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Im Interview 15. April 2024

Im Einzelfall ja

In Dresden fordern Ratsmitglieder, generell aufgehellte Asphaltdeckschichten zu bauen, um der Aufheizung der Stadt im Sommer zu begegnen.

Simone Prüfer, Leiterin des Straßen- und Tiefbauamtes Dresden
Simone Prüfer, Leiterin des Straßen- und Tiefbauamtes Dresden
Inhaltsverzeichnis

Wir sprachen mit Simone Prüfer, die das Straßen- und Tiefbauamt der sächsischen Landeshauptstadt leitet, was diese Deckschichten leisten können und was nicht.

In Dresden wurden bereits aufgehellte Asphalte auf Straßen eingesetzt. Wann haben Sie damit begonnen?

Simone Prüfer: Erste Vorüberlegungen erfolgten bereits Ende der 1990er Jahre. Praktische Erfahrungen liegen seit dem Jahr 2000 vor. Es waren 2 Tunnelprojekte: der Tunnel Wiener Platz und der Bramschtunnel.

Was für Projekte haben Sie weiterhin umgesetzt?

Simone Prüfer: Die Anwendung insgesamt war bisher auf Einzelprojekte beschränkt. Neben den beiden Fahrbahnoberflächen in Tunneln wurden stadtgestalterisch anspruchsvolle Plätze und Straßen mit aufgehellten Asphaltdeckschichten hergestellt. Dazu gehören der Körner- und Schillerplatz am Blauen Wunder, der zentrale Postplatz und die Glacisstraße in der inneren Neustadt. Inzwischen spielt in Straßenzügen mit starker Überwärmung die Klimaanpassung eine große Rolle, wenn in Dresden aufgehellter Asphalt eingesetzt wird.

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Wie waren die Asphalte zusammengesetzt?

Simone Prüfer: Als aufgehellte Asphaltdeckschichten wurden SMA 11 S, AC 11 D S für Fahrbahnen sowie AC 8 D N für Radwege verwendet. Die dabei eingesetzten Gesteinskörnungen sind in der Regel helle Naturgesteine aus Sachsen, wie Granodiorit aus Plieskowitz. Im Einzelfall wurden auch natürliche Aufhellungsgesteine wie Taunusquarzit eingesetzt. Bei den in Tunneln eingesetzten Asphaltdeckschichten wurden auch anteilig künstliche Aufhellungsgesteine verwendet, so zum Beispiel Lysit und Luxovit. Für die aufgehellten Asphaltdeckschichten wurden in Abhängigkeit der Verkehrsbelastung Polymermodifizierte Bindemittel oder Straßenbaubitumen eingesetzt.

Asphalte mit unterschiedlichem Helligkeitsgrad, wie sie in Dresden verbaut werden
Asphalte mit unterschiedlichem Helligkeitsgrad, wie sie in Dresden verbaut werden

Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit diesen Materialien?

Simone Prüfer: Die Erfahrungen mit aufgehellten Asphaltdeckschichten sind überwiegend positiv. Was wir dabei gelernt haben: Der Einsatz neuer Materialien erfordert auch entsprechendes Wissensmanagement. So stellt sich das gewünschte Erscheinungsbild einer hellen Fahrbahnoberfläche trotz Verwendung aufgehellter Abstumpfungsmaterialien beim Einbau erst nach einer längeren Nutzungsphase ein, teilweise erst nach einigen Jahren. Das müssen Planer, Bauträger und Auftraggeber wissen.

Aus gestalterischer Perspektive ist eine Herausforderung, dass bei Havarien oder Arbeiten am Straßenbelag häufig noch nicht aufgehellte Asphaltdeckschichten von den Versorgern eingesetzt werden. Das führt zu uneinheitlichen Flächen, in welchen die Aufgrabungen als dunkle Bereiche deutlich sichtbar sind. Auch ist es derzeit so, dass aufgehellte Asphaltdeckschichten technisch aufwändiger umzusetzen sind, beispielsweise durch die Zugabe von Haftverbesserungsmitteln und so insgesamt zu höheren Einheitspreisen für die Asphaltdeckschicht führen.

