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Archiv 14. November 2014

Grundinstandsetzung des Kanaltunnels Rendsburg

Der 640 m lange Kanaltunnel Rendsburg wurde 1961 eingeweiht und wird von bis zu 50.000 Fahrzeugen täglich befahren. Auch wenn das Bauwerk seit Inbetriebnahme kontinuierlich gewartet wurde, entschied das Wasser- und Schifffahrtsamt Kiel-Holtenau seine Grundinstandsetzung.

Der Kanaltunnel Rendsburg wird zurzeit von Grund auf Instand gesetzt.
Der Kanaltunnel Rendsburg wird zurzeit von Grund auf Instand gesetzt.

Die Sanierung erfolgt in drei Bauphasen. Voraussichtlich bis Anfang 2016 werden u. a. Maßnahmen zur Instandsetzung des Betons an Sohle und Wänden, Maßnahmen des Brandschutzes, des Straßenbaus, der Entwässerung sowie Maßnahmen an Flucht- und Rettungswegen und technischen Einrichtungen durchgeführt.

Geht es um die Entwässerung in Tunneln gemäß RABT, ZTV-ING und DIN EN 1433, steht nicht die Ableitung des Niederschlagswassers am Portal und des Schleppwassers der Fahrzeuge im Vordergrund. Vielmehr ist die Beschaffenheit und Auslegung des Entwässerungssystems im Havariefall von größter Bedeutung. Denn kommt es zu einem Unfall im Tunnel, müssen auch brennbare und gefährliche Flüssigkeiten aufgefangen, schnell und gezielt in ein geschlossenes System geleitet werden, so dass sie von der Sauerstoffzufuhr getrennt sind. Die Auslegung der Tunnelentwässerungssysteme strebt eine örtlich begrenzte Ausbreitung von Havarieflüssigkeit an, um einfahrende Rettungskräfte zu schützen. Wie die Umsetzung der Anforderungen an eine sichere Tunnelentwässerung aussehen muss, zeigt die Planung und Ausführung des Tunnelbauwerks Rendsburger Kanaltunnel.

Im Rahmen der Grundinstandsetzung wird gegenwärtig auch die komplette Tunnelentwässerung saniert. Hierzu wurden in der Planungsphase die Baugegebenheiten ermittelt, um den Eingriff in die Tunnelstruktur möglichst gering zu halten. Aufgrund der geringen, zur Verfügung stehenden Einbautiefe für die Straßenrandentwässerung wurde von der Aco Tiefbau Vertrieb GmbH eine Entwässerungsrinne entwickelt, die bei vergleichbaren, hydraulischen Werten gegenüber einer Schlitzrinne, weitere Vorteile beim Einbau und Anschluss bietet.

Kerb Drain KD 140 ist ein monolithischer Polymerbetonrandstein und zugleich eine Entwsserungsrinne mit seitlichen Zulaufffnungen.Foto: Foto: ACO Tiefbau

Mit der für dieses Bauvorhaben konstruierten Entwässerungsrinne Kerb-Drain KD 140 ist es möglich, die Anzahl der Rohranschlüsse um 30 % zu verringern bzw. die Haltungslänge zu vergrößern. Durch die weitere Entwicklung eines für diesen Rinnentyp ausgelegten Tauchwandschachtes konnte auf den aufwendigen Einbau eines Rohrsiphons verzichtet werden. Auch die in der ZTV-ING und RABT gestellten Anforderungen an die Bordhöhen wurden bei der Entwicklung der Rinnenelemente berücksichtigt. Letztlich konnte durch eine Anpassung der Rinnenkörpergeometrie die zur Verfügung stehende Einbautiefe, auch unter Beachtung der statischen Erfordernisse, eingehalten werden.

