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Teer 15. April 2024

Deutschland bekommt erste Anlage zur Aufbereitung von Teer

In Bad Harzburg bei Goslar wird eine Anlage zur thermischen Aufbereitung von Straßenaufbruch, der Teer enthält, gebaut. Am 5. April wurde die Genehmigung dafür eingereicht.

Das Prinzip des zweigeteilten Aufbereitungsverfahrens für teerhaltigen Straßenaufbruch
Das Prinzip des zweigeteilten Aufbereitungsverfahrens für teerhaltigen Straßenaufbruch
Inhaltsverzeichnis

Das Projekt trägt den Namen RiA.H – Rohstoffrückgewinnung durch innovative Asphaltaufbereitung im Harz. Es wird von der IVH (Industriepark und Verwertungszentrum Harz GmbH) zusammen mit der Umweltdienste Kedenburg GmbH – beides Unternehmen der Bettels-Gruppe in Hildesheim – betrieben.

Der Antrag nach BImSchG wurde beim Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig, zuständig für Bad Harzburg/Goslar, offiziell vorgelegt. Bereits im September 2022 hatte ein Scoping-Termin zu diesem Projekt stattgefunden.

Mit der Anlage ist die materialschonende Rückgewinnung des qualifizierten mineralischen Gesteinszuschlages unter maximaler Beibehaltung seiner ursprünglichen Rohstoffeigenschaften bei schadloser Entfernung der Schadstoffgruppe Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) unter höchst möglicher Energieeffizienz möglich.

Die Anlage

Beantragt wird die Errichtung der neuartigen thermischen Behandlungsanlage für den IVH Standort Bad Harzburg-Harlingerode; einziger darin eingesetzter Abfall ist teerhaltiger Straßenaufbruch. Der projektierte Durchsatz beläuft sich auf 135.000 t pro Jahr.

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Die gesteinsschonende thermische Behandlung wird mit einem patentierten Verfahren der Firma Eisenmann Environmental Technology GmbH erfolgen. Dieses wurde gemeinsam mit dem Patentinhaber über 4 Jahre in mehreren Studien, Versuchen (auch großtechnisch), einschließlich externer Beurteilung zur industriellen Realisierungsreife entwickelt und an die Bedingungen für den beantragten Standort angepasst.

Im Zuge der zahlreichen vorausgegangenen Analysen wurde auch in einem Forschungsvorhaben der FGSV und durch Untersuchungen eines akkreditierten Prüfinstituts die uneingeschränkte Wiederverwendung der thermisch behandelten Gesteinskörnungen im Straßen- und Betonbau nachgewiesen.

Das Verfahren

Nach einem kornschonenden Aufschluss des teerhaltigen Straßenaufbruchs wird das vorbereitete Material dem Kernstück des Gesamtprozesses, der thermischen Behandlungstrommel, zugeführt. Diese arbeitet bei ca. 600 °C mit überwiegend gleichmäßiger Hitzeverteilung.

Hierbei werden die PAK-Schadstoffe und die Bindemittel im Asphalt ausgetrieben und exotherm oxidiert. Damit dienen die Bindemittel als Energieträger und die Behandlung läuft im Wesentlichen autotherm ab. Das nach Durchlaufen des thermischen Prozesses gereinigte Gestein gelangt in einen Feststoffkühler und wird energierückgewinnend abgekühlt. Die dabei erhaltene Wärme wird einer Nutzung zugeführt.

Die regenerierten, von Schadstoff und Organik befreiten mineralischen Grundstoffe werden direkt klassiert, qualitätsüberwacht und finden als wiederverwendungsfähige Rohstoffe in Baustoffen wie Asphaltmischgut oder Beton erneut ihren hochwertigen Einsatz.

Die Rauchgase aus dem Thermischen Prozess werden entstaubt und einer Rauchgasreinigung, die eine Nachverbrennung bei 850 °C einschließt, unterzogen.

Die Grenzwerte der novellierten 17. BImSchV werden unterschritten. Auch die in dem gereinigten Abgas nach der Nachverbrennung enthaltene Wärme wird effizient rückgewonnen und verwertet.

Tipp: Auf der IFAT 2024, die vom 13.-17. Mai in München stattfindet, besteht in Halle A6 am Stand 406 die Möglichkeit, sich näher zu diesem Projekt und dem Behandlungsverfahren zu informieren.

Die Vorteile

Damit unterscheidet sich das Verfahren von dem, mit dem teerhaltiger Straßenaufbruch im Hafen von Rotterdam von der Firma Reko aufbereitet wird und zu der teerhaltiger Straßenaufbruch aus Deutschland bisher transportiert wird (wenn er nicht auf Deponien verbracht wird).

Bei RiA.H ist der Prozess zweitgeteilt: Zuerst erfolgt die Reinigung des Gesteins von PAK und organischem Binder vollständig bei ca. 600 °C. Dies ist möglich, da das höchstsiedende PAK eine Siedetemperatur von ca. 540 °C besitzt und somit die Schadstoffe alle verdampfen. Im zweiten Behandlungsschritt wird dann nur das Rauchgas aus dem ersten Behandlungsschritt bei einer Temperatur von >850 °C nachverbrannt, um alle darin enthaltenen organischen Schadstoffe zu verbrennen.

Bei Reko wird der teerhaltige Asphalt in eine rotierende Verbrennungstrommel eingeführt. An der Vorderseite der Trommel befindet sich ein Brenner, der das Material auf eine Temperatur von bis zu 1.000 °C erhitzt. Der Energieaufwand ist also deutlich höher.

Mit der ersten Behandlungsanlage in der Mitte Deutschlands würden die Transporte aus allen Teilen Deutschlands nach Rotterdam zukünftig vermieden. Wie ebenda würden wertvolle Rohstoffe, die der Natur ursprünglich entnommen wurden, nach Durchlaufen des Verfahrens erneut in ihrer ursprünglichen Qualität der Industrie und Wirtschaft zur Verfügung stehen. Dies ist ein deutlicher Fortschritt in der Ressourcenschonung und dem Umweltschutz im Straßen- und Betonbau in Deutschland.

Parallel zu diesem ersten Projekt bei der IVH im Harz ist die Unternehmensgruppe Bettels mit potenziellen Partnern im Gespräch, um das Verfahrenskonzept RiA auch an anderen Standorten und auch in anderen Bundesländern zu realisieren.

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