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Archiv 3. April 2018

Ifat: VDBUM goes digital

Die Digitalisierung kommt einem Quantensprung in der Branche gleich. Eine ähnliche Dynamik hatte nach Einschätzung Dieter Schnittjers allenfalls der Einzug der Hydraulik in den 50er Jahren in die Baumaschinen. Der VDBUM zieht viele Register, um aufzuklären, den Prozess zu begleiten und im Interesse der ausführenden Unternehmen zu beeinflussen. Ein willkommenes Forum dafür bietet die Ifat.

Dieter Schnittjer.
Dieter Schnittjer.

Herr Schnittjer, vor kurzem ist das diesjährige VDBUM-Seminar mit Rekordbeteiligung zu Ende gegangen. Kernthema war dort die Digitalisierung. Eine kurze Einschätzung: Wie weit ist die Branche?

Schnittjer: Wir hinken deutlich hinter anderen Branchen her. Die Industrie ist in der Digitalisierung schon seit 15 Jahren Vorreiter, ebenso ist die Landwirtschaft bereits seit einer Dekade an diesem Thema dran.

Wie definieren Sie Digitalisierung?

Schnittjer: Diese Frage ist noch nicht eindeutig geklärt. Und darum ist auch die Motivation vieler Unternehmen in unserer Branche gering, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, weil sie nicht wissen, wo sie anfangen sollen.

Die Analyse der Ziele der Digitalisierung muss erbracht werden. Wir brauchen auf jeden Fall zielorientierte Daten der Baustelle, die alle gesammelt werden, um sie dann analysiert wieder zurückzugeben. Das wäre das Ziel, und damit sind nicht Einzelbegriffe wie BIM oder die Telematik bei Baumaschinen gemeint. Dies sind alles nur Teilbereiche der komplexen Bedeutung von Digitalisierung.

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Die Politik gibt dafür jedoch andere Maßstäbe vor, Stichworte Industrie 4.0 und eben BIM …

Schnittjer: Das ist m.E. rein theoretisches Denken, wir werden 2020 weder auf der ausschreibenden, noch auf der ausführenden Seite so weit sein. Selbstverständlich gibt es „Leuchttürme“ bei den Behörden und auch bei den großen Unternehmen, die schon sehr intensiv an dem Thema arbeiten. Aber wir müssen auch an die Nachauftragnehmer denken, die sich mit der Erdbewegung oder mit Dienstleistungen befassen. Hier die richtigen Schnittstellen zu finden, ist eine Verbandsaufgabe.

Ihre Organisation galt bisher eher als Repräsentant der Maschinentechnik. Der Begriff Nachhaltigkeit im Sinne von der bereits genannten Begriffe Industrie 4.0 oder BIM definiert die Prozesse dagegen weitreichender: von der Planung über Bau und Betrieb bis zum Rückbau eines Gebäudes. Wie stehen Sie dazu?

Schnittjer: Wir sind Repräsentanten der Maschinentechnik und haben durch einen Arbeitskreis vor zehn Jahren die weltweite Norm ISO 15143-3 erwirkt, die einheitliche Telematikdaten für den Anwender nutzbar macht. Wir haben damit wichtige Grundlagen für die Digitalisierungsprozesse gelegt. Wir stehen ähnlich wie vor rund 50 Jahren beim Einführen der Hydraulik bei den Arbeitsmaschinen erneut mit der Digitalisierung vor einem Quantensprung, und da müssen wir dabei sein. Wir wollen an den entscheidenden Stellen auch hier Weichen stellen.

Ist da nicht in erster Linien der VDMA gefordert, dessen neuer Vorsitzender Franz-Josef Paus sich die Digitalisierung „auf die Fahnen geschrieben“ hat?

Schnittjer: Absolut. Ich glaube, dass der VDMA und wir gedanklich nicht soweit auseinanderliegen, doch unsere Vorgehensweisen sind teilweise recht unterschiedlich. Der VDMA muss aufgrund seiner Mitgliederstruktur die Sichtweise der Hersteller vertreten. Wir stehen hingegen hinter den Interessen der Anwender. Wenn also die Hersteller Lösungen anbieten, müssen die nicht immer deckungsgleich mit den Bedürfnissen der Bauunternehmer sein. Oft stellt sich die Frage, ob die Mehrwerte und die damit verbundenen höheren Kosten vom Bauunternehmer dem Auftraggeber in Rechnung gestellt werden können.

Unsere Aufgabe besteht also darin, zu prüfen, ob die Angebote der Industrie plausibel und einfach in der Anwendung sind, einen hohen Nutzwert bieten und vor allem eine effiziente Arbeit gestatten.

Logisch, Sie kommen ja auch von der praktischen Seite.

Schnittjer: Genau so ist das. Und in der Praxis kann es so aussehen, dass Maschinen verschiedener Hersteller im Bestand unserer Mitglieder nicht oder nur bedingt miteinander kommunizieren können. Hier müssen wir Hilfestellungen anbieten.