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Die aus der aktuellen Projektentwicklung beim Kanaltunnel Rendsburg entstandene Kerb-Drain KD 140 ist ein monolithisch gefertigter Polymerbetonrandstein und zugleich Entwässerungsrinne mit seitlichen Zulauföffnungen. Sie erfüllt die höchsten Sicherheitsanforderungen im Tunnelbau, wie auch die ZTV-ING Teil 5 Tunnelbau, in der Polymerbeton, als nicht brennbarer Werkstoff, für Tunnelbauwerke zugelassen wird. Aufgrund der besonderen Materialzusammensetzung besitzen die frost- und tausalzbeständigen Polymerbetonrinnen ohne zusätzliche Beschichtungen eine sehr hohe Chemikalienbeständigkeit. Sie verfügen bei vergleichbarer Dichte über wesentlich höhere Festigkeitswerte und ein geringeres Gewicht als vergleichbare Betonprodukte. Der weiter optimierte Querschnitt der Rinne bewirkt eine Ver besserung der Seitenwandstabilität, Abflussleistung und Selbstreinigung sowie eine maximale Entwässerungsleistung bei den sehr speziellen Objektvorgaben. Die integrierte Dichtung der Rinne sorgt für flüssigkeitsdichte Stoßverbindungen. Die in monolithischer Bauweise ohne Klebefuge hergestellte Rinne (Belastungsklasse D 400 nach EN 1433) hat einen Fließquerschnitt von 215 cm!/m. Die erhöhte Anzahl der seitlichen Zulauföffnungen sichert die projektspezifisch geforderte Aufnahme der Havarieflüssigkeit um das 1,5-fache. Die kompakte Konstruktion der Kerb-Drain KD 140 ermöglichte trotz der geringen Einbautiefe die vorgesehene Haltungslänge um 30% von 16,7 m auf 25 m zu erhöhen.

Eine optimale Installation wird durch das umgesetzte Verlegekonzept von oben, die Herstellung eines 1-m-Elementes und die individuelle Anpassungsmöglichkeit vor Ort durch Schneiden und Kleben der Rinne erreicht. Je nach Marktanforderung können auch Sonderlösungen dieser Rinne hergestellt werden. Zubehörteile, wie der Tauchwandschacht und Revisionselemente vervollständigen dieses Entwässerungssystem für Tunnelbauwerke.

Der Tauchwandschacht fr das System Kerb-Drain wurde speziall fr den Rendsburger Tunnel entwickelt.Foto: Foto: ACO Tiefbau

Eine weitere Entwicklung des Herstellers, die bei der Grundinstandsetzung des Kanaltunnels Rendsburg eingesetzt wird, ist ein Tauchwandschacht für Tunnelbauwerke. Bei der Entwässerung von Tunneln ist es wichtig, neben „normalem“ Oberflächenwasser auch brennbare Flüssigkeiten sicher ableiten zu können. Hierfür wird ein erstes, von der Oberfläche her frei zugängliches Leitungssystem – z. B. ein Rinnenstrang – über ein Siphon mit einem abgeschlossenen Rohrleitungssystem verbunden. Dieser Siphon-Verschluss dient dazu, brennbare Gase und Flüssigkeiten aus dem Rohrleitungssystem gegenüber dem Tunnelraum abzusperren.

Der Entwässerungsschacht besteht aus einem kompakten Polymerbeton-Grundkörper (Außenabmessungen 50 x 60 cm), an den die Kerb-Drain KD angeschlossen wird. Die Konstruktion besitzt eine flexible Tauchwand, die im eingesetzten Zustand eine Zuströmkammer und eine dichte Ausströmkammer abbildet. Die aus Edelstahl hergestellte, herausnehmbare Tauchwand zwischen den beiden Kammern bildet dabei den Siphon, ermöglicht jedoch auch den Zugang der Ausströmkammer von der Einströmkammer aus. Diese kann über die darüber liegende Revisionsöffnung, abgedeckt durch einen Gussrost 400 x 500 mm mit Drainlock-Arretierung, erreicht werden. Die Vorteile dieses Tauchwandschachtes sind die vereinfachte Reinigung sowie die platzsparende Ausführung. Der Tauchwandschacht ist geprüft nach EN 1433 mit Belastungsklasse D400.

