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Gewinnung 19. Januar 2024

Monitoring beweist Artenvielfalt im Gewinnungsbetrieb 

Der aktuelle Monitoringbericht der Holemans-Gruppe zeigt erneut, wie gut sich Biodiversität und aktive Abgrabung ergänzen.

44 Paare Flussseeschwalben – ein eleganter Zugvogel, der in den 1980er Jahren fast ausgestorben war – leben derzeit am Baggersee
44 Paare Flussseeschwalben – ein eleganter Zugvogel, der in den 1980er Jahren fast ausgestorben war – leben derzeit am Baggersee
Inhaltsverzeichnis

Bereits seit 26 Jahren wird die Entwicklung am Diersfordter Waldsee dokumentiert. Damit ist die immer noch aktive Gewinnungsstätte mit seinen 4 Biotopen eines der am besten untersuchten Gebiete am Niederrhein. Seit 2001 werden durch Tauchuntersuchungen auch die Wasserpflanzen erfasst.

Traditionsreicher Standort

Der Niederrhein ist ein historisch gewachsener Produktionsstandort der Firma Holemans (seit 1873). Genau dort, wo der Rhein Deutschland in Richtung Niederlande verlässt, befindet sich eine der größten Kies- und Sandlagerstätten in Europa. Deren Qualität ist hervorragend und der Rhein ist ein umweltfreundlicher Verkehrsweg für den Abtransport. Holemans betreibt mehrere Kieswerke.

Auch das Kieswerk Diersfordt ist ein Standort mit langer Tradition. In den 1960er Jahren begann hier die Aufbereitung von Rohkies aus dem „Waldsee“. Bis heute ist das Werk aktiv, vorrangig für die Produktion von Brechsand. Die Holemans Niederrhein GmbH unternimmt viel, um die durch Rekultivierung neu entstandenen Landschaften rund um das Kieswerk Diersfordt auch zu Erlebnisräumen für die Menschen zu machen.

Rekultivierung mit Strategie

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Im Diersfordter Waldsee, im benachbarten Brüggenhofsee und in dessen Erweiterung in Visselbruch-Jöckern realisiert die Holemans Niederrhein GmbH bereits seit Mitte der 1980er Jahre eine besondere Rekultivierungsstrategie: Großflächige Biotope stehen hier im Mittelpunkt.

Schon während des Abbaus wurden Vorbereitungen für die Rekultivierung getroffen. Und auch während des Gewinnungsbetriebes wird Rücksicht auf die Biotope genommen. 

Rekultivierung nach Plan: Nach Ende der Abgrabung wurde beispielsweise eine sanft abfallende Uferböschung modelliert
Rekultivierung nach Plan: Nach Ende der Abgrabung wurde beispielsweise eine sanft abfallende Uferböschung modelliert

Die 4 Biotope umfassen zusammen gut 21 ha Fläche. Die Rekultivierung von 3 Biotopen ist seit Jahren abgeschlossen, das vierte folgte 2021. In ihnen hat eine Vielzahl geschützter oder vom Aussterben bedrohter Tierarten eine neue und oftmals einzige Heimat gefunden. Dazu zählt unter anderem der Biber, Uferschwalben oder auch die europäische Wechselkröte. Die geschützten Arten werden in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Biologischen Stationen und Fachbehörden beobachtet. Die Tiere werden gezählt, die Entwicklungen dokumentiert und alle Ergebnisse in Monitoring-Berichten zusammengefasst. Der jüngste ist in einer Kurzfassung im Dezember 2023 veröffentlicht worden.

Überblickskarte über die Biotope rund um den noch aktiven Gewinnungsbetrieb
Überblickskarte über die Biotope rund um den noch aktiven Gewinnungsbetrieb

Ökologisch wertvoller geworden

Die Biotope entwickeln sich. Weil beispielsweise das Laub in die Gewässer fällt und kein neues Frischwasser hinzufließt, werden die Gewässer nährstoffreicher. Die Wasserpest, die früher dominierte, hat nun Konkurrenz von der Wasserlinse bekommen. Diese bedeckt ein Gewässer zeitweise nahezu voll und bietet damit eine perfekte Tarnung für Grünfrösche.

