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Archiv 21. März 2014

Insolvenzrecht für Firmenverbünde vereinfacht

Ende Januar hat das Bundeskabinett ein deutsches Konzerninsolvenzrecht auf den Weg gebracht. Ein Gesetz, das zwar Schwächen aufweist, aber dennoch im Fall der Fälle die Sanierung von Unternehmensverbünden erheblich vereinfacht.

Die hohe Insolvenzintensitt des Bauhauptgewerbes zeige, dass der ?Giftcocktail? aus schlechter Zahlungsmoral, geringen Renditen und niedrigen Eigenkapitalquoten die Existenz vieler Bauunternehmen gefhrdet
Die hohe Insolvenzintensitt des Bauhauptgewerbes zeige, dass der ?Giftcocktail? aus schlechter Zahlungsmoral, geringen Renditen und niedrigen Eigenkapitalquoten die Existenz vieler Bauunternehmen gefhrdet

Die Insolvenz von Konzernen ist schon lange kein Phänomen der Großindustrie mehr. Eine ständig wachsende Zahl von mittelständischen Unternehmen organisiert sich in Konzernstrukturen, zum Beispiel infolge von Fusionen oder Expansion. Geriet bisher ein solcher Unternehmensverbund in die Insolvenz, war eine Sanierung schwierig. Denn das geltende Recht ist auf die Insolvenz einzelner Unternehmen zugeschnitten. Ende Januar hat das Bundeskabinett nun endlich ein deutsches Konzerninsolvenzrecht auf den Weg gebracht. Ein Gesetz, das zwar Schwächen aufweist, aber dennoch im Fall der Fälle die Sanierung von Unternehmensverbünden erheblich vereinfacht.

Das derzeit geltende Insolvenzrecht bildet bei Konzerninsolvenzen einen Flickenteppich aus Zuständigkeiten und Bedingungen. Dadurch wurde in vielen Fällen die Sanierung erschwert und die betroffenen Gläubiger benachteiligt. Denn bei insolventen Konzernen müssen zumeist mehrere Unternehmen Insolvenz anmelden. Zuständig sind dann oftmals verschiedene Gerichte, die verschiedene Insolvenzverwalter für die einzelnen Unternehmen bestellen. Diese Verwalter konzentrieren sich naturgemäß auf ihr jeweiliges Verfahren. Der Gesamtkonzern als wirtschaftliche Einheit gerät dann rasch aus dem Blickfeld. Zwar bündeln bereits heute einige Gerichte die Insolvenzverfahren zusammenhängender Konzerngesellschaften bei einem einzelnen Verwalter oder einer Kanzlei. Verbindliche Vorgaben, wie eine Abstimmung bei Konzerninsolvenzen erfolgen muss, gibt es bisher allerdings nicht. Der Kabinettsentwurf eines Gesetzes „Zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen“ hat nun zum Ziel, die Abstimmung der einzelnen Verfahren zur Regel werden zu lassen.

Richtigerweise hat die Bundesregierung dabei von einer “großen Lösung“ abgesehen. So werden beispielsweise in den USA über die sogenannte „Substantive Consolidation“ die verschiedenen Insolvenzmassen zusammengelegt und sämtliche Verbindlichkeiten miteinander verschmolzen. Dies kann zu großen Ungerechtigkeiten bei einzelnen Gläubigern, aber auch bei den betroffenen Arbeitnehmern führen. Der deutsche Gesetzesentwurf sieht stattdessen vor, dass weiterhin für jedes einzelne Unternehmen eines Konzerns ein eigenes Insolvenzverfahren eröffnet werden muss. Anders ausgedrückt: Jede Konzerneinheit steht insolvenzrechtlich weiter für sich. Nur so kann man der Gefahr entgehen, dass Gläubiger von finanziell eher gut ausgestatteten Gesellschaften gegenüber Gläubigern von schwächeren Gesellschaften benachteiligt werden. Ein weiterer Vorteil dieser Lösung ist, dass nicht-insolvente Konzerngesellschaften auch nicht in das Verfahren einbezogen werden.