Dieser Tauchwandschacht ist ein Aco-Sondervorschlag, um die angedachte Lösung nach T Was 10 am Kanaltunnel Rendsburg zu umgehen. Denn die Ausführung mit dem Tauchwandschacht ist aufgrund der beengten Verhältnisse und den erforderlichen, enormen Eingriffen in die Bauwerkssubstanz, die bei einer Lösung mit Rohrsiphon einhergehen, wesentlich wirtschaftlicher und bauwerksschonender. Diese Tauchwandschachtausführung wird erstmalig im Kanaltunnel Rendsburg eingesetzt. Dabei musste der Tauchwandschacht für den Anschluss an die Längsentwässerungsleitung mit einer großen Flexibilität ausgestattet werden. Mit 1,0 m Abstand und variabler Lage zur Fahrbahnoberkante ergaben sich unterschiedliche Winkel der Anschlussleitung zur Längsentwässerungsleitung. Die planerische Vorarbeit und Berechnung der einzelnen Neigungen machte die Ausführung von zwei unterschiedlich geneigten Rohranschlussplatten im Tauchwandschacht notwendig, die zusammen mit dem Spiel der Rohrsteckdichtung ein Spektrum von 1 bis 12 Grad Neigung ermöglichten.

Das Dehnfugenelement wird jeweils mit den Stirnseiten der Rinnenkrper verbunden.Foto: Foto: ACO Tiefbau

Bei der Verwendung von Entwässerungsrinnen (Linienentwässerung) in Tunneln oder bei Brücken sind besondere Abdichtungen zwischen einzelnen Rinnenelementen oder Rinnen zu anderen angrenzenden Bauteilen notwendig. Diese Abdichtungen müssen besondere Anforderungen erfüllen, da die Bauwerke, in die die Rinnen eingebaut werden, erheblichen Formveränderungen/Bewegungen unterliegen, z. B. aufgrund von temperaturabhängigen Dimensionsveränderungen, Setzungen oder Verschiebungen des Bauwerkes. Entwässerungsrinnen, die in solche Bauwerke eingebaut werden, müssen sich folglich diesen besonderen Anforderungen anpassen. Problematisch hierbei ist, dass Entwässerungsrinnen in der Regel starr untereinander bzw. mit angrenzenden Bauteilen verbunden werden.

Um einzelne Rinnenkörper untereinander oder mit anderen angrenzenden Bauteilen beweglich und trotzdem flüssigkeitsdicht miteinander zu verbinden, entwickelte Aco Tiefbau das tagwasserdichte Dehnungsfugenelement. Die Basis dieser patentierten, tagwasserdichten Dehnungsfuge bildet eine flanschähnliche Verbindung, bei der ein Edelstahlelement (V4A) jeweils mit den Stirnseiten der Rinnenkörper verbunden ist.

Das Dehnungsfugenelement besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen, die fest, aber verschiebbar miteinander verbunden sind. In dem Edelstahlelement ist eine Dichtung aus EPDM integriert. Die Dichtungskonstruktion ist eingebettet in beidseitig umlaufende Dichtflächen. Die Übertragung der Bewegung der Bauwerkselemente in einer Blockfuge und quer zur Rinnenachse kann über die Elementteile schadlos erfolgen. Eine Belastung der Rinne erfolgt dabei nicht. Trotz deutlicher Bewegungen in Querrichtung und/oder in Vertikalrichtung zur Rinnenachse bleibt die Konstruktion mit Dichtung und Dichtungskante in der Verbindung zwischen den Rinnenkörpern bzw. die Verbindung zwischen Rinnenkörper und angrenzendem Bauteil flüssigkeitsdicht. Die Ausführung des Dehnungsfugenelementes für den Kanaltunnel Rendsburg ist mit +/- 7 mm Bewegung in den Blockfugen des Tunnels ausgelegt. Die Rinne selbst wird an das Dehnungselement durch einen Baustellenschnitt und Dichtungsmasse passgenau angearbeitet, und aufwendige
Vorkonfektionen entfallen. Dieses patentierte Dehnungsfugenelement kann in Größe und Ausführung an Rinnen und Projektanforderungen angepasst
werden.

Dipl.-Ing. Torsten Klehm
Dipl.-Ing. Olaf Wiechers

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