Die Inseln im Biotop sind im Frühjahr und Sommer Brutplätze, bevor sie von Schafen beweidet und damit die Flächen „kurz“ gehalten werden. Auf der 0,75 ha großen „Vogelinsel“, die durch Klappen einer Landverbindung 2004 entstand, finden sich Kolonien von Herings-, Silber- und Mittelmeermöwen. Die mit den Möwen verwandten Flussseeschwalben brüten seit Jahren auf 2 Brutflößen, 2022 waren es ca. 44 Paare. Der elegante Zugvogel war in den 1980er Jahren fast ausgestorben. Auf dem Brutfloß brüteten etwa 20 Paare Sturmmöwen erfolgreich. Ebenso wie mehrere Paare Weißwangengänse, von denen es auf dem gesamten Waldsee mittlerweile 70 Exemplare gibt. Auch der Biber hat sich am ganzen See etabliert: anhand der Spuren und Bauten wird die Zahl auf 20 Tiere geschätzt – das sind 4 bis 5 Biberfamilien mit Angehörigen.

2022 wurden auch wieder Lurche und Kriechtiere gezählt. 10 der 12 bisher bekannten einheimischen Arten konnten bestätigt werden darunter mit Kammmolch, Kreuzkröte, Zauneidechse und Ringelnatter 4 Arten, die in der Roten Liste als gefährdet eingestuft werden. Erfreulich ist, dass sich die stark gefährdete Kreuzkröte in den letzten Jahren im Biotop 4 reproduziert hat. 

Was Wanzenfunde bedeuten 

Bei der aktuellen Zählung waren 2.614 Wanzen aus 125 Arten gefangen worden. Im Vergleich mit der Untersuchung im Jahr 2014 sind auf Biotop 2 und 3 sowohl mehr Arten als auch mehr Individuen gefangen worden. Darüber hinaus erbrachte die erstmalig erfolgte Beprobung von Biotop 4 12 Arten, die bislang auf keinem der übrigen Biotop gefunden wurden. Darunter sehr häufig eine Art, Nysius huttoni, die aus Neuseeland in die Niederlade verschleppt wurde und 2017 im Kreis Heinsberg die Grenze überschritt.

Um jüngsten Biotop wurde erstmals und recht häufig die Wanzenart Nysius huttoni gesichtet
Um jüngsten Biotop wurde erstmals und recht häufig die Wanzenart Nysius huttoni gesichtet

Insgesamt wurden 47 Arten erstmals festgestellt. Eine echte Rarität fand sich in Biotop 3 in den Hochstaudenbeständen am Rand eines zugewachsenen Weges: die Weichwanze Mermitelocerus schmidtii. Demnach leben am Diersfordter Waldsee 151 Arten Wanzen – das sind 27 % aller Arten, die in NRW vorkommen. Ursache hierfür ist, dass sowohl sandige und wenig bewachsene Trockenrasen als auch Lebensräume mit halbschattigen und feuchte Hochstauden- und Gehölzbestände zur Verfügung stehen.

Eine echte Rarität fand sich in Biotop 3: die Weichwanze Mermitelocerus schmidtii
Eine echte Rarität fand sich in Biotop 3: die Weichwanze Mermitelocerus schmidtii

Diese Auszüge aus dem aktuellen Monitoring-Bericht zeigen, wie gut sich Biodiversität und aktive Abgrabung ergänzen. Denn bei der Gewinnung der Gesteinsrohstoffe und dem damit verbundenen Eingriff in die Natur entstehen Biotope, in denen sich seltene Tiere und Pflanzen gerne ansiedeln. (Maike Sutor-Fiedler)

Tipp: Einen ausführlicheren Bericht finden Sie in Ausgabe 1 der Zeitschrift „Steinbruch & Sandgrube“. Eine Probe/Abonnement können Sie hier bestellen.

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