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Archiv 31. Mai 2013

Voll die bauma

Besucherrekord: So voll war es noch nie auf der bauma. 530.000 Gäste aus 200 Ländern drängelten sich auf dem Münchener Messegelände. Egal ob Fachbesucher oder abenteuerlustiger Schreibtischtäter – jeder kam, sah und genoss.
ber eine halbe Million Besucher zhlten die Veranstalter der bauma 2013.
ber eine halbe Million Besucher zhlten die Veranstalter der bauma 2013.

In München kennt jeder mindestens einen, der sich anlässlich der bauma alle drei Jahre in der Menschenmasse über das Messegelände treiben lässt – vorbei an bereiften Stahlgiganten mit Riesenschaufeln, in der locker das eigene Wohnzimmer Platz hätte, vorbei an wolkenkratzenden Kranen, weiter zu den Maschinen, die sich dem Laien nicht sofort erschließen, wie Mischanlagentürme, Brecher oder Straßenfertiger. Auch in diesem Jahr wehte der Hauch der bauma in alle Ritzen der bayerischen Hauptstadt – hinterließ horrende Hotelpreise bis über 600 Euro pro Nacht, Staus und eine überfüllte U2, die trotz 3-Minuten-Takts unter der Menschenlast ächzte und die trotz barscher Ansagen der Zugführer („Jetzt gehen se doch mal endlich durch!“) auch nicht schneller voran kam. Doch vergessen war der ganze Ärger, sobald sich das zarte Piepsen vom Eintrittskartenscanner zum Ohr vorgekämpft hatte. Das Abenteuer konnte beginnen.

Es gäbe durchaus Parallelen zwischen der Wiesn und der bauma, schrieb die Süddeutsche Zeitung. Tatsächlich waren auch Lederhosen auf dem Messegelände unterwegs. 90 % der Besucher waren männlicher Natur, der eine oder andere mag von der Gaudi getrieben worden sein, der Anteil an Fachbesuchern lag jedoch garantiert höher. Anders sind die zufriedenen Gesichtszüge der Austeller und Veranstalter nicht zu erklären. „Unsere Aussteller waren von der Qualität und Internationalität der Besucher begeistert“, resümierte Klaus Dittrich, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München, „mit mehr als 200.000 Besuchern aus dem Ausland lag die Zahl internationaler Gäste so hoch wie nie zuvor“.

Michael Heidemann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Zeppelin Baumaschinen GmbH, bestätigt: „Vom ersten Messetag an wurde der Stand von Zeppelin und Caterpillar fast überrannt. Wir haben auf der bauma 2013 so viele Maschinen verkauft wie noch nie zuvor und damit einen neuen Rekord aufgestellt.“ Und Johannes Weiermair, Geschäftsführer von SBM Mineral Processing, ergänzt: „Für uns war die bauma 2013 eine großartige Veranstaltung und ein großer Erfolg. Zum einen wegen der weltumspannenden Internationalität der Besucher und zum anderen aufgrund des sehr hohen Niveaus der Kontakte.“

Lob fr preisverdchtige Innovationen vom stellvertretenden bayerischen Ministerprsidenten Martin Zeil.Foto: Foto: Ute Mhle

Ein erstes bauma-Highlight fand bereits am Vorabend des ersten Messetages und noch vor der Eröffnungsfeier statt: die Verleihung des bauma-Innovationspreises. Der gemeinschaftliche Wettbewerb ehrt zukunftsweisende Entwicklungen für die Bau-, Baustoff- und Bergbauindustrie. In der Allerheiligen-Hofkirche in der Residenz München wurde der Innovationspreis zum zehnten Mal verliehen.

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Martin Zeil, Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie sowie stellvertretender Ministerpräsident zitierte Charles Duell, den Chef des amerikanischen Patentamts. Dieser hatte 1899 gesagt: Alles, was erfunden werden kann, wurde bereits erfunden. Mit dieser Einschätzung habe Duell offensichtlich danebengelegen, wie die Baumaschinen-Leitmesse in München zeige: „Keine andere Leistungsschau begeistert mit mehr Weltpremieren als die bauma“, so Zeil.

