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Reifentechnologie 14. Oktober 2019

Wohin geht die Reifen-Reise?

Selbst wenn Baumaschinen fliegen könnten – zurück auf dem Boden der Tatsachen kommen Off-The-Road-Reifen ins Spiel. Wir sprachen mit David Anckaert, verantwortlich für Goodyear-Nutzfahrzeug-Reifen in Europa, und Frank Loeb, Vertriebsleiter für Goodyear-OTR-Reifen in der D-A-CH-Region, wie sich Reifen in der Zukunft entwickeln werden.

Inhaltsverzeichnis

Ein Reifen muss in Steinbrüchen vielen Anforderungen gerecht werden. Geht die Entwicklung bereits in Richtung „Ein-Reifen-für alle-Einsatzfälle“?

Frank Loeb: Ich glaube, dass es auch in Zukunft immer Reifen geben wird, die für spezielle Einsätze konzipiert sind. Bei der Arbeit im Ton wird Grip benötigt, also steht in diesem Fall die Traktion des Reifens im Vordergrund, weniger die Verschleißresistenz. Fahre ich aber im Carrara-Marmor-Steinbruch, wo es viele harte Schnittstellen gibt, dann brauche ich einen Reifen, der was aushält. Es gibt auch Einsatzzwecke, wo man glatte Reifen ohne Profil benötigt, die möglichst wenig Staub aufwirbeln, beispielsweise im Salzabbau unter Tage. Solche Spezialreifen sind eine Spezialität von uns.

Wie wird der Reifen der Zukunft aussehen?

Frank Loeb: Der Trend, der über allem steht, geht in Richtung Tragfähigkeit. Die Hersteller entwickeln ihre Maschinen ja auch hinsichtlich ihrer Kapazität weiter, erhöhen beispielsweise die Mulden, wollen aber nicht für jede 10-Tonnen-Zuladung einen neuen Unterbau konstruieren. Es wird also der gleiche Reifen verlangt, der mehr trägt, aber in gleicher Dimension eingebaut werden kann.

Wie erreicht man mehr Tragfähigkeit beim Reifen?

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Frank Loeb: Sie müssen mehr Luftdruck in den Reifen hineinbekommen, das schaffen Sie nur mit einem stärkeren Reifen, der einen höheren Druck verträgt. So kann der Hersteller einen Reifen in gleicher Dimension verbauen und die Maschine kann trotzdem mehr Last tragen. Das ist die Philosophie, die wir verfolgen. Am Ende ist der Reifen hinsichtlich der Maschinengröße ein Bottleneck, wie man so schön sagt, der ja auch irgendwie transportiert werden muss. Bei einem 63-Zoll-Felgendurchmesser muss man sich schon fragen: Wie bringe ich den Reifen über die Autobahn? Wenn wir den Reifen teilen könnten, um ihn am Zielort wieder zusammen zu setzen, dann könnten wir problemlos Reifen mit einem Felgendurchmesser von 73 Zoll bauen. Ich gehe mal davon aus, dass Baumaschinen auch noch in den nächsten 20 Jahren auf Gummi fahren. Bis sie fliegen können, bin ich im Ruhestand.

Welche Zukunftstrends sehen Sie neben der Tragfähigkeitserhöhung beim Reifen?

David Anckaert: Die Digitalisierung wird eine immer wichtigere Rolle spielen. Heute schon ist es möglich, kontinuierlich Daten über den Luftdruck oder die Reifentemperatur an den Fahrer zu übertragen. Das hilft natürlich unseren Kunden, Ausfallzeiten zu reduzieren. Wenn der Reifendruck stimmt, lässt sich auch der Kraftstoffverbrauch optimieren, da so der geringste Rollwiderstand gewährleistet ist. Wir von Goodyear bieten ein sensorbasiertes System an, das wir stetig weiterentwickeln: das Goodyear TPMS für Lkw und das Goodyear TPMS Heavy Duty speziell für Off-The-Road-Fahrzeuge. Das Herzstück des Systems sind prädiktiv arbeitende, mathematische Algorithmen.