Auf der kommenden Ifat nimmt sich Ihr Verband erstmals der „Nachhaltigkeit im Straßenbau“ an – erneut mit dem Fokus Digitalisierung. Woher rührt das starke Engagement für dieses Thema?

Schnittjer: Wir sind als Verband traditionell dem Straßenbau sehr verbunden. Wenn man die Ifat als Weltleitmesse für den Bereich Nachhaltigkeit sieht, dann gehört die Digitalisierung genau dorthin. Wir werden dort die Prozesse vom Abbruch, Recyceln, Wiederverwerten bis zum Einbau miteinander verbinden. Bei unserem Engagement auf der Messe geht es uns nicht so sehr darum, die großen Maschinen zu zeigen, sondern um den Nutzen, den wir haben, Nachhaltigkeit durch einzelne Prozessschritte aufzuzeigen.

Was erwartet die Ifat-Besucher auf Ihrer Sonderschau?

Schnittjer: Der VDBUM unterstützt als Partner diese Sonderschau mit einem Forum. Dort werden wir 50 Referenten bringen, die ihre jeweiligen Schwerpunkte in nur 20 Minuten präsentieren sollen. Das wird von uns moderiert, um zu gewährleisten, dass der thematische Faden an den fünf Tagen mit jeweils unterschiedlichem Fokus nicht verloren geht. Die Bandbreite reicht von Forschung und Entwicklung über die Anwendung der Maschinentechnik in unterschiedlichen Bereichen bis zur Aus- und Weiterbildung. Für die Gebiete Vergabe und Arbeitssicherheit konnten wir die oberste Bayerische Baubehörde und die BG BAU gewinnen.

Das Thema Digitalisierung wird in den Vorträgen immer wieder aufpoppen, weil damit die komplette Dokumentation des gesamten Prozesses abgebildet wird.

Was muss nach Ihrer Einschätzung unternommen werden, um alle Beteiligten fit für die Digitalisierung zu machen, und welchen Anteil daran kann der VDBUM übernehmen?

Schnittjer: Wir brauchen zunächst einmal Standards. Der VDBUM hat sich bei dem Unternehmen Planen und Bauen 4.0 in Berlin als Gesellschafter beteiligt. Dieses Projekt wurde seinerzeit vom damaligen Verkehrsminister Alexander Dobrindt initiiert. Wir haben uns dort eingebracht, wohl wissend, dass das Schwerpunktthema dort BIM ist, was maschinenseitig nicht so relevant ist, dennoch einen Teil der Digitalisierung darstellt.

Zudem arbeiten wir in vielen Gremien mit oder haben sie selbst ins Leben gerufen, um die Standards zu schaffen und die Digitalisierung damit praktikabel zu machen. Ziel muss es dabei sein, auch die Menschen mitzunehmen, die nur noch wenige Berufsjahre vor sich haben. Denn sie sind für unsere Branche unverzichtbar, wenn der Sprung in die Digitalisierung gelingen soll.

Auch die Unternehmen müssen wissen, wer jetzt diesen Schritt nicht geht, wird womöglich in vier bis fünf Jahren keine Aufträge mehr erhalten, weil die alle digital ausgeschrieben werden.

Die großen Bauunternehmen haben sich diesbezüglich schon aufgestellt. Das kann in Zukunft soweit gehen, dass diese Großen für die kleineren und mittelständischen Unternehmen die Aufträge makeln, natürlich mit Abzügen in der Bepreisung.

Denkbar ist auch, dass Agenturen als Digitalisierungsspezialisten für die KMU auftreten.

Oder die Unternehmer wachen auf und investieren in die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter und in die Akquise von fittem Nachwuchs.

Schnittjer: Das halte ich für wünschenswert, aber nicht unbedingt für realistisch, weil gerade die KMU sehr stark eingebunden sind im Tagesgeschäft. Und um die geforderte Digitalisierung in Unternehmen umzusetzen, muss man sich in die Materie richtig reinknien. Das geht nicht an einem Wochenende.

Wir haben beim VDBUM beschlossen, die Position eines Digitalisierungsbeauftragten einzurichten, der sich ausschließlich um die Fragen unserer Mitglieder kümmern und Hilfe anbieten wird. Denn zunehmend drehen sich die Probleme um Fragen zu Schnittstellen von Maschinen zu Planungs- und Bausoftware. Darauf wollen wir vorbereitet sein.

Das geht dann in die Prozesse hinein und weit über die Technik hinaus …

Schnittjer: Genau. Das heißt, die Maschinentechnische Abteilung im Unternehmen muss sich darauf einstellen. Da werden künftig viel mehr IT-ler sein, die die Maschine programmieren und die Schnittstellen zum Bauprozess herstellen.

Halle C 5

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