Kiesnotstand in der Schweiz?
An der Mitgliedersammlung vom 23. Juni 2023 in Bern wurde FSKB Vizepräsident Ulrich Widmer aus seinem Amt verabschiedet.
Im gleichen Monat zog er sich auch von seinen Posten als CEO der Kibag zurück, bleibt aber als Berater und für spezielle Projekte dem Unternehmen vorerst erhalten. Ulrich Widmer ist auch heute noch bei all seinen Tätigkeiten – ob im Unternehmen, im FSKB oder in der Politik - ein Mann der klaren Worte. So auch in seinem Interview über die Verfügbarkeit der mineralischen Rohstoffe in der Schweiz. Zu seinem Verabschiedung aus dem FSKB publizieren wir daher ein Interview, das im FSKB Info vom November 2022 erschienen ist. Seine pointierten Aussagen zu diesem Thema könnten nicht aktueller sein und haben an ihrer Bedeutung nichts eingebüsst.
Kiesversorgung – eine Herausforderung
Kiesabbaugebiete erschliessen ist ein finanzieller und zeitlicher Kraftakt mit vielen Unsicherheiten und Risiken. FSKB-Vizepräsident Ulrich Widmer erklärt im Interview die Herausforderungen und die aktuelle Situation in der Kiesversorgung. Er fordert von Politik und Behörden, ihre Verantwortung für die mineralische Rohstoffversorgung aktiver wahrzunehmen, und zieht Parallelen zur Energiedebatte.
Herr Widmer, wir erleben zurzeit verschiedene geopolitische Krisen, welche die Schweiz vor Herausforderungen stellen. Was würde eigentlich passieren, wenn unsere Kiesversorgung ausfällt?
Das ist definitiv ein unterschätztes Risiko, das vielen nicht bewusst ist. Unsere Baustellen würden schnell einmal stillstehen. Die wirtschaftlichen Aktivitäten kämen zum Erliegen. Unsere Gesellschaft ist auf Kies, Beton und Asphalt angewiesen. Fast eine halbe Million Menschen arbeitet in unserer Bauindustrie, welche fast 10 Prozent des Schweizer Bruttoinlandprodukts (BIP) erwirtschaftet.
Was wären die Alternativen bei einem Versorgungsengpass?
Importkies ist eine Möglichkeit. Um die ausländische Abhängigkeit zu reduzieren, ist dies jedoch ein völlig falscher Ansatz. Zudem ist es ein ökologischer Irrsinn, der leider trotzdem schon heute Realität ist: der Transport von schwergewichtigen Massenprodukten mit Lastwagen über Tausende von Kilometern mit den bekannten Konsequenzen für unsere Umwelt. In Grenzregionen generell, speziell im Rheintal oder im Tessin, erfolgt die Kiesversorgung bereits heute zu grossen Teilen aus den Nachbarländern. Vermehrt auf Import zu setzen, geht mit einer übermässigen Belastung der Verkehrsinfrastrukturen und massiv mehr CO2-Ausstoss einher. Umso unverständlicher ist es, dass wir nicht mehr lokale Abbaugebiete erschliessen können und unsere Kiesversorgung selbstständiger gestalten. Stattdessen debattieren wir über Kleinigkeiten.
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