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Rohstoffpolitik 16. August 2023

Rohstoffförderung? Im Prinzip Ja – Aber!

Eine große Mehrheit der Deutschen unterstützt das Ziel, unabhängiger von Rohstoff-Importen zu werden. Wenn es konkret um die Rohstoffförderung in der eigenen Region geht, nimmt die Zustimmung jedoch ab.

Rohstoffabbau in der Nähe bleibt umstritten
Rohstoffabbau in der Nähe bleibt umstritten
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Die Rohstoffbranche ist daher skeptisch, ob es Deutschland künftig gelingt, wichtige Rohstoffprojekte umzusetzen. Sie bemängelt neben fehlender Akzeptanz auch zu lange Genehmigungsverfahren. Dies sind zentrale Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage mit über 5.000 Personen, die das Online-Umfrageunternehmen Civey und die Navos Public Dialogue Consultants im Mai 2023 durchführten. Parallel befragte Navos 130 Personen, die in der Rohstoffbranche arbeiten, um deren Ansichten mit der Meinung der Bürgerschaft zu vergleichen.

Ein klares Ja zur Unabhängigkeit von Rohstoffimporten

Das Anliegen der Politik, Deutschland und die EU unabhängig von Rohstoffimporten zu machen, hält eine klare Mehrheit der Deutschen (85 %) für wichtig. Sie sieht hierbei sowohl wirtschaftliche wie auch politische Gründe für die heimische Förderung. So wertet es über die Hälfte der Befragten als positiv, dass Deutschland dadurch Rohstoffe für die eigene Nutzung gewinnt (57 % Zustimmung), politisch unabhängig wird (56 %) und die gesamte Wertschöpfungskette im Land behält (51 %). Dass die kürzeren Transportwege zudem gut für die Umwelt sind, ist für 47 % ein wichtiger Aspekt.

Wie die Bevölkerung die Wichtigkeit heimsicher Rohstoffe beurteilt
Wie die Bevölkerung die Wichtigkeit heimsicher Rohstoffe beurteilt

Doch nicht vor der eigenen Haustür

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Sobald nicht nach der Zustimmung zur Rohstoffförderung generell gefragt wird, sondern nach der Produktion in der eigenen Heimatregion, sinken die Zustimmungswerte. Eine Mehrheit von 61 % befürwortet den Abbau etwa von Lithium, Kupfer oder Sand auch in der eigenen Region. Jeweils knapp ein Fünftel der Befragten sind in dieser Frage dagegen unentschieden oder negativ eingestellt. „Hier sehen wir einen Effekt, der sich in Umfragen immer wieder zeigt: Sobald es inhaltlich konkret wird und um Projekte vor der eigenen Haustür geht, wird die Zustimmung spürbar kleiner“, erklärt Steffen Braun, Leiter Wirtschaft und Gesellschafft bei Civey. „Auch bei der Rohstoffförderung finden wir das Muster. Interessant ist zudem, dass der Klimaschutz als Argument für die heimische Förderung aus Sicht der Menschen weniger greift als wirtschaftliche Wettbewerbsvorteile.“

Akzeptanz des Abbaus von Rohstoffen in der Heimatregion
Akzeptanz des Abbaus von Rohstoffen in der Heimatregion

Mehr Akzeptanz der Rohstoffförderung

Was ist nötig, damit Rohstoffprojekte vor Ort möglichst Akzeptanz finden können? Hierzu haben Civey und Navos sowohl die Bevölkerung wie auch Beteiligte der Branchen befragt. Das wichtigste Kriterium für die Akzeptanz der Rohstoffförderung in der Heimatregion ist demnach die Vermeidung von Gesundheits- und Umweltrisiken: Das betrachten 61 % der Bevölkerung und 67 % der Personen aus der Branche als einen entscheidenden Punkt.

Bei den weiteren möglichen Gründen für ein Ja zur Förderung in der eigenen Region gibt es dagegen deutliche Unterschiede beiden Gruppen. Während nur 37 % der Bevölkerung beispielsweise Ausgleichszahlungen und Gewinnbeteiligung der Kommune als Pluspunkte ansehen, betrachtet über die Hälfte der Personen aus der Branche dies als hilfreich für mehr Akzeptanz vor Ort.

Auch beim Thema Bürgerbeteiligung und regelmäßige öffentliche Dialogveranstaltungen wird sehr unterschiedlich geurteilt: Nur knapp 30 % der Bevölkerung betrachtet die Bürgerbeteiligung als relevant für die lokale Akzeptanz. Weniger als 10 % sehen in öffentlichen Dialogevents ein wichtiges Mittel. In der Branche hingegen finden Beteiligung und Dialog mit 49 und 64 % deutlich höhere Zustimmungswerte.

Wie sich die Akzeptanz der Rohstoffförderung erhöhen ließe
Wie sich die Akzeptanz der Rohstoffförderung erhöhen ließe

Rohstoffförderung in der Zukunft

Die Branche blickt skeptisch auf die künftige Rohstoffförderung in Deutschland. Die Vertreter der Branche sehen vor allem 3 Hindernisse für die erfolgreiche Umsetzung neuer Rohstoffprojekte: die Komplexität und Länge der Genehmigungsverfahren (81 %), die fehlende Akzeptanz in der Bevölkerung (74 %) und eine unzureichende Unterstützung durch die Politik (55 %).

Hindernisse beim Ausbau der Rohstoffförderung aus Sicht der Branche
Hindernisse beim Ausbau der Rohstoffförderung aus Sicht der Branche

„Die Umfrage zeigt sehr genau, was getan werden muss, damit die Förderung in Deutschland gelingt“, erläutert Akzeptanzforscherin Stefanie Walter, die das Umfrage-Projekt wissenschaftlich begleitete. „Die von der Bundesregierung proklamierte ‚Neue-Deutschland-Geschwindigkeit‘ muss von der lokalen Politik und den Genehmigungsbehörden klar umgesetzt werden. Sofern Genehmigungsschritte hierbei künftig verkürzt werden oder wegfallen, wird die Rolle der Projektkommunikation damit nicht geringer, sondern größer. Denn nur wenn die Projekte den Menschen frühzeitig und überzeugend erklärt werden, sind schnelle Verfahren umsetzbar.“ (MAI/RED)

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