Aber einen generellen Einsatz, wie Teile der Ratsmitglieder ihn fordern, ist aus Ihrer Sicht nicht der richtige Weg?

Simone Prüfer: Der Einsatz aufgehellter Asphalte sollte dort erfolgen, wo er sinnvoll ist und die Vorteile dieser Bauweise auch zum Tragen kommen. Das ist in überwärmten Gebieten, das kann gestalterische Gründe haben oder auch um die Verkehrsführung zu unterstützen.

Bei den standardmäßig in Dresden eingesetzten Asphaltdeckschichten kommt Grauwacke zum Einsatz, welche mit 30 bis 50 km in vergleichsweise geringer Entfernung gewonnen wird. Die in Sachsen verfügbaren hellen Naturgesteine werden in 80 km Entfernung gewonnen. Die Transportentfernung der künstlichen Aufhellungssteine nach Dresden beträgt über 1.000 km. Für Dresden sind aktuell vor allem die Verfügbarkeit und die Transportentfernung beschränkend. Aufgehellten Asphalt überall einzusetzen, ist aber auch nicht notwendig.

Was spricht dagegen?

Simone Prüfer: Wir verfolgen den Ansatz, im Einzelfall maßnahmenkonkret abzustimmen, ob aufgehellte Asphaltdeckschichten sinnvoll eingesetzt werden können. Beabsichtigt ist, durch aufgehellte Asphaltdeckschichten einen positiven Einfluss auf das Klima zu erzielen, indem sich die Fahrbahnoberfläche weniger stark aufheizt. Während bei Neubaumaßnahmen der Einsatz häufiger erfolgversprechend ist, erfolgt bei Sanierungsmaßnahmen teilweise nur eine halbseitige Erneuerung der Asphaltdeckschicht.

Nach unseren Erfahrungen kann im Vergleich zu Standardasphalten durch den Einsatz aufgehellter Asphaltdeckschichten im Optimalfall eine Reduzierung der Oberflächentemperatur von bis zu 6 °C erreicht werden. Ein wesentlicher höherer Effekt wird erreicht, wenn eine Verschattung der Fahrbahn durch Straßenbäume erreicht wird.

Insofern ist der Einsatz aufgehellter Asphaltdeckschichten nie gesondert – oder pauschal für alle Asphalteinsatzmöglichkeiten – zu behandeln. Zielführender ist nach unseren Erfahrungen eine objektspezifische Einzelfallentscheidung, wobei die jeweiligen Randbedingungen des Bauvorhabens berücksichtigt werden.

Bei einer Prüfung im Einzelfall, was wären die entscheidenden Argumente für aufgehellte Asphalte?

Simone Prüfer: Positiv im Vergleich zu Standardasphalten ist eine mögliche Reduzierung der Oberflächentemperatur von bis zu 6 °C, was positiv für das lokale Klima ist. Das gilt besonders in Hitzephasen. Damit ist ein sinnvoller Einsatz z. B. dort möglich, wo die Fahrbahnoberfläche tagsüber über längere Zeit der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist. Weiterhin werden aufgehellte Asphaltflächen in Dresden aus stadtplanerischer bzw. gestalterischer Sicht positiv bewertet.

Wie wird die Stadt Dresden bei diesem Thema nun weiter vorgehen?

Simone Prüfer: Wir beabsichtigen weiterhin objektspezifische Einzelfallentscheidung zum Einsatz aufgehellter Asphaltdeckschichten, wobei die jeweiligen Randbedingungen des Bauvorhabens berücksichtigt werden. Wir gehen dabei davon aus, dass diese Vorgehensweise zukünftig zu einem vermehrten Einsatz aufgehellter Asphaltdeckschichten führen wird.

Der zentrale Postplatz erhielt aufgehellten Asphalt
Der zentrale Postplatz erhielt aufgehellten Asphalt

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