Dreigliedriger Gesetzentwurf

Im Einzelnen sieht der Gesetzentwurf Neuregelungen auf drei Ebenen vor. Erstens: die Bestimmung des Gerichtsstands. Zukünftig sollen bei einem Konzerninsolvenzverfahren alle Verfahren bei einem sogenannten Gruppen-Gerichtsstand konzentriert werden können. Werden Verfahren indes an anderen Gerichten angemeldet, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, das Verfahren an dieses Gruppengericht zurückzuverweisen. Zudem wird die innergerichtliche Zuständigkeitsregelung neu geregelt. Für sogenannte Gruppen-Folgeverfahren ist derjenige Richter zuständig, der auch für das Verfahren zuständig ist, an dem der Gruppen-Gerichtsstand begründet wurde.

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Zweitens: Kooperation. Wird kein einheitlicher Gerichtsstand bestimmt, sollen wie bisher mehrere Gerichte und Insolvenzverwalter zuständig sein. Für diesen Fall schreibt das neue Recht eine umfangreiche Kooperation vor. So müssen beispielsweise die unterschiedlichen Insolvenzverwalter eng zusammenarbeiten, sich untereinander abstimmen und Informationen aktiv austauschen. Das neue Recht bezieht auch die Gläubigerausschüsse mit ein. Insbesondere kann auf Antrag ein sogenannter Gruppen-Gläubigerausschuss errichtet werden, in den die verschiedenen Gläubigerausschüsse jeweils einen Vertreter entsenden. Auch dieser Ansatz ist vielversprechend. Grundvoraussetzung ist jedoch, dass die Parteien darauf achten, dass die Prozesse nicht zu bürokratisch werden.

Drittens: Koordination. Diese gilt als das eigentliche Kernstück des neuen Konzerninsolvenzrechts. Das zuständige Insolvenzgericht soll künftig ein sogenanntes Koordinationsverfahren einleiten können. Dabei wird ein sogenannter Koordinationsverwalter bestellt. Dessen Aufgabe ist es, einen Koordinationsplan zu erarbeiten und die unterschiedlichen Verfahren inhaltlich aufeinander abzustimmen. Der Koordinationsverwalter stellt sozusagen einen "Masterplan" auf, der nach gerichtlicher Bestätigung als Referenz für die einzelnen Verfahren gilt. Die anderen Insolvenzverwalter sind zur Zusammenarbeit mit dem Koordinationsverwalter verpflichtet. Dabei besitzt dieser nicht mehr Rechte als seine Kollegen, sondern fungiert als eine Art Mediator ohne weitergehende Weisungs- oder Verfügungsbefugnisse. Inwieweit dieses Modell in der Praxis tatsächlich funktioniert, muss sich erst zeigen.

Die Ideallösung bleibt, dessen ungeachtet, die Bestellung nur eines einzigen Insolvenzverwalters für sämtliche Krisenunternehmen des Konzernverbundes. Es bleibt zu hoffen, dass sich dieser Weg durchsetzen wird. Werden mehrere Verwalter bestellt, werden sich Konflikte trotz der vorgesehenen Kooperationspflichten nicht in jedem Fall vermeiden lassen. Die Durchführung eines Koordinationsverfahrens sollte insofern als Auffanglösung für diejenigen Fälle verstanden werden, in denen sämtliche Möglichkeiten zur Bestellung eines einheitlichen Insolvenzverwalters ausgeschöpft wurden. Wie drängend diese Frage ist, zeigte sich zuletzt bei der Insolvenz der Baumarktgruppe Praktiker/Max Bahr. (Prof. Dr. Lucas F. Flöther, Namenspartner der auf Insolvenzverwaltung und Sanierung spezialisierten Kanzlei Flöther amp; Wissing mit Niederlassungen u.a. in Halle, Magdeburg, Mannheim und München)

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