Direkt zum Inhalt
Archiv 1. August 2015

Hütchenspiele mit "Tabugebieten"?

Mit der Novelle des Landeswassergesetzes Nordrhein-Westfalen (LWG NRW) will die Landesregierung "die Qualität der Gewässer und des Grundwassers" verbessern und "den ökologischen Wert der Gewässer stärken. Geht es nach der Landesregierung NRW, erleben die überwunden geglaubten "Tabugebiete" für Abgrabungen eine Renaissance.

Mit der Novelle des Landeswassergesetzes Nordrhein-Westfalen (LWG NRW) will die Landesregierung "die Qualität der Gewässer und des Grundwassers" verbessern und "den ökologischen Wert der Gewässer stärken"1 . Der Entwurf enthält ein Verbot für Rohstoffgewinnungsvorhaben in Wasserschutzgebieten. Nach dem Wortlaut des Verbots könnten Abweichungen – entweder in den Wasserschutzgebieten selbst oder einzelfallbezogen – zugelassen werden. Für die Landesregierung ist eine Abweichung jedoch allein in der (seltenen) Zone III C vorstellbar. Verbots- und Ausnahmeregelungen für bestehende Wasserschutzgebiete bleiben (zunächst) unberührt. Auf die Rohstoffbranche, insbesondere den Kalkabbau in Nordrhein-Westfalen, könnten erhebliche – wenn nicht gar existentielle – Konsequenzen zukommen, wenn der Entwurf unverändert Gesetz würde.

Diese Tragweite dürfte der Landesregierung bewusst sein. Sie führt gegen Vorhaben der Rohstoffgewinnung abstrakte Gefährlichkeitsaspekte an und beruft sich u. a. auf den Deutschen Verein des Gas- und Wasserfachs (DVGW). Gerade der DVGW hatte jedoch in einem Standpunktepapier, das im Jahr 2007 nach langen Auseinandersetzungen unter Beteiligung weiterer Fachverbände erarbeitet worden war, die Auffassung mitgetragen, dass Vorhaben der Rohstoffgewinnung auch in Wasserschutzzone III B nach eingehender Prüfung zulassungsfähig sein können2. Bis heute gibt es keine belastbaren Erkenntnisse dazu, dass Vorhaben der Rohstoffgewinnung per se nachteilige Auswirkungen auf die Grundwasserbeschaffenheit haben. Mit diesem Befund stünde die Novelle des LWG NRW nur in Einklang, wenn sie nicht den Eindruck erwecken würde, die Möglichkeit zu Ausnahmen bestünde angeblich allein innerhalb der Wasserschutzzone III C. Der Vorstoß der Landesregierung dürfte bei den betroffenen Unternehmen zumindest Verwunderung auslösen. Erst kürzlich war die Tabuisierung von Vorhaben der Rohstoffgewinnung im Landesentwicklungsplan aufgegeben worden (siehe Kasten). Die Novelle des LWG NRW veranlasst jedoch die Befürchtung, dass auch außerhalb des Wasserrechts Verschärfungen bevorstehen. Wohl aufgrund eines Redaktionsversehens offenbart der Entwurf des LWG NRW die Absicht der Landesregierung, im Bodenschutzrecht ein weiteres Rohstoffgewinnungsverbot zu verankern3.
(Dr. Jan-Christof Krüger)

Passend zu diesem Artikel