Wie genau sieht ein solches System aus?

David Anckaert: Unser System für OTR-Reifen besteht aus einem Sensor und einer Telematik-Box. Beides liefern wir zusammen mit den Reifen. Der Sensor wird auf die Innenseite des Reifens geklebt. Über die Box können beispielsweise Daten über die Positionierung von einem Fahrzeug abgerufen werden. Sie liefert aber auch anhand von Berechnungsalgorithmen Informationen über den Zustand der Reifen, so dass man etwas unternehmen kann, bevor die Maschine ausfällt. Derartige Daten werden in der Cloud gespeichert und können zu jeder Zeit auf dem Handy nachverfolgt werden. Wenn sich in meiner Fahrzeugflotte fünf Fahrzeuge mit einem Luftproblem befinden, kann ich das sofort sehen und weiß dann auch, wo das betreffende Fahrzeug steht, um Sofortmaßnahmen einleiten zu können.

Welchen Stellenwert wird das Thema Service einnehmen?

David Anckaert: Service wird immer wichtiger, unser Anspruch ist es, ein Paket von A bis Z anzubieten. Es fängt beim Reifenverkauf an und hört über die Lebensdauer unserer Produkte nicht auf. Unsere Systeme sollen den Betreibern helfen, eingreifen zu können, bevor die Maschine steht. 

Reifendruckkontrollsysteme(RDKS)von Goodyear

Das RDKS für Lkw bietet ein kontinuierliches Echt-Zeit Monitoring des Reifendrucks und der Temperatur. Auf Grundlage der Daten können Anwender sofort Maßnahmen ergreifen, um Fahrzeugausfälle und Schäden zu vermeiden. Die Daten werden von RDKS-Sensoren erfasst, die auf den Felgen montiert sind. Eine Onboard-Telematikeinheit übermittelt sie an eine Cloud, wo sie analysiert werden. Eine Warnfunktion macht Flottenbetreiber auf potentielle Probleme aufmerksam, bevor sie zu einer Panne führen. Auch Service und Wartung lassen sich planen. Ein weiterer Vorteil des RDKS ist ein integriertes, GPS-basiertes Track & Trace. So lassen sich die Fahrzeuge lokalisieren, und unbefugter Bewegung und Diebstahl kann vorgebeugt werden. Auch Lieferzeitpunkte lassen sich besser planen. „Heavy-Duty“-RDKS Das RDKS „Heavy Duty“ für Off-the-Road-Fahrzeuge wurde eigens für die harten Einsätze im Gelände entwickelt. Spezielle RDKS-Sensoren am Reifen messen Fülldruck und Temperatur. Auch das RDKS „Heavy Duty“ bietet ein integriertes, GPS-basiertes Track & Trace. So lassen sich die Fahrzeuge lokalisieren und unbefugter Bewegung und Diebstahl kann ebenfalls vorgebeugt werden. red

So funktioniert das Goodyear TPMS

Das System misst kontinuierlich die reifenbezogenen Daten und sendet sie über das Mobilfunknetz an die Cloud. Hier werden die Informationen mit Hilfe der „G-Predict“-Technologie und ihren mathematischen Algorithmen analysiert. Der Flottenmanager erhält tägliche Reports mit den Ergebnissen. Bei Unregelmäßigkeiten erhält der Flottenmanager unverzüglich Warnmeldungen per E-Mail, die auch in der zum System gehörigen App sichtbar sind. Eine Grafik zeigt, welcher Reifen betroffen ist und markiert den Grad der Dringlichkeit. Neben der App für den Flottenmanager bietet Goodyear auch eine App für den Fahrer an, der so über Unregelmäßigkeiten an seinem Fahrzeug in Echtzeit auf dem Laufenden bleibt. red

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