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Archiv 16. Oktober 2017

Stolperfallen beim Einsatz von Fremdpersonal

Seit 1. April 2017 gelten bei der Vermittlung von Leiharbeitern und Selbstständigen verschärfte Vorgaben. Rebekka De Conno, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei WWS in Mönchengladbach, benennt die Stolperfallen.

Vermeiden Sie Fehler beim Einsatz von Fremdpersonal!
Vermeiden Sie Fehler beim Einsatz von Fremdpersonal!

Das reformierte Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) soll missbräuchlichen Praktiken beim Einsatz von Fremdpersonal einen Riegel vorschieben. Es regelt sowohl die Arbeitnehmerüberlassung als auch die Vermittlung und den Einsatz von Selbstständigen. Ein zentraler Aspekt ist die Neuregelung der Einsatzzeiten von Leiharbeitern. Im alten AÜG war nicht klar geregelt, wie lange eine Überlassung höchstens erfolgen darf. Nun ist die Höchstdauer auf 18 Monate limitiert. Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen lassen jedoch eine Einsatzdauer von maximal 24 Monaten zu. Personalverantwortliche sollten sich den 22. September 2018 im Kalender rot anstreichen. Dann endet bei laufenden Kontrakten erstmalig die Höchstüberlassungsdauer. Soll ein Zeitarbeiter im Anschluss erneut zum Einsatz kommen, ist eine Unterbrechung von mehr als drei Monaten vorgeschrieben.

Werden die Zeitvorgaben nicht eingehalten, wird aus einem Leiharbeiter automatisch ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer mit Urlaubsanspruch und Kündigungsschutz. Hier drohen neben hohen Lohnsteuer- und Sozialversicherungsnachzahlungen strafrechtliche Konsequenzen.

Equal Pay

Auch bei der Entlohnung von Zeitarbeitern müssen Entleiher aufpassen. Ihnen steht spätestens nach neun Monaten das gleiche Gehalt („Equal Pay“) wie dem Stammpersonal zu. Tarifliche Sonderregelungen ermöglichen eine Einsatzzeit von bis zu 15 Monaten ohne Equal Pay. Dazu muss der Entleiher dem Verleiher mitteilen, in welcher Höhe das vergleichbare Arbeitsentgelt zu veranschlagen ist. Bei Verstößen droht dem Verleiher ein Bußgeld bis zu 500.000 Euro. Die Berechnung und Mitteilung des vergleichbaren Arbeitsentgeltes erfordert erhöhte Sorgfalt. Bei Fehlern kann das Zeitarbeitsunternehmen Bußgelder beim Entleiher einklagen.

Für die Gestaltung eines Arbeitnehmer-Überlassungsvertrags (AÜV) gelten verschärfte Regeln. Er muss eindeutig als solcher bezeichnet und noch vor Arbeitsbeginn des Zeitarbeiters unter Dach und Fach sein. Im Vertrag darf der Name des Leiharbeiters sowie die Unterschrift des Ver- und Entleihers nicht fehlen. Bei Verstößen gegen die sogenannte „Kennzeichnungs- und Konkretisierungspflicht“ kann die Arbeitsagentur gegen beide Parteien ein Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000 Euro verhängen. Darüber hinaus verliert der Überlassungsvertrag gegebenenfalls seine Gültigkeit und der Zeitarbeiter wird zum sozialversicherungspflichtigen Angestellten des Entleihers.

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Grundsätzlich bleibt ein Ausweg. Falls zwischen Entleiher und Zeitarbeiter unbeabsichtigt ein Arbeitsverhältnis entsteht, eröffnet das neue AÜG eine arbeitgeberfreundliche Lösung. Der frisch gebackene Arbeitnehmer kann innerhalb eines Monats erklären, dass er am Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält (sogenannte „Festhaltenserklärung“). So vermeiden Mitarbeiter, dass sie sich wider Willen in der Rolle eines ungewollten Arbeitnehmers wiederfinden. Der Leiharbeitnehmer muss sich die Erklärung persönlich bei der Arbeitsagentur bestätigen lassen und spätestens drei Tage später beim Ver- oder Entleiher vorlegen. Firmen sollten nach einer erfolgten Festhaltenserklärung von einer Weiterführung der Überlassung absehen. Eine erneute Festhaltenserklärung wäre in jedem Fall unwirksam.

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