 3,5 m messen. In diese Module sind Silizium-Solarzellen eingebettet. Eine Schicht aus Sicherheitsglas deckt die Module ab. Darüber befindet sich noch einmal eine Schicht aus Sicherheitsglas, deren Oberfläche aufgeraut ist, um die Sturzgefahr zu reduzieren. Berührungsängste mit der Fahrbahn aus Glas haben die fahrradaffinen Holländer nicht. Im sechsmonatigen Testzeitraum befuhren bereits 150.000 Fahrradfahrer die SolaRoad.

Direkt neben der Fahrbahn aus Glas verläuft eine zweite Fahrspur, die keine Solarzellen enthält. Sie dient für Experimente mit verschiedenen Oberflächenbeschichtungen. Diese Experimente sind auch nötig. Denn bereits Ende Dezember 2014 begann sich ein Teil der SolaRoad-Beschichtung zu lösen. Verantwortlich dafür waren laut Hersteller die starken Temperaturschwankungen im Winter. Eine deutlich verbesserte Beschichtung haben die Macher bereits entwickelt.

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Auch wenn Solarzellen als Straßenbelag nicht optimal zur Sonne ausgerichtet werden können und sie deshalb etwa um ein Drittel unter ihrem Potenzial bleiben, es gibt erste Ansätze für Solarstraßen. „Wir wollen Straßen in Solarkraftwerke verwandeln”, sagt Donald Müller-Judex, Gründer des Startups Solmove aus Herrsching am Ammersee, “und damit der Fotovoltaik ganz neue Flächen erschließen.” Möglich machen soll das ein Solarmodul, über das sogar Lastwagen rollen können, ohne es zu zerstören. Es besteht aus 8 x 8 cm großen Fliesen aus einem besonders bruchsicheren Spezialglas, in dem Solarzellen eingelassen sind. Ein Netz verbindet hunderte der Fliesen zu einem Teppich – und leitet auch gleich den Strom weiter, den die Solarzellen erzeugen. Der Solar-Teppich lässt sich industriell vorfertigen und auf der Straße bequem ausrollen. Auch bestehende Straßen sollen sich so zu Solaranlagen aufrüsten lassen. Dazu will Solmove den Fotovoltaik-Teppich mit einem speziellen Gummiasphalt auf der Straße festkleben. Im Labor hat das Glas des Gründers bereits Belastungstests überstanden. Mindestens 25 Jahre soll die Fotovoltaik-Fahrbahn durchhalten. Bisher existiert allerdings nur ein Labormuster der befahrbaren Solarzellen, in etwa so groß wie ein DIN-A3-Blatt. Doch Müller-Judex plant, bis Sommer 2017 einen Parkplatz in der Gemeinde Inning am Ammersee mit seiner Erfindung zu pflastern. Dazu hat er namhafte Entwicklungspartner gewonnen, darunter zwei Fraunhofer-Institute, die RWTH Aachen, die Bundesanstalt für Straßenwesen und das Forschungszentrum Jülich. Die Weiterentwicklung der Zellen wird die Ausbeute der Solarzellen, die Griffigkeit der Fahrbahn sowie die Integration von Beleuchtung betreffen.

Im Video (Holländisch mit englischen Untertiteln) kommen alle Beteiligten zu Wort.

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