Direkt zum Inhalt
Asphalt 14. Dezember 2023

Aus alt mach neu

Die Schweiz ist gebaut, zumindest was das Strassennetz anbelangt. Daher fällt heute trotz Recycling deutlich mehr Ausbauasphalt an, als in neuen Strassen wieder eingebaut werden kann.

Die Teststrecke am Lukmanierpass.
Die Teststrecke am Lukmanierpass.

Empa-Forscher Martins Zaumanis hat sich zum Ziel gesetzt, die Recycling-Anteile im Asphalt zu erhöhen – mit angepassten Herstellungsmethoden und einfachen Anleitungen. Zwei Teststrecken mit Recycling-Asphalt in Uster und auf dem Lukmanierpass sind vielversprechend.

Asphalt-Recycling ist gefragt

Im Frühjahr spriessen nicht nur Schneeglöckchen und Krokusse, sondern auch die Baustellen auf den Schweizer Strassen. Allerorts wird ausgebessert, geflickt und erneuert. Ein Teil des alten Asphalts aus dem Schweizer Strassennetz wird rezykliert, rund 750'000 Tonnen allerdings landen jährlich auf den Deponien und türmen sich dort zu immer höheren, schwarzen Bergen. Grundsätzlich sind sich Bund und Kantone, die grossen Strasseneigentümer, einig: Diese Asphaltberge sollen zurück ins Schweizer Strassennetz. Doch die Schweiz ist derart gut erschlossen, dass kaum noch neue Strassen gebaut werden.

Umso wichtiger ist es also, dass dort, wo ausgebessert, geflickt und erneuert wird, der Anteil an Recycling-Asphalt möglichst hoch ist. «Dazu braucht es aber ein besseres Verständnis vom Zusammenspiel von Ausbauasphalt und neuem Material, angepasste Produktionsprozesse und – vor allem – praxisnahe Anleitungen und Instrumente für die Industrie», sagt Empa-Forscher Martins Zaumanis. Genau diese Ziele setzte sich das Forschungsprojekt «HighRAP», das Zaumanis gemeinsam mit dem Bundesamt für Strassen (ASTRA), dem Bundesamt für Umwelt (BAFU), den Kantonen Zürich und Graubünden und mehreren Industriepartnern von 2019 bis Anfang 2023 durchgeführt hat.

Kein einheitliches Material

Anzeige

Asphalt besteht aus einer Gesteinsmischung und dem Bindemittel Bitumen, das für hochbelastete Strassen teilweise mit Polymeren modifiziert wird. Die bisherigen Einschränkungen bei der Nutzung von Ausbauasphalt (RAP – «Re­claimed Asphalt Pavement») zum Bau neuer Strassen gründen vor allem darauf, dass das Bindemittel im Asphalt im Laufe der Zeit altert und damit steif wird. Das führt zu einer Anfälligkeit für Risse. Zudem kann es sein, dass sich während dem Mischprozess das alte Material nicht gut mit dem neuen vermischt. Ein weiteres Problem stellt die oft fehlende Homogenität von RAP dar: Materialien aus unterschiedlichen Strassenschichten und unterschiedlichen Alters kommen zusammen, verschiedene Granulatgrössen treffen aufeinander. Die Herstellung eines Hochleistungsasphalts verlangt aber nach Kontinuität. Es gibt ausgewiesene Designmethoden für die Mischgutent­wicklung und standardisierte Tests für die Qualitätskontrolle. Nur: Beim Hinzufügen von Ausbauasphalt in die bestehenden Produktionsprozesse gelangen die bewährten Methoden an ihre Grenzen.

Um den RAP-Gehalt generell zu erhöhen, bedarf es also Neuerungen auf mehreren Ebenen – unter anderem beim Ausbau des alten Asphalts und bei dessen Aufbereitung. Asphalt wird in der Regel von der Strasse gefräst oder gebrochen und anschliessend zerkleinert. «Im besten Fall bleibt die ursprüngliche Gesteinskörnung dabei unversehrt, und es entsteht möglichst wenig Staub, sogenanntes Füllermaterial», erklärt Zaumanis. Denn diese zwei Faktoren erschweren eine Wiederverwendung. In seiner Studie stellt er basierend auf Praxistests neue Kriterien vor, die eine Charakterisierung der RAP-Verarbeitung vereinheitlichen und dadurch die Wiederverwendung vereinfachen sollen. Neben Körnung und Staubanteilen sind aber vor allem auch der ursprüngliche Bitumengehalt und dessen Eigenschaften entscheidend und können sich je nach Quelle stark unterscheiden. Zaumanis liefert deshalb ein einfaches Rechenmodell für Praktikerinnen und Praktiker, das die zulässige Variabilität je nach künftiger Anwendung festlegt.

Langzeitbeobachtungen

Die beiden Teststrecken in Uster und auf dem Lukmanierpass werden in den kommenden Jahren weiter überwacht und dienen dazu, das langfristige Verhalten der eingebrachten RAP-Asphalte zu untersuchen. Martins Zaumanis ist aber bereits heute optimistisch, dass die schwarzen Berge auf den Deponien in den kommenden Jahren nicht mehr allzu weit anwachsen dürften. Zum einen wegen Projekten wie dem seinen, das die technologischen Möglichkeiten demonstriert, zum anderen aber auch, weil auf der politischen Ebene bereits Rufe nach einem Deponierverbot für Ausbauasphalt laut geworden sind. Damit sollen die Anreize für eine komplette Weiterverwertung von Ausbauasphalt gesteigert werden.

Passend zu diesem Artikel