Der Innovationspreis wird in den fünf Kategorien „Maschine“, „Komponente“, „Bauverfahren/Bauwerk“, „Forschung“ und „Design“ vergeben. Die 156 eingereichten Bewerbungen wurden von der Jury nach folgenden Kriterien beurteilt: Zukunftsfähigkeit, praktische Anwendbarkeit, Beitrag zum Umweltschutz und zur Humanisierung der Arbeitswelt sowie Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit bei gleichzeitiger Energie- und Kosteneffizienz.

Die Kategorie „Maschine“ gewann Herrenknecht mit dem Vortriebssystem „Pipe Express“ zur oberflächennahen Verlegung von Pipelines. Wirtgens 3D-System „AutoPilot Field Rover“ zur Steuerung von Offset Gleitschalungsfertigern konnte die Kategorie „Komponente“ für sich entscheiden. In der Kategorie „Bauverfahren/Bauwerk“ gab es gleich zwei Gewinner: Bauer Spezialtiefbau wurde für die „Gezeitenturbine-Monopfahl“ ausgezeichnet, die Max Bögl Bauunternehmung für ihren „Windradbau mit Turmdrehkran“. In der Kategorie Design hatte der „Schreit-Mobilbagger2013“ der Kaiser AG Fahrzeugwerk die Jury überzeugt.

Ausgezeichnet in der Kategorie Forschung wurde der „Online Grain Size Analyzer“, eine Entwicklung der Technischen Universität Clausthal. „Kostenintensive Analysen werden unnötig“ sagte Prof. Thomas Bauer, Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie e. V., der die Laudatio hielt und den Preis an Prof. Dr. Hossein Tudeshki, Leiter des Bergbau-Instituts der TU Clausthal, überreichte. Der bauma-Innovationspreis wurde 1983 als Innovationspreis der deutschen Bauwirtschaft ins Leben gerufen und richtete sich zunächst ausschließlich an deutsche Unternehmen. Heute ist der Wettbewerb offen für alle bauma-Aussteller. In diesem Jahr lag der Anteil der internationalen Bewerber bei einem Drittel, sagte Johann Sailer, Vorsitzender des VDMA-Fachverbandes Bau- und Baustoffmaschinen, in seiner Eröffnungsrede.

Schrg und sauber: IBS stellte eine neue Abstreiferlsung vor.Foto: Foto: Ute Mhle

Kleine Veränderungen können Großes bewirken. Diese Erkenntnis ließ sich an mehreren Ständen auf der bauma ziehen. Bei der Firma IBS war ein neuartiges Abstreifersystem mit Namen „CleanScrape“ zu sehen. Das Unternehmen aus Bischofsheim ist der erste Hersteller, der seine Abstreifer schräg und nicht waagerecht über den Fördergurt spannt. „Dadurch vergrößert sich die Abstreiffläche und man braucht weniger Anpressdruck, um die gleiche Reinigungsleistung zu erreichen“, erklärt Thomas Olf von IBS. Ein geringerer Druck schont wiederum den Gurt. Als weitere Vorteile nannte Olf den geringen Wartungsaufwand sowie verhältnismäßig geringe laufende Kosten. Das System ist sowohl als Primär- als auch als Sekundärabstreifer erhältlich. Der Hersteller nutzte die bauma, um einen geeigneten Vertriebspartner zu finden, was mittlerweile geglückt ist. Einen Namen nannte IBS jedoch nicht.

Ellipsenschwinger-Siebe gelten seit jeher als Wunderwaffe, wenn es siebschwieriges Material zu bändigen gilt. Doch wer auf wechselnde Materialeigenschaften, wie sie im Steinbruch ja oft vorkommen, reagieren wollte, musste richtig Hand anlegen, um den Antrieb auf die geänderten Anforderungen anpassen zu können. Siebmaschinenhersteller WIMA hat sich da was Feines ausgedacht, was auch vom Wettbewerb anerkennend beäugt wurde: eine elektronische Verstellmöglichkeit, mit der sich Drehzahl und Anstellwinkel der Ellipse unkompliziert und schnell verändern lassen. In Kombination mit Kunststoff-Siebmatten von Küper präsentierte Fertigungsleiter Stephan Rößler eine Siebmaschine, die zur Trockenklassierung von siebschwierigem Material mit Trennschnitten kleiner 8 mm geeignet ist.

Dass Wasser beim Bohren eine Rolle spielt, ist nichts Neues. Das gilt allerdings nur im Lockergestein. Die schwedische Firma LKAB Wassara hat eine wasserbetriebene Bohrtechnik fürs Hartgestein entwickelt, mit der sich sehr tiefe Sprenglöcher bohren lassen. Dabei wird Wasser anstelle von Luft für die Kraftübertragung und als Schmiermittel für den Bohrhammer verwendet. „Wasser ist als Arbeitsmedium ideal, weil es sich nicht komprimieren lässt“, erklärt Kent Boström, Leiter Unternehmenskommunikation bei LKAB Wassara, „die Wassermenge, die aus dem Bohrloch kommt, ist die gleiche, die hineingepumpt wurde. Der Druckverlust ist gering und sorgt dafür, dass die vom Antriebsaggregat an das Wasser abgegebene Energie nicht verloren geht, unabhängig davon wie tief man bohrt: Ob 10, 100 oder 1.000 Meter – die Bohrwerkzeuge arbeiten genau so effektiv.“

Auch unter den Brechern fanden sich Neuheiten. Kleemann hat seine beiden Backenbrecher komplett überarbeitet, einschließlich des Designs. Abgerundet, schlicht, fast „spacig“ wirken der Mobicat MC 110 Z und der MC 110 R. Wer genauer hinschaut, entdeckt viele praktische Detailverbesserungen, zum Beispiel die im Chassis integrierten Trichterwände oder eine vollhydraulische Brechspaltverstellung. Beim Antrieb setzt Kleemann auf direkt angetriebenen Brecher und elektrische Antriebe der Förderrinnen, Bänder und des Vorsiebs. Der neue Brecher verfügt über eine weit hochgezogene lose Brechbacke, die zum einen Verblockungen von grobem Material vorbeugt und zum anderen sämtliche Befestigungselemente der Brechbacke aus dem Verschleißbereich nimmt. „Aufgabenleistungen von bis zu 300 Tonnen pro Stunde sind mit diesen Maschinen möglich“, erklärt Kleemann-Marketing-Leiter Mark Hezinger.

Skeptische Blicke erntete die ?Micro Impact Mill?. Die Maschine arbeitet nach dem technischen Prinzip ?Stein bricht Stein?.Foto: Foto: Ute Mhle

Stein bricht Stein, mit diesem technischen Prinzip arbeitet die „Micro Impact Mill“ der Firma MIM. Entwickelt wurde sie in Chile vor über 20 Jahren. Das Gestein wird von rotierenden Scheiben beschleunigt und durch den Aufprall von Gestein auf Gestein zerkleinert. „Innerhalb von Sekunden kann Gestein auf diese Art und Weise pulverisiert werden“, verspricht Paul Kho, Marketing Manager von MIM. Vorteilhaft sei ein äußerst geringer Verschleiß sowie geringe Energiekosten. Zu kaufen gibt es diesen Brecher in Europa noch nicht, mit dem Messeauftritt wollte das Unternehmen die Reaktionen der Fachwelt auf die Maschine testen. Die war eher skeptisch: „Das soll funktionieren?“ hieß es. Doch einige ließen sich trotzdem überzeugen. Kho hätte das Ausstellungsstück, das eigens aus Chile hergeschafft wurde, mehrfach verkaufen können. Doch die Maschine soll an ihren Bestimmungsort zurückkehren.

Allgegenwärtig war das Thema Antriebstechnik, angesichts der nahenden EU-Abgasnorm kein Wunder und auch Kraftstoffsparen stand wie bei allen vorherigen baumas wieder an erster Stelle. Alle namhaften Baumaschinenhersteller haben mittlerweile Hybridmaschinen im Programm. Interessierte finden hierzu ausführlichere Informationen in der Rubrik „Gewinnung und Transport“ in der Mai-Ausgabe der Steinbruch und Sandgrube. Ab Seite 16 stellen wir neue Bagger- und Radladermodelle vor und widmen u­­ns ab Seite 34 dem Thema Antriebstechnik. Und wer nun immer noch nicht genug hat, möge Seite 54 und 58 aufschlagen. Viel Spaß beim Erinnerungsschwelgen. (mö./